"Sehr abgefahren, sehr spacig, sehr cool"

Ist der Blick vom All auf die Erde 30 Millionen Dollar wert? Auf jeden Fall, sagen fünf Space-Touristen, die TR befragt hat. Sie erzählen von aufregenden Raketenstarts, Suchaktionen in der Schwerelosigkeit und ihrer widerstrebenden Rückkehr auf die Erde.

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Lesezeit: 55 Min.
Von
  • Adam Fisher
Inhaltsverzeichnis

Es war im wahrsten Sinne des Wortes ein hoch fliegendes Ziel: Vor gut zehn Jahren gründete der umtriebige Luftfahrt-Ingenieur Peter Diamandis das Unternehmen Space Adventures Ltd. mit 250.000 Dollar Startkapital und der gewagten Idee, Touristen ins All zu bringen. Doch nach drei Jahren Verhandlungen mit den russischen Behörden konnte der frühere NASA-Ingenieur und heutige Finanzier Dennis Tito 2001 als erster Tourist in einem Sojus-Raumschiff zur International Space Station (ISS) fliegen – auf dem dritten Platz neben Kommandeur und Techniker.

Tito und Space Adventures haben den Weltraum für alle geöffnet, die sich solche Vergnügungen leisten können. Der Preis für die Reise ins All liegt zwischen 20 und 35 Millionen Dollar. Eine handelbare Option auf spätere Flüge kostet fünf Million Dollar. Titos Beispiel sind inzwischen fünf weitere All-Touristen gefolgt.

Der erste war 2002 Mark Shuttleworth, ein junger Internet-Tycoon aus Südafrika, der sich mit der Entwicklung von Sicherheitszertifikaten für den Online-Handel einen Namen gemacht hat. Ihm folgte 2005 Greg Olsen, der mit der Entwicklung von Infrarot-Kameras für den Nahbereich Millionen machte. Ein Jahr später flog die erste Frau: Anousheh Ansari, eine iranisch-amerikanische Telekom-Unternehmerin. Vierter war 2007 der Software-Spezialist Charles Simonyi, der das Unternehmen Intentional Software leitet. Zuletzt reiste 2008 Richard Garriott, Sohn eines NASA-Astronauten, ins All. Er ist vor allem als sein Alter ego Lord British bekannt – ein Herrscher in der von ihm erschaffenen Online-Spielwelt Ultima.

Garriott: Ich bin in einem Astronauten-Haushalt aufgewachsen. Auch im Haus rechts neben unserem wohnte ein Astronaut, Joe Engle, und links wohnte Hoot Gibson, ebenfalls ein Astronaut. Im Haus hinter unserem wohnte noch ein Astronaut, und noch viele andere in dem Häuserblock. Ich wuchs also auf und glaubte, dass jeder in den Weltraum fliegt. Dann eröffnete mir ein NASA-Arzt, dass ich wegen meiner schlechten Augen nicht zum NASA-Astronautenprogramm zugelassen werden würde. Das machte mich kurz traurig. Aber dann wurde mir klar, dass ich dann eben über den Weg der Privatisierung in den Weltraum kommen würde, nicht mit Hilfe der Regierung.

Shuttleworth: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war ziemlich klar, dass das russische Weltraum-Programm in eine finanzielle Krise geraten war. Es gab Gerüchte, dass sie schon über private Flüge sprachen. Ich habe versucht, mit dem russischen Konsulat in Kapstadt Kontakt aufzunehmen, aber dabei kam nicht viel heraus.

Garriott: Ich hatte schon in private Raumfahrt investiert als ich anfing, Geld in der Computerspiele-Industrie zu verdienen. Ich war einer der ersten Investoren bei Space Adventures. Ich habe persönlich die Studie bezahlt, die klären sollte, ob private Reisen möglich wären und was sie kosten würden. Als die russische Weltraumbehörde dann einen Preis nannte, hatte ich das Geld schon zusammen und war bereit zu starten.

Shuttleworth: Wir flogen nach Moskau, hauptsächlich um Leute aus der Weltraum-Szene zu treffen – das medizinische Personal, die Militärs aus Star City [Standort des Gagarin Cosmonaut Training Center]. Dennis Tito war damals noch gar nicht geflogen.

Garriott: Wir haben alles so angelegt, dass ich der erste Zivilist im Weltraum sein würde. Leider kam dann der Dotcom-Crash, und als Hightech-Mensch hatte ich natürlich alles in Hightech angelegt. Ich war ruiniert.

Shuttleworth: Es gab kein Standard-Paket. Man musste mit den Leuten, die die Anzüge machen, verhandeln, mit den Medizinern, mit den Ausbildern, mit den Leuten, die das Raumschiff stellen, mit der Flugüberwachung und mit der Weltraum-Agentur als Ganzes.

Garriott: Wir haben meinen Platz letztlich an Dennis Tito verkauft. Ich musste erst wieder etwas aufbauen, um in den Weltraum zu kommen.

Olsen: Es war am 18. Juni 2003. Ich saß mit einem schönen großen Kaffee bei Starbucks und las die New York Times. Darin stand ein Artikel über Space Adventures. Und ich sagte mir: "Wow, das klingt so, als wäre es was für mich."

