Post aus Japan: Aus Wasser mache Licht

Seit dem Dreifach-Desaster aus Erdbeben, Tsunami und Atomkatastrophe im Jahr 2011 kommen in Nippon immer wieder interessante Survival-Produkte auf den Markt. Ein Hersteller nutzt nun Salzwasser zur Stromerzeugung für eine Notbeleuchtung.

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Von
  • Martin Kölling
Inhaltsverzeichnis

Viele Japaner haben im März 2011 einen Vorgeschmack auf ein postapokalyptisches Leben erhalten. Nachdem ein Tsunami ganze Küstenortschaften ausgelöscht sowie das Atomkraftwerk Fukushima 1 mit seinen sechs Reaktoren ruiniert hatte, gab es in der Krisenregion tagelang keinen Strom mehr. Seither haben Produkte zum Katastrophenschutz wie Akkusysteme und Solarlampen Hochkonjunktur. Die Firma Hitachi Maxwell wartet nun mit einer neuen Idee auf: einer rund 25 Euro teuren LED-Lampe, die ihren Strom aus Salzwasser und Luft gewinnt.

Das Gerät erinnert im Aussehen an eine traditionelle Grubenlampe, mit dem Leuchtchip in der Mitte sowie einem dicken Sockel und einer Haube. Nur wird die Leuchte nicht unten mit Spiritus befüllt, sondern oben mit sieben Gramm Salz und 150 Milliliter Wasser pro Ladung. Die gute Nachricht: Solange man genug Salzwasser hat, sind für 80 Stunden keine Akkus und keine Batterien zur Lichterzeugung notwendig.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Nur einen Haken hat die Sache: Die Lampe ist kein Dauerbrenner. Nach 80 Stunden muss ein kleiner Magnesiumriegel ausgetauscht werden, der die negative Anode des Systems bildet. Die Japaner nennen ihn "Powerbar". In ihm findet beim Ionentausch mit einer Kathode (Sauerstoff) die Oxidation statt. Ein frischer Riegel kostet etwa acht Euro.

Ansonsten funktioniert die Lampe sehr simpel: Man öffnet den Deckel, füllt zwei Messlöffelchen Salz und zwei Deckelkäppchen Wasser ein, vermischt das Ganze und drückt den Ein-Schalter. Und wird es Licht. Nach 30 Stunden muss man jeweils Wasser und Salz nachfüllen.

Ich finde, dass diese Idee eine willkommene Ergänzung zum Notfallpaket ist. Denn Wasser und Salz findet man vielleicht länger als Batterien, wenn mal wieder ein Armageddon kommt. Als nächsten Schritt würde ich mir wünschen, dass die Firma auch eine preiswerte wie portable Technik zur Gewinnung des notwendigen Magnesiums aus Meerwasser entwickeln würde. Dass dies geht, ist kein Geheimnis. Nur ist der Prozess bisher sehr energieintensiv. Denn erst muss das Wasser verdampft und dann das Magnesiumsalz auf 900 Grad erhitzt werden, um das Magnesium zu erhalten.

Immerhin hat Japan bei diesem Prozess einen Vorteil. Die Gewinnung von Magnesiumchlorid hat mehrere Jahrhundert Tradition in dem Land. Denn es wird unter dem Namen Nigari bei der Tofu-Herstellung als Gerinnungsmittel der Sojamilch zugesetzt. Es gibt daher schon eine etablierte Produktionskette für das Salz. Und ein Blick nach Übersee kann vielleicht Denkanstöße für eine preiswertere Magnesiumproduktion bringen.

Das amerikanische Pacific Northwest National Laboratory will eine Technik entwickelt haben, die bei unter 300 Grad Celsius funktioniert. Dieser Bereich sollte auch für kleinere Sonnenschmelzöfen erreichbar sein. Und bei Solaranlagen gehört Japan zu den technischen Führern in der Welt. Die Firma müsste nun nur noch eine Methode entwickeln, das gewonnene Magnesium vor Ort in seine Powerriegel zu pressen, und schon würde die japanische Übergangslösung zu einem wirklichen Dauerbrenner für längere stromlose Zeiten.

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