Recycling-Roboter sortiert durch Tasten

RoCycle ertastet mit seinen Greifern verschiedene Müll-Arten und soll die Abfallsortierung verbessern. Das könnte helfen, die Müllmengen auf Deponien zu reduzieren.

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Recycling-Roboter sortiert durch Tasten

(Bild: Jason Dorfman, MIT CSAIL)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Douglas Heaven
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Fettige Pizzakartons, Kaffeebecher aus Pappe, Joghurtbehälter aus Plastik: Ist das alles Müll oder kann es recycelt werden? Die Zuordnung ist oft nicht einfach, weil die Antwort von der Ausstattung der Müllverarbeitungsanlagen abhängt. In vielen Anlagen können etwa fettgetränkte Pappen oder mit Polyethylen ausgekleidete Becher nicht aufgearbeitet werden und kommen anschließend auf die Deponie, so dass dort oft eine Menge von eigentlich recyclingfähigem Abfall landet.

Ein US-Abfallunternehmen berichtet zum Beispiel, dass es 25 Prozent des angelieferten Mülls wegen starker Kontamination direkt auf Deponien entsorgen muss. Derweil ist die Menge an Haushaltsabfällen, die etwa in England für das Recycling abgelehnt wurden, zwischen 2011-2012 und 2014-2015 nach Angaben der Regierung um 84 Prozent gestiegen. Und es wird schlimmer. Ein Großteil der weltweiten Abfälle wird zum Recycling an China verkauft. Im vergangenen Monat hat China jedoch strengere Standards dafür eingeführt, wie stark kontaminiert dieser Müll sein darf: Alles, was zu mehr als 0,5 Prozent verunreinigt ist, kommt also nach wie vor im Herkunftsland auf die Deponie.

Viele große Recyclingzentren in den USA versuchen deshalb bereits, Metalle mit Magneten sowie Papier und Kunststoffe mit Luftfiltern voneinander zu trennen. Trotzdem erfolgt das Müllsortieren größtenteils immer noch von Hand. Das ist nicht nur schmutzige Arbeit, sondern kann wegen Schadstoffen auch gefährlich sein.

Deshalb haben Lillian Chin und ihre Kollegen vom Computer Science and Artificial Intelligence Lab am Massachusetts Institute of Technology (MIT) einen Roboterarm zum Mülltrennen entwickelt. RoCycle nimmt Objekte mit weichen Greifern vom Förderband und prüft durch Betasten, woraus sie bestehen. Dabei erfasst er die Größe und Steifigkeit von Materialien mithilfe von kapazitiven Sensoren in seinen Greifern. Auf diese Weise kann er zwischen verschiedenen Metall-, Kunststoff- und Papierobjekten unterscheiden.

RoCycle - Roboter sortiert Müll (2 Bilder)

Papier, Verpackung oder Metall? Der Roboter RoCycle sortiert nach Materialien.
(Bild: Jason Dorfman / MIT CSAIL)

Bei ersten Tests klassifizierte RoCycle 27 Objekte, die auf einem Förderband mehrfach an ihm vorbeigeführt wurden, zu 63 Prozent korrekt, wie Chin und Kollegen auf der "IEEE-RAS International Conference on Soft Robotics (RoboSoft)" berichteten. Bei Objekten, die bewegungslos vor ihm lagen, betrug die Trefferquote 85 Prozent. Zwar gibt es bereits Roboter, die Materialien optisch erkennen und anschließend sortieren. Aber das Team um Chin hält die taktile Bewertung für genauer. "Wenn Sie einen riesigen Abfallstrom sortieren, gibt es viel Durcheinander und Dinge werden oft verdeckt. Sie können sich deshalb nicht allein auf Aufnahmen verlassen", sagt Chin.

"Die Idee ist durchaus geschickt, wir Menschen erhalten viel Feedback durch Berührung“, sagt Harri Holopainen, Technikvorstand von ZenRobotics aus Helsinki. Der Nachteil des Sortierens durch Anfassen sei allerdings, dass das einzelne Aufheben der Objekte Zeit kostet. Dies macht RoCycle für industrielle Recyclinganlagen zu langsam, da deren Betrieb teuer ist und der Abfall zur Kostendeckung schnell verarbeitet werden muss. Zenrobotics stellt visuell prüfende Abfallsortier-Roboter her. Einige Modelle können etwa 4.000 Objekte pro Stunde sortieren. RoCycle müsste zehnmal schneller arbeiten, um konkurrenzfähig zu sein, schätzt Holopainen.

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Chins Team will das berührungsbasierte Sortieren deshalb mit einem optischen System kombinierem, um die Abläufe zu beschleunigen. Dieser Roboter soll vorbeifahrende Objekte scannen und nur diejenigen anfassen, bei denen er sich beim Material nicht sicher ist.

Chin glaubt, dass Roboter wie RoCycle zum Beispiel in Hochhäusern oder auf Universitätsgeländen eingesetzt werden könnten, um die Abfälle vorzusortieren und so die Kontamination zu verringern. Darüber hinaus könnte sich RoCycle auch dafür eignen, elektrische Geräte mit Kunststoffgehäusen wie Videospiel-Controller oder elektronisches Spielzeug zu identifizieren.

Ein optisches System sieht dabei nur den Kunststoff, aber die kapazitiven Sensoren von RoCycle können den verborgenen Schatz darunter erkennen. Das Team hat diese Funktion in einem frühen Prototyp bereits zum Laufen gebracht. Damit es aber gut genug funktioniert, sind zusätzliche Sensoren erforderlich, sagt Chin.

Mehr Infos

Die nächste Generation von Recycling-Robotern wird dem Müll allerdings auch zerlegen müssen, um an die wertvollen Bestandteile zu gelangen. Zwar hat Apple mit Liam (2016) und Daisy (2018) bereits zwei Roboter präsentiert, die ein iPhone in Sekunden zerlegen können. "Aber das ist auch einfach, schließlich kennen sie jedes Detail der Handys", sagt Holopainen. "Die [Sortier-]Roboter der Zukunft werden auch entwirren und auseinanderbauen müssen."

(vsz)