Simonyi: Es geht eigentlich ziemlich leicht: Man ruft bei Space Adventures an.

Olsen: Ich habe mich im Web über sie informiert, und als nächstes stand Eric Anderson [der Geschäftsführer von Space Adventures] vor meiner Tür. Wir haben uns gleich gut verstanden. Im Oktober brachten sie mich zu einem Start in [dem kasachischen Weltraum-Bahnhof] Baikonur. Ich traf ein paar Leute von der russischen Weltraum-Agentur. Ich besuchte Star City. Ich bin in einer Mig-29 mitgeflogen und all das. Diesen Teil gab es kostenlos. Er hat eine Menge Lust auf mehr gemacht. Danach sagte ich: "Ja, wow. Ich will das machen!"

Shuttleworth: Space Adventures hat sicher ein bisschen mit Kontakten geholfen, aber es irritiert mich etwas, wenn sie sagen, dass sie alles selbst ermöglicht haben.

Simonyi: Ich habe lange für die Entscheidung gebraucht, dass ich mitfliege. Ich war vorher zweimal als normaler Tourist in Baikonur. Bei einem Start dabei zu sein, ist allein schon wegen der Zugangsmöglichkeiten fantastisch. Wir haben direkt neben der komplett vollgetankten Rakete gefeiert, wir konnten sie fast berühren. Wir haben gelacht, geredet und den Astronauten Grüße zugerufen. Das beruhigt enorm. Man weiß, etwas neben dem man feiern kann, ist nicht gefährlich. Es ist ein bisschen, als wenn man ins Kino geht und sieht wie der Schauspieler die Frau küsst, und der Regisseur sagt: "Das kannst du auch machen". Ich sagte: "Sie machen Scherze." Und dann sagte Anderson: "Nein, nein. Wir arbeiten gerade mit einem Kunden zusammen."

Olsen: Ich hatte mal eine kollabierte Lunge. Das hat sie natürlich ziemlich nervös gemacht. Gab ein ziemliches Theater. Letztlich haben sie mich in das Programm aufgenommen. Im April 2004 habe ich mit dem Training begonnen.

Ansari: Ich habe als Reservefrau mit dem Training begonnen, ich wusste nicht einmal, ob ich fliegen würde. Simonyi hatte schon einen festen Platz

Shuttleworth: Ich musste mir in Star City eine Support-Mannschaft organisieren. Denn noch einmal, von Space Adventures kam nichts. Mein Team war so ähnlich angelegt wie die kleinen Büros der ESA und der NASA dort, nur viel kleiner.

Simonyi: Inzwischen haben sie dieses Programm geschaffen [den Orbital Mission Explorers Circle]. Man bezahlt und bekommt dafür eine Option auf einen Platz in der Kapsel. Man investiert in eine Position in der Warteschlange, und jedesmal wenn man an der Reihe wäre, kann man den Platz nehmen oder darauf verzichten. Man kann die Option auch handeln – man kann sie verkaufen für was auch immer dafür zu holen ist. Allerdings ist der Markt sehr dünn. Wahrscheinlich hat es noch gar keine solchen Geschäfte gegeben. Die erste Option hat [der Google-Mitgründer] Sergey Brin gekauft.

Shuttleworth: Zu meiner Zeit war der offizielle Preis 20 Millionen Dollar. Was man tatsächlich bezahlt, ist aber etwas variabler.

Garriott: Ich bin leider ein Insider, deshalb kann ich keinen Preisnachlass bekommen. Ich habe 30 Millionen Dollar gezahlt.

Simonyi: Der Preis ist 35 Millionen Dollar. Früher kostete es 25, jetzt 35. Die Option kostet viel weniger. Ich habe schon eine Option gekauft . Ich dachte mir "Zum Teufel, vielleicht will ich ja nochmal hoch!"

Ansari: Drei Wochen vor dem Flug wurde Dice-K [Daisuke Enomoto], also das Besatzungsmitglied, das ursprünglich mitfliegen sollte, krank und fiel durch einen der medizinischen Tests. Deshalb boten sie mir seinen Platz an. Sie können sich vorstellen, dass solche Gelegenheiten nicht oft kommen. Also musste ich ohne Zögern ja sagen.

Jeder, der sich für eine Reise zur ISS entscheidet, muss mindestens drei Monate in Star City in der Nähe von Moskau trainieren und Russisch lernen, um den Kommandos beim Start und der Landung folgen zu können.

Olsen: Star City war früher ein Luftwaffen-Stützpunkt, jetzt ist es eine Schule für Kosmonauten. Eine waldige Siedlung auf einem See, mit ungefähr 3000 Leuten – ein idyllischer Ort.

Ansari: Wenn man nach Star City kommt, trifft man auf einen niedrigen Standard, manchmal auch auf gar keinen. Alles steht kurz davor zusammenzubrechen.

Garriott: An alt ist nichts auszusetzen. Ich war während schwieriger Zeiten bei der NASA und habe dort auch einiges in schlechtem Zustand gesehen.

Ansari: An meinem ersten Tag gab es kein warmes Wasser. Am nächsten Tag gab es auch kein warmes Wasser. Ich ging ins Fitnessstudio und duschte dort. Schließlich ging ich runter und fragte: "Wissen Sie, wann es wieder warmes Wasser geben wird?" und sie sagten: "Ja, ungefähr in einem Monat".

