Ritsch und Renn gestalten seit 25 Jahren die Schlagseite der c’t

Seit Heft 1/1998 halten die Karikaturen der Schlagseite Computer-Nerds und der Gesellschaft den Spiegel vor. Anfang für Gesprächsstoff und Leserbriefe.

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Von
  • Rudolf Opitz

Die ersten 15 Jahre begnügte sich die c’t damit, Missstände, Trends und aktuelle Beobachtungen aus der EDV-Welt in dem von wechselnden Redakteuren gestalteten Editorial ironisch zu kommentieren. Andere Zeitschriften verbannen Humor und Ironie in Form eines kleinen Cartoons auf eine untere Drittelseite vorne oder öfter noch ganz hinten im Heft. Das Editorial bleibt meist dem Chefredakteur vorbehalten, der an dieser Stelle mehr oder weniger trocken die Vorzüge des vorliegenden Heftes preist.

Anfang 1998 – die c’t war vor wenigen Heften vom Monatsheft auf die vierzehntägige Erscheinungsfrequenz gewechselt – erschien die erste Schlagseite vorne im Heft und ganzseitig. Und keine halben Sachen: Es ging gleich um das Ende der Zivilisation, da eine Putzfrau im Pentagon beim Scheuern der Tastaturen Nuklear-Sprengköpfe aktivierte. Auch die folgenden Hefte enthielten äußerst bissige Schlagseiten, die etwa die ersten Versuche einer Lehrerin mit einem neuen Schulfach namens Informatik oder die Prioritäten eines Vaters und Computer-Nerds aufs Korn nahmen.

Ironie und Sarkasmus sind in Fachzeitschriften immer ein Problem, sogar wenn sie in Form eines Cartoons präsentiert werden. So erboste sich ein Leser:

"Der allmähliche Niveauverfall der c’t findet nun offenbar auch in Playboy-kompatiblen Karikaturen seinen Ausdruck. Was wird uns nach gebratenen Kindern und Schreckschrauben-Lehrerinnen als Nächstes geboten? Noch so eine Schlagseite und ich kündige das Abonnement."

Die allererste Schlagseite in c’t 1/1998: Dr. Seltsam wäre begeistert gewesen.

Glücklicherweise vertrat dieser Leserbrief nicht die herrschende Meinung. So konnten wir im Folgeheft einige abweichende Lesermeinungen präsentieren wie die von Herrn Szabo:

"Manchmal habe ich dann doch den Eindruck, daß viele Computer-Freaks zum Lachen in den Keller gehen. Macht weiter so, und laßt euch nicht von ein paar Miesepetern die Stimmung verderben."

Lieber Herr Szabo, das tun wir und wir lachen oft und gerne, im Keller wie auch im Büro vor dem Computer sitzend. Unser Humor ist nur – etwas spezieller, und der wird offensichtlich nicht nur im deutschsprachigen Raum goutiert, wie Andrew Way bestätigt:

"Schön zu sehen, daß Hobbypsychologen auch Ihre Zeitschrift lesen. Ich finde Ihre Witzeseite einfach toll, und für mich als Engländer, je schwärzer, desto besser. Es gibt ihn doch, den Deutschen mit Sinn für Humor! Auch wenn Sie einen Abonnenten verlieren, können Sie beruhigt sein, da ich vorhabe, Ihre Zeitschrift zu abonnieren."

Vielen Dank, Mr. Way, doch in einem liegen Sie nicht ganz richtig: Die Urheber unserer Schlagseite sind bis heute Ritsch und Renn, zwei Wiener und Vertreter des großartigen österreichischen schwarzen Humors. Der gefällt auch vielen unserer deutschen Leser, wie eine Antwort auf die Kritik zur Darstellung eines "gebratenen Kindes" belegt:

"Ich (langer Leser, langer Computer-Benutzer und Vater einer süßen Tochter) fand die Zeichnung so gelungen, daß sie nun eingerahmt neben dem Eingang zum Kinderzimmer über meinen PCs hängt."

c’t 4/1998: Skandal um gebratene Kinder und gebratene Daten.

Auch die Darstellung einer Lehrerin, die verzweifelt versucht, die Vorbereitung eines Speichermediums zur Aufnahme von Dateien zu verstehen, während ihre Schützlinge Pornos schauen oder die Prüfungsdatenbank hacken, forderte Kritik heraus:

"Ihre Witzeseite mit der Darstellung einer Lehrerin, die als EDV-Analphabetin und natürlich alt und häßlich dargestellt wird, ist m. E. frauenverachtend und überhaupt nicht witzig. Diese Art von Witzen kommt nur bei Männern vor, die es nicht geschafft haben, ihre kindische Beziehung zu ihren Müttern aufzuarbeiten."

Der Autor dieses c’t-Retro-Artikels hat selbst ähnliche Erfahrungen mit einem Lehrer für EDV-Grundlagen gemacht. Dem Computer ist es egal, ob er von einer Nutzerin oder einem Nutzer bedient wird. Wir c’t-Redakteurinnen und Redakteure schreiben für jeden, der sich mit EDV-Hardware und Software und mit der Digitalisierung auseinandersetzen will oder muss. Denn aus eigener Erfahrung wissen wir: Will man mit Computern arbeiten, braucht man Fachwissen, Geduld und viel Sinn für Humor.

In c’t 5/1998 sorgte der Informatikunterricht einer Lehrerin für Diskussionen.
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(rop)