Post aus Japan: Nippons mühsamer privater Weg ins All

Erst erwischte es eine von Japans Weltraumbehörde Jaxa geförderte Idee, nun Japans ersten Privatmann mit Raumfahrtambitionen: Raketenstarts im Land der aufgehenden Sonne wollen nicht gelingen. Doch es gibt Hoffnung.

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Von
  • Martin Kölling
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Nippons neue Raumfahrer in spe können sich eines von Nordkorea abgucken: Geduld. In der Raketenentwicklung wird der Weg zum Erfolg von Fehlschlägen gesäumt wie Nordkorea feststellen konnte. Doch während Nordkorea durch Fehlstarts inzwischen so viel gelernt hat, dass das Land seinen amerikanischen Erzfeind mit der immer weiter fliegenden Interkontinentalrakete schrecken kann, stehen die Japaner noch ganz am Anfang: Sie scheitern.

Anfang des Jahres war es eine von der Jaxa geförderte Minirakete für die Auslieferung von kleinen Satelliten, die einfache Smartphonetechnik für die erdnahe Raumfahrt nutzen will. Ende Juli musste eine Höhenforschungsrakete des privaten Unternehmens Interstellar Technologies 66 Sekunden nach dem Start aufgegeben werden, weil bei ihr wie zuvor bei der Jaxa-Rakete die Kommunikation mit der Leitstelle auf der Erde versagt hatte.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Der Fehlschlag entmutigt die Macher natürlich nicht. Schließlich ist der Initiator von Japans erstem, wirklich voll privaten Raumfahrtunternehmen Interstellar Technologies für japanische Verhältnisse kaum weniger schillernd als Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk. Mit einem Unterschied: Interstellar-Gründer Takafumi Horie war zwar eine der führenden Figuren der japanischen Internet- und Startupwelt und hat 2,8 Millionen Twitterfans, verbrachte allerdings im Gegensatz zu Musk ein paar Jahr wegen Bilanztricksereien im Knast.

Mit seiner neuesten Idee will er nun die Forschung in der Mikrogravitation und Schwerelosigkeit demokratisieren. Seine Firma setzt daher auf eine ein Tonnen schwere, 9,9 Meter lange, 50 Zentimeter breite, teilweise wiederverwendbare Rakete Momo, die 20 Kilo Fracht über die Kármán-Linie lupfen soll. Diese in 100 Kilometer Höhe gezogene Linie dient als Abgrenzung zwischen Luft- und Raumfahrt.

Die Beschleunigung der Rakete soll mit der fünffachen Erdanziehungskraft sehr sanft sein. Die Rakete fällt danach von der Schwerkraft angezogen ins Meer, während die Nutzlastverkleidung mitsamt ihrer Fracht bei ihrer Heimkehr durch einen Fallschirm abgebremst wird. Auch die Finanzierung ist innovativ für Japan. Neben Unternehmen beteiligten sich 735 Privatpersonen über eine Crowdfunding-Kampagne mit 27 Millionen Yen (208.000 Euro) an der Vision.

Doch Horie ist nicht der einzige mit hochfliegenden Träumen: Canon Electronics, der für die kleine Jaxa-Rakete die Kommunikationstechnik baut, hat gerade mit der Raumfahrtsparte des Schwerindustriekonzerns IHI, dem Baukonzern Shimizu und der japanischen Entwicklungsbank ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Es wird nun eine preiswerte Trägerrakete für Satelliten mit bis zu 100 Kilogramm Gewicht entwickeln.

Die Rakete könnte die Lücke zwischen der SS-520-Minirakete der Jaxa under der Epsilon-Rakete füllen, die sich dank künstlicher Intelligenz teilweise selbst durchchecken können soll und als Leitzentrale nur noch einen Laptop-Computer benötigt. Als Startkostenpunkt peilen die Partner neun Millionen Dollar an.

Hoffen wir mal, dass die Entwicklung erfolgreicher verläuft als die Namenswahl für das Weltraumabenteuer: Abgekürzt nennt sich das Projekt wenig einprägsam NGSRDP, was natürlich wie jedermann sich sofort denken kann für "New Generation Small Rocket Development Planning" steht. Aber möglicherweise wollten die Joint-Venture-Partner es mit Firmennamen wie mit der Raketentechnik halten: Vielleicht wird er mit der Zeit perfektioniert. ()