Olsen: Die Rohre waren ein bisschen verrostet, also musste ich mich darum kümmern und sie reparieren. Aber das hat mir nichts ausgemacht.

Ansari: Wenn man den Wasserhahn aufdreht, kommt braunes rostiges Wasser heraus. Wenn man es 15 Minuten laufen lässt, wird es langsam klar, und man kann eine anständige saubere Dusche nehmen. Ich habe dort gelernt, dass man nicht viel braucht, um glücklich zu sein. Zuhause gehe ich in zehn verschiedene Läden, nur um das eine eine Shampoo zu bekommen, an das ich gewöhnt bin.

Olsen: Die Sachen sind wirklich billig in dem Laden auf der Basis. Brot zum Beispiel kostet vielleicht 20 US-Cent. Ich habe in der Kosmonauten-Cafeteria gegessen. Tee, harte Eier und Gulasch waren ein typisches Frühstück, aber ich habe einfach mitgemacht. Ich war ja nicht dort, um wie ein Amerikaner zu leben.

Simonyi: Ich bin in Ungarn aufgewachsen. Außerdem bin ich Programmierer, also esse ich alles. Das Essen war völlig in Ordnung.

Olsen: Ich bin im Kalten Krieg aufgewachsen. Plötzlich lebte ich beim "Feind", verstehen Sie? Es war ein Kulturschock.

Simonyi: Man trifft dort Leute wie [den Astronauten] Sergei Krikalyov. Es ist wahrscheinlich der am besten an das Leben im All gewöhnte Mensch aller Zeiten: Er war bei sechs Missionen insgesamt 800 Tage oben.

Garriott: Auf der ISS sprechen alle Englisch, also ist es dort nicht so schwierig. Aber in der Sojus kommen alle Kommandos auf russisch und alle Instrumente sind russisch beschriftet. Also möchte man schon Grundkenntnisse haben.

Olsen: Das war bei weitem das Schwierigste – Russisch lernen. Unterricht war von 9 bis 16 Uhr, davon an drei Tagen je vier Stunden Russisch. Dann von 16 bis 18 Uhr Übungen im Fitnessstudio. Dann nach Hause und lernen. Jeden Freitag hatten wir mündliche Prüfungen. Sie können darauf wetten, dass ich die Nächte vorher durchgearbeitet habe. Mann, war ich nervös. Der so genannte Multimillionär aus Amerika, Geschäftsmann und Forscher, fällt durch die Prüfung!

Simonyi: Es war interessant, etwas über die Systeme fürs Andocken, Kommunikation und den Wiedereintritt zu erfahren.

Ansari: Wenn sich der Startzeitpunkt nähert, kommt man in Baikonur in Quarantäne.

Olsen: Wir haben dort etwa zehn Tage verbracht, was ein bisschen langweilig ist. Man musste dauernd irgendwelche medizinischen Tests machen.

Simonyi: Die letzte Überprüfung findet in einer Praxis statt, mit einem Mediziner-Team aus drei oder vier Ärzten. Den Einlauf musste der Jüngste von ihnen machen.

Garriott: Es geht darum sicherzustellen, dass man an Bord der Sojus möglichst nicht auf die Toilette muss.

Olsen: Und das ist der Grund dafür: Es gibt auf der Sojus eine Vorrichtung für Stuhlgang, aber man möchte dort wirklich keinen Stuhlgang haben. Stellen Sie sich einfach einen Teekessel vor. Verstanden?

Shuttleworth: Am schwierigsten war für mich der Tag vor dem Start, denn bis dahin steckt man in einem Rausch voller Aktivität. Aber in den letzten Stunden hat man nichts weiter zu tun als nachzudenken.

Nach dem dreimonatigen Training in der Nähe von Moskau kam endlich der Tag des Starts: Die Reise ins All begann mit einer traditionsreichen Busfahrt zur Startrampe auf dem kasachischen Weltraumbahnhof Baikonur.

Olsen: Viele Traditionen gehen auf Yuri Gagarin [den ersten Menschen im All] zurück. Als er auf dem Weg zum Start war, musste er mal. Daran hatte vorher niemand gedacht. Er sagte: "Haltet mal an", stieg aus dem Bus und pinkelte an den Hinterreifen. Seitdem muss das jeder machen.

Ansari: Ich habe zum Glück einen Weg gefunden, mich zu drücken. Ich fragte unseren Commander, ob er an einfach mich denken könne, während er sein Geschäft am Reifen verrichtet. "Natürlich mache ich das für Sie, Anousheh", sagte er, "ich würde alles für Sie tun."

Simonyi: Es ist eine wunderbare Tradition. Hervorragend zum Entspannen.

Ansari: Vor dem Flug hatte ich Sorge, dass ich ein Nervenbündel sein würde. Ich hatte meinem Flugarzt gesagt: "Wenn ich hohen Blutdruck oder einen schnellen Puls habe, soll das meinen Flug nicht stoppen!"

Olsen: Noch auf dem Weg zu Fuß zur Startrampe haben wir all diese Herz-Monitore getragen.

