Satellitenabwehr gegen Hyperschallwaffen

Die im März gegründete Space Development Agency (SDA) des Pentagon schlägt die Einrichtung einer "Nationalen Weltraum-Verteidigungs-Archi­tektur" vor.

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Satellitenabwehr gegen Hyperschallwaffen

(Bild: OneWeb)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Neel V. Patel
  • Charlotte Jee

Die National Defense Space Architecture soll gegen Hyperschallwaffen vorgehen. Wie Bloomberg News berichtet, soll das System aus bis zu 1200 Satelliten bestehen, die in sechs unterschiedlich hohen Schichten jeweils in bestimmten Konstellationen angeordnet sind. Zusammen mit Bodenstationen sollen sie das US-­Militär warnen, wenn Länder wie China oder Russland diese ultraschnellen und gleichzeitig hoch manövrierfähigen Waffen einsetzen, gegen die es bislang keine Verteidigung gibt.

Der Schritt verdeutlicht, wie nah diese gefährliche Militärtechnologie der Realität ist. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Anfang des Jahres mit Russlands Mittelstrecken-Hyperschallraketen mit Nuklearsprengköpfen geprahlt – sie würden "wie ein Feuerball" einschlagen. Die ersten Tests des russischen Avangard-Systems wurden bereits 2018 durchgeführt. Auch die USA und China entwickeln solche ­Waffen. Laut dem Online-Nachrichtenmagazin Quartz hat China sein experimentelles "Starry Sky 2"-Wellengleiter-Fluggerät im vergangenen August getestet. Getragen von einem Feststoff-Raketentriebwerk erreichte es Geschwindigkeiten von 7344 Kilometern pro Stunde und war damit knapp sechsmal so schnell wie der Schall.

Hyperschallwaffen vereinen Experten zufolge die Geschwindigkeit ballistischer Raketen mit der Präzision und Manövrierfähigkeit von Marschflugkörpern. Sie bestehen aus einem ­sogenannten Hyperschallgleiter, der zunächst von der letzten Stufe etwa ­eines interkontinentalen Marschflugkörpers abgefeuert wird. Anschließend beschleunigt der Gleiter am oberen Rand der Atmosphäre mithilfe von Scramjet-Antrieben auf mehrfache Schallgeschwindigkeit. In diesen Antrieben mischt sich in der Verbrennungskammer während des Flugs einströmende Luft mit Wasserstoff. Die Verbrennung erzeugt weiteren starken Schub. Hyperschallwaffen lassen sich mit konventionellen oder nuklearen Sprengköpfen bestücken.

Aktuelle Raketen-Überwachungssysteme wären für diese Art von Waffen nicht geeignet. Sie umfassen zu wenige Satelliten und befinden sich zudem in weitaus höheren Umlaufbahnen, als für die Erfassung dieser neuartigen Waffensysteme nötig wäre. Die nun geplanten Satellitenkonstellationen sollen ein ­engeres Netz in niedrigeren Umlaufbahnen spannen und so die Raketen­bedrohungen zuverlässiger erkennen. Zunächst strebt die SDA bis 2022 rund 20 Satelliten an. Bis 2025 soll das Abwehrsystem um 250 Daten- und Kommunikationssatelliten erweitert und zu einem sogenannten Backbone-Netz miteinander verknüpft werden. Noch ist dabei offen, wie die Agentur die Satelliten in den Orbit bringen und dort in den notwendigen Konstellationen anordnen will. Das Pentagon hat dafür Kosten von rund elf Milliarden Dollar kalkuliert.

Der SDA-Vorschlag scheint der erste groß angelegte Satelliten-Konstellationsplan für militärische Zwecke zu sein und dürfte die Bedenken von Weltraumschrott-Experten noch weiter vergrößern: Sie sehen bereits die angelaufenen zivilen Konstellationsprojekte mit Sorge, bei denen etwa SpaceX und OneWeb per Satellitenschar vor allem abgelegene Regionen mit Internet aus dem All versorgen wollen. Wie Glenn Peterson vom US-Forschungsinstitut Aerospace Corporation berechnet hat, würde schon das zusätzliche Ausbringen von Tausenden Internetsatelliten im Weltraum das Risiko von Kollisionen und Beschädigungen zwischen ­Satelliten so stark vergrößern, dass es pro Jahr zu mehr als 67000 Kollisionswarnungen käme.

(bsc)