Garriott: Man geht zu dieser Rakete, voll mit Kerosin und Sauerstoff. Es ist so kalt, dass sie von Frost bedeckt ist. Die Luft in der Nähe strömt die Seiten herunter. Man steht unübersehbar kurz davor, etwas zu betreten, das sozusagen vor dem Explodieren steht. Und dann steigt man ein.

Ansari: Ich musste etwas meditieren, alle möglichen Sachen, um meinen Puls herunterzukriegen. Man sitzt da und denkt "Oh mein Gott, endlich ist es soweit! Ich sitze wirklich auf der Spitze einer Rakete. In ein paar Minuten wird sie zünden, und ich werde mit einer Mordsgeschwindigkeit ins Weltall befördert." Es ist eine surreale Situation. Für einen Zivilisten ziemlich unglaublich.

Das Sojus-Raumschiff sitzt auf der Spitze der Trägerrakete, die so hoch ist wie ein 16stöckiges Gebäude. Es besteht aus dem fünf Kubikmeter großen Wohnmodul für maximal drei Astronauten und ihre Ausrüstung an der Spitze, dem drei Kubikmeter großen Landemodul und dem Servicemodul, das Solarpanele und Treibstofftanks trägt.

NASA-Astronauten verspotten die nur sieben Meter lange und sieben Tonnen schwere Sojus-Raumfähre ob ihrer Enge, der veralteten Ausstattung und ihrer Flugleistung. Alle für den Wiedereintritt nicht benötigten Funktionen befinden sich in den abwerfbaren Wohn- und Service-Modulen. Die Landung ist ziemlich ruppig. Danach ist die Sojus reif für den Schrottplatz – anders als die 37 Meter langen, 70 Tonnen schweren und auf Wiederverwendung ausgelegten US-Raumfähren.

Shuttleworth: Ich habe lange trainiert. Ich habe der Reihe nach NASA-Astronauten gesehen, die sich sehr abfällig über die Sojus geäußert haben. Das schlimmste, was ich gehört habe, war das: Wenn man die Bewohner eines kleinen Dorfes ein Raumschiff entwickeln ließe, käme dabei die Sojus heraus.

Garriott: Weltraumreisen sind nicht unbedingt die sicherste Freizeitbeschäftigung. Aber wenn ich schon fliegen muss, soll es mit der Sojus sein. Wenn man sich das Space Shuttle mit seinen zwei Unfällen [und 14 Toten, Anm. d. Red] bei um die 150 Starts anschaut – da stehen die Chancen nicht besonders gut.

Shuttleworth: Zu Beginn des Programms versagte die Sojus, aber dann gab es eine Erfolgsserie über die letzten 30 Flüge oder so.

Simonyi: Vier Menschen sind an Bord der Sojus gestorben. Aber in einem gewissen Sinn hat ihr Schicksal das Raumschiff sicherer gemacht.

Shuttleworth: Ich würde nicht sagen, dass das Sojus-Programm immer sicherer wird, nur weil sie über die letzten 20 Jahre eine makellose Bilanz haben. Aber ich wollte auch nicht, dass das letzte, was ich sage, wenn ich von einem Bus überfahren werde, ist: "Verdammt, ich hätte doch fliegen sollen!"

Olsen: Manchmal habe ich Dinge gesehen, die mir etwas simpel vorkamen. Sie haben nicht ein so hohes Budget wie die NASA, also müssen sie viele Sachen mit Genialität hinbekommen.

Shuttleworth: Neulich war ich bei der Vorführung einer Hightech-Renn-Yacht mit Seiten und Boden aus Kohlefasern und haufenweise Elektronik. Jemand sagte: "Wow, das ist ja wie in einem Raumschiff!" Ich lachte und sagte: "Ein Raumschiff ist eine ganze Ecke einfacher als das hier."

Simonyi: In den James-Bond-Filmen gibt es Q, der all diese fantastischen Gerätschaften erfindet. In der Raumfahrt ist das überhaupt nicht so. Viele der Sachen in dem Raumschiff könnten von Jules Verne sein!

Garriott: Man kann sich die Original-Sojus-Kapsel anschauen und bekommt das Gefühl, dass seither während ihrer ganzen Geschichte das gleiche Design – und sogar die gleichen Gußformen – verwendet wurden. Was nicht kaputt ist, soll man nicht richten. Aber alles, was jemals Probleme gemacht hat oder kaputtgegangen ist, wird ausgetauscht. Das Gleiche passiert, wenn eine neue Technologie verfügbar wird, die erhebliche Vorteile bringt. Zum Beispiel hat die Sojus inzwischen ein Cockpit aus Glas.

Shuttleworth: Die NASA-Leute, die das Trainingsprogramm durchlaufen haben und so weit gekommen sind, dass sie als Techniker oder Commander mitfliegen können, haben die Sojus [dann] ohne Ausnahme geliebt. Sie haben plötzlich gemerkt, dass sie sich ohne Bodenkontrolle, haufenweise Daten und Spezialisten über Spezialisten fliegen lässt.

Simonyi: Am besten ist es, vor dem Start in der Sojus zu sein. Man fühlt sich so geborgen, so behaglich. Es gibt ein angenehmes leichtes Brummen. Es riecht wunderbar. Und man hat jede Menge Zeit. Ich glaube, es ist entscheidend, dass es keine Eile gibt. Es gibt keinen Druck. Die Russen haben diese beiden Worte: eins davon ist "normalna" und bedeutet "normal"; das andere lautet "spakoyna"und heißt in etwa "locker" oder "ruhig". Das sind in dieser Zeit die wichtigsten Worte.

Simonyi: Man sitzt also da und sie sagen "Leute, noch etwa 30 Minuten, und es gibt für euch nichts zu tun. Wollt ihr etwas Musik hören?" Ich sagte "gerne", also spielten sie "Money, Money, Money" von Abba. Ich habe es zuerst gar nicht erkannt, die anderen Kosmonauten aber schon, und sie haben mich etwas aufgezogen. Wir hatten alle was zum Lachen.

Olsen: Was ich mir für Musik gewünscht hätte? Den Walkürenritt.

Simonyi: Man hat diese Checkliste in der Hand, die mit Word geschrieben und mit einem normalen Laserdrucker ausgedruckt wurde. Daran ist nichts Besonderes – nur eine Checkliste, die von drei Ringen zusammengehalten wird. Im Prinzip hört man sie auch über Funk. Der Commander macht nichts weiter, als die Anzeigen und Meldungen im Auge zu behalten – die Bodenkontrolle hat dieselben Informationen. Für die Crew gibt es nichts zu tun.

Garriott: Ich habe es mir im Stuhl gemütlich gemacht und ein bisschen geschlafen. In diesem 40-Minuten-Fenster passiert nichts. Man ist in einer Art Adrenalin-Schläfrigkeit. Dann ist das Funkgerät wieder zu hören – "Noch fünf Minuten bis zum Start" – und es ist wieder mehr los.

Olsen: Alles ist genau geregelt beim Start. Schritt 1, Schritt 2, Schritt 3. Sie folgen dieser Prozedur, Schritt für Schritt.

Garriott: Vor dem Schub fühlt man, wie riesige Mengen Flüssigkeit in Bewegung geraten. Ein paar Sekunden vor dem Abheben starten dann die Motoren, und auch das bekommt man zu spüren. Wegen des Windes spürt man auch ein leichtes Schwanken. Und dann, genau pünktlich, erhebt sich die Sojus sehr sanft, aber entschlossen, von der Startrampe.

Olsen: Als ich spürte, wie die Rakete rumpelte, wurde ich so friedlich. Ich dachte: "Ja! Die nächsten zehn Tage gehören mir, und keiner kann mir das je nehmen."

Garriott: Man denkt: "Na schön, wenn alles glatt geht, wird es ein sanfter Flug nach oben. Wenn es schief geht, wird hoffentlich dieser Fluchtturm funktionieren. So oder so, Leben oder Tod, es dürfte ziemlich laut werden."

Shuttleworth: Es ist eine tiefgehende Erfahrung. Man erlebt Momente purer Angst, gemischt mit Momenten reiner Freude.

Nach knapp zwei Minuten hat die Sojus-Rakete auf 5400 Kilometer pro Stunde beschleunigt und die Triebwerke der ersten Brennstufe abgestoßen. Nach fünf Minuten und 170 Kilometern Flug fliegt die zweite Brennstufe weg. Siebeneinhalb Minuten nach dem Start beträgt die Fluggeschwindigkeit etwa 21.600 Kilometer pro Stunde. Nach neun Minuten schließlich ist dritte Brennstufe beendet, die Sojuskapsel trennt sich von der Trägerrakete und die Sonnensegel werden entfaltet. Dann schwenkt der Commander die Raumfähre auf Kurs zur ISS ein.

Olsen: Beim Start kamen wir auf etwa 3,5 g [g = Erdbeschleunigung]. Ich versuchte meinen Arm zu heben und es fühlte sich an, als hinge ein 5-Kilo-Gewicht daran.

Ansari: Der Druck war nicht übel. Zwischen der ersten und der zweiten Stufe war es, als wäre die Zeit stehen geblieben. Dann ging es wieder los. Man bekommt einen Kick davon.

Olsen: Nach ungefähr acht Minuten hören die Beschleunigungskräfte auf und man weiß, dass man mit etwa 30.000 Kilometern pro Stunde unterwegs ist. Aber die Geschwindigkeit ist konstant, also spürt man nichts davon.

Shuttleworth: Ich erinnere mich daran, dass mir eine Reihe von recht vertrauten Geräuschen auffiel, nachdem die Haupttriebwerke abgeschaltet waren. Man hört mechanische Geräusche, wie Lüftung und Klimaanlage, und dann geht dies und jenes noch an. Es gibt Uhren und Ventilatoren und ein großes Ding, das "Globus" genannt wird. Es ist eine Kugel – im Prinzip die Karte für den Flug – und sie fängt an zu ticken wie eine Wanduhr. Man hat gerade die unglaubliche Erfahrung gemacht, in den Weltraum zu fliegen, und dann klingt plötzlich alles nach der Werkstatt eines alten Schweizer Uhrmachers.

Ansari: Das nächste, was ich mitbekam, war, dass dieser Stift anfing zu schweben. Das fühlte sich so verrückt an. Ich dachte: "Oh mein Gott, ich bin im Weltraum!"

Olsen: Wenn du schwerelos wirst, musst du ziemlich häufig pinkeln, weil es zu Flüssigkeitsverschiebungen im Körper kommt. Ich musste also ganz dringend und sagte zu mir: "Meine Güte, ich werde wohl die Windel verwenden müssen." Ich beugte mich zum Commander – er wirkt erst einmal wie ein strenger Russe, aber er ist schwer in Ordnung – und gab ihm einen Hinweis.

Simonyi: In der Kapsel stupst man sich zum Kommunizieren gegenseitig an, weil alle nach vorne schauen und man den Kopf kaum drehen kann. man kann die anderen Körper spüren – man ist sozusagen miteinander verbunden.

Olsen: Der Commander beugte sich herüber und sagte auf Englisch zu mir: "Keine Sorge, Greg Olsen, ich habe es schon getan." Als ich das hörte, ließ ich es einfach laufen.

Garriott: Man will sie eigentlich nicht benutzen, aber man lernt schnell sich darüber hinwegzusetzen und einfach das damit zu machen, wofür sie da ist.

Ansari: Es dauerte noch eine Weile, bis sie uns erlaubten, die Gurte abzunehmen und in der Kabine herumzuschweben.

Simonyi: Wenn man schwerelos ist und noch im Sitz, fühlt sich das interessant an, aber nicht besonders aufregend. Aber als ich sah, wie Oleg [der Flugtechniker] eine Luke über sich öffnete und einfach aus dem Sitz durch die Luke in den Wohnraum flog, war das schon faszinierend. Es gibt doch dieses berühmte Mittelalter-Bild zu Christi Auferstehung von Matthias Grünewald – ein herrliches Gemälde. Wie diese Leute wie Engel geschwebt sind, hat mich daran erinnert. Und dann macht man es selbst. Das ist fantastisch.

Garriott: Wenn du endlich aus dem All auf die Erde schauen kannst, ist das natürlich ein spektakulärer Anblick. Du weißt, dass du weit oben bist, denn der Weltraum ist schwarz und die Erdoberfläche gewölbt. Aber der Anblick, vor allem wenn du direkt nach unten auf die Erde schaust, ist nicht so anders als das, was man von einem Flugzeugfenster aus sieht.

Ansari: Sie warnen in den ersten paar Tagen dringend davor, aus dem Fenster zu schauen, vor allem auf die Erde.

Simonyi: Wir hatten einen Vorhang mit Klettverschluss vor dem Fenster. Einmal wollte ich einen Blick riskieren, aber der Commander stupste mich an, erhob seine Stimme und befahl mir damit aufzuhören. Die Sojus wird in eine konstante Rotation versetzt, damit die Solarpanels zur Sonne gerichtet sind. Wenn man während der Drehung auf die Erde schaut, kann einen das krank machen. Man kann sogar krank werden, wenn man nicht auf die Erde schaut. Das nennt sich "space adaptation syndrome". Und die Drehung verstärkt diese Wirkung. Während der ersten paar Umdrehungen sollten wir also nicht auf die Erde schauen.

Ansari: Man muss es wirklich langsam angehen, sich langsam bewegen, den Kopf langsam oder am besten gar nicht bewegen. Während des Starts habe ich mich großartig gefühlt, direkt nach dem Start auch. Dann war es Schlafenszeit, und wir haben unsere Schlafsäcke vorbereitet.

Olsen: Es ist so merkwürdig, dort zum ersten Mal zu schlafen. Ich konnte kaum einschlafen, weil ich so aufgeregt war. Es ist merkwürdig, und es ist ein gutes Gefühl.

Simonyi: Ich habe geträumt, dass ich auf der Erde wäre – in Star City, beim Formulare ausfüllen, solches Zeug. Und dann weckte mich der Commander auf. Ich war etwas desorientiert. Wo bin ich? Oh, ich bin in einem Raumschiff, das die Erde umkreist.

Ansari: Nach dem Aufwachen dachte ich: "Oh, mein erster Morgen im All." Ich war so aufgeregt. Ich schwebte aus meinem Schlafsack. Flog herum, schaute aus dem Fenster. Von einem Fenster zum nächsten.

Garriott: Es ist fantastisch, sich bewegen zu können wie ein unglaublich guter Turner und nach einer Drehung vor einem Fenster zu landen, von dem aus man dann einen riesigen herrlichen Sonnenaufgang sehen kann.

Ansari: Dann fing die ganze Kapsel an, sich um meinen Kopf zu drehen. Ich wusste, dass ich etwas getan hatte, was ich nicht hätte tun sollen. Und dann ging es mir richtig schlecht.

Olsen: Das passiert ungefähr 40 Prozent der Leute, die ins All fliegen. Das hat nicht mit Machotum zu tun.

Ansari: Ich habe versucht, mir nichts anmerken zu lassen. Ich dachte: "Mein Gott, sie werden denken, ich bin dumm. Mein Erbrochenes wird durch die Kabine schweben." Ich schaffte es eine Tüte zu finden, bevor es zu schlimm wurde, also schwebte nur ein bisschen was herum. Aber wenn es schwebt, kann man es immerhin fangen. Ich konnte es mit einer Serviette einfangen und in eine Tüte stecken, bevor jemand etwas sah.

Zwei Tage nach dem Start erreicht die Sojus eine Erdumlaufbahn in 350 Kilometer Höhe und beginnt den vollautomatischen Andockvorgang an die ISS. Die Raumstation umkreist die Erde mit einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde und benötigt für eine Umrundung anderthalb Stunden.

Simonyi: Langsam wird einem die Präsenz dieses unglaublichen Gebildes bewusst. Zuerst sieht es sehr klein aus. Dann erkennst du Details, mit einer einfachen Seh-Vorrichtung. Es ist auf gewisse Weise ein Periskop, aber man geht mit dem Auge nicht nah heran. Es ist eine Projektion auf Milchglas – das Bild sieht irgendwie sehr blass aus. Es hat klare Konturen, aber ist nicht sehr hell. Das Andocken geht völlig automatisch vor sich.

Olsen: Der Commander kann die Steuerung übernehmen, aber es läuft alles über Funksignale. Im Prinzip lässt man einen Funkstrahl am ISS abprallen. Dadurch lässt sich feststellen, wie weit man noch entfernt ist und mit welcher Geschwindigkeit die Sojus sich nähert.

Shuttleworth: Ich habe mich auf das Periskop konzentriert, denn damit kann man die Annäherung am besten sehen.

Simonyi: Das Instrument hätte im 19. Jahrhundert konstruiert werden kann. Nicht im 20., im 19.!

Shuttleworth: Das hat was von funktionalem Minimalismus. Es dürfte sehr schwer sein, es kaputtzubekommen.

Simonyi: In der letzten Phase zünden die Bremsraketen. Sie verringern die Geschwindigkeit nur minimal. Sie sind öfter aus als an, und das Feuer ist nur so ein weißer Blitz. Aber sie sind direkt neben den Seitenfenstern. Deshalb sieht man diesen weißen Blitz und kleine Blasen, Tröpfchen von unverbranntem Treibstoff, die irgendwo hinfliegen.

Garriott: Der Kegel zum Andocken ist so ausgelegt, dass man bis zu einem halben Meter danebenliegen kann und dann trotzdem in die richtige Position gelenkt wird.

Olsen: Unsere Luke ließ sich nicht öffnen. Unser Commander zog und zog. Am Ende haben wir es zusammen mit den Füßen versucht – "Eins, zwei, drei, hopp. Eins, zwei, drei – hopp." Die Luke saß fest. Ich dachte "das ganze Training und Geld, und jetzt geht die Tür nicht auf. Wir werden nach Hause fliegen müssen!". Dann, endlich, haben wir es geschafft.

Shuttleworth: Nach dem Andocken blickte ich aus meinem Fenster und sah plötzlich die Radiatoren [Kühlelemente] und Solarpanele der Station. Du hängst an diesem verflucht aufregenden Gebilde und es ist sehr dramatisch. Man dockt an mit der Sonne im Rücken, also ist es sehr, sehr deutlich zu erkennen, und alles in der Umgebung ist im Schatten. Das ist sehr abgefahren, sehr spacig und sehr cool.

Garriott: Es gibt da dieses schillernde, leicht orangefarbene Leuchten der Solarpanels, das auf Fotos einfach nicht zu sehen ist.

Auch an Bord der ISS gibt es Traditionen: Wenn neue Besatzungsmitglieder auf der ISS ankommen, wird eine Glocke geschlagen. Der Brauch geht auf den ersten ISS-Commander Robert Donald Cabana aus den USA zurück, der von der Marine kam und eine Schiffsglocke zur Station mitbrachte. Bei den Russen ist es üblich, bei der Ankunft Brot und Salz zu reichen.

Olsen: Bei uns machte das der Stations-Commander Sergei Krikalyow. Ich war ganz verschüchtert in seiner Nähe zu sein. Er sagte nur: "Wie geht's, Greg?" und gab mir eine dicke Umarmung.

Simonyi: Wir haben uns vorher rasiert und frische Raumanzüge angezogen.

Olsen: Nachdem wir angedockt, Hände geschüttelt und Hallo gesagt hatten, hatten wir etwa eine Stunde, in der wir uns einfach umschauen konnten.

Shuttleworth: Als ich oben war, gab es dort – je nachdem wie man zählt – fünf oder sechs Module. Jedes ist ungefähr so groß wie ein Wohnwagen, manche größer, manche kleiner. Die spannendsten Dinge liegen außerhalb der Hauptachse. Die geht vom russischen Wohnmodul durch das Lagermodul und das amerikanische Labor. An dem sind zwei weitere Module angebracht: das Andockmodul und etwas, das sie Eingangshalle nennen – die US-Luftschleuse.

Für die Weltraum-Touristen gibt es auf der ISS nicht viel zu tun. Normalerweise beschäftigen sie sich mit Fotografieren, E-Mailen und zuhause Anrufen. Richard Garriott drehte einen Science-Fiction-Film mit den anderen Astronauten und Kosmonauten als Besetzung. Und jeder an Bord verbringt viel Zeit damit, nach irgendwelchen Sachen zu suchen.

Simonyi: Der Commander sagt einem, wo man sich aufhalten soll.

Garriott: Sie haben mir einen kleinen Arbeitsplatz in der Nähe des Funkgeräts im Service-Modul gegeben, mit einem kleinen Klapptisch und einem Laptop darauf. Ich dachte "Na toll, sie haben mich mitten im Weg platziert. Ich werde andauernd stören. Es wird schwer sein, etwas zu filmen."

Ansari: Ansari: Ich suchte mir einen Platz nahe am Fenster im Docking-Modul aus. Sie sagten, dass es dort kalt und laut werden würde. Ich sagte: "Das ist egal, ich will nah an einem Fenster sein." Sie haben mir meinen Willen gelassen. Ich bekam ein Stück Stoff, und der Commander [der Station] sagte: "Wenn Sie etwas Ruhe brauchen, hängen sie es einfach auf, und wir kommen nicht rüber." Also hatte ich einen netten Platz für mich.

Simonyi: Sie gaben mir einen Sack für meine Sachen. Ich stopfte alles hinein, verschloss ihn mit dem Zugband und hängte ihn an die Wand. Das eigene Zimmer ist sozusagen unsichtbar.

Olsen: Es ist wie Camping. Oder eher wie Rucksack-Tourismus.

Ansari: Sich zu waschen ist eine Qual. Es gibt keine Dusche auf der Raumstation. Man hat da oben nur diese feuchten und trockenen Handtücher, mit denen man sich jeden Tag wischt, und ein Paket mit den persönlichen Toilettenartikeln – Kamm, Zahnbürste und was man noch so mitnehmen darf.

Shuttleworth: Es gibt noch eine wichtige Tradition bei den Russen: Für jede ISS-Mission wird eine eigene Briefmarke entworfen. Die Leute nehmen dann Postkarten und Umschläge mit und lassen sie dort oben frankieren.

Olsen: Ich hatte meinen iPod dabei und jede Menge Fotos. Auf dem iPod hatte ich alles, von Opern bis Rock 'n' Roll.

Garriott: Ein guter Freund von mir schreibt die Dragonlance-Buchserie für das Unternehmen, von dem Dungeons and Dragons stammt. Ich hatte ihn gebeten, mir ein Drehbuch zu schreiben. Im Prinzip geht es dabei darum, dass meine Mutter heimlich mit dem Versorgungsraumschiff mit zur ISS geflogen ist.

Ansari: Die unbemannte Fracht-Mission vor dem bemannten Flug nimmt etwas Kleidung mit, etwas Essen und ein Päckchen mit persönlichen Sachen. Aber ich war ja zuerst gar nicht als Crew-Mitglied vorgesehen, sondern Dice-K [Daisuke Enomoto]. Sie sagten, sie hätten in letzter Minute noch alles ausgetauscht, aber als ich oben war, waren doch nur die Sachen von Dice-K dabei. Ich hatte seinen Rasierschaum, seinen Rasierer, Rasierwasser und solche Sachen. Ich konnte nichts davon gebrauchen außer Zahnbürste und Zahnpasta. Zum Glück hatte ich einige Dinge selbst eingepackt. Ich mußte nicht seine Unterwäsche tragen.

Shuttleworth: Man trifft öfter jemanden, der etwas sucht. Manchmal schwebt es direkt hinter seinem Kopf.

Ansari: Ich habe ständig irgendetwas verloren. Ich habe etwas geschrieben, den Stift weggelegt und vergessen, dass er vom Tisch schweben würde. So bin ich auch meinen Lippenstift und den Lipgloss losgeworden.

Olsen: Ich habe eine kleine Kamera verloren, weil ich sie in die Tasche gesteckt und vergessen hatte, den Reißverschluss zu schließen.

Shuttleworth: Irgendwann lernt man, so ziemlich alles festzumachen oder irgendwo hineinzulegen. Überall sind Klettbänder, um sicherzustellen, dass alles, womit man arbeitet, an mindestens zwei Punkten fixiert ist.

Garriott: Ich hatte alles in Taschen innerhalb von Taschen, mit Klettverschluss, Reißverschlüssen und Gummibändern.

Simonyi: Wenn sich etwas selbständig macht, ist es sehr schwer wiederzufinden. Wenn man auf der Erde etwas verliert, sucht man auf dem Boden. Da oben geht das nicht. Man muss überall schauen, und überall ist irgendwelches Zeug. Es könnte sonst wo sein, hinter allem möglichen.

Simonyi: Die ISS ist so unaufgeräumt! Man kann das gar nicht beschreiben. Es ist wie in einem unglaublich unordentlichen Baumarkt, der jeden Artikel nur einmal hat. Versuchen Sie dort etwas zu finden – es wird eine Weile dauern.

Shuttleworth: Es gibt dort etwa 17.000 Stücke loser Ausrüstung. Man würde glauben, dass alles dokumentiert wäre, dass sozusagen alles seinen festen Platz hat. Aber das Ganze ist zu groß und zu komplex dafür.

Garriott: Die Station ist voll gestopft. Aber nach einer Weile merkst Du, dass das nur stimmt, wenn man in 2D denkt. Wenn sich das Gehirn auf 3D umstellt, merkst Du, dass es gar nicht so voll ist. Ich konnte mitten in diesem recht engen Raum mit meiner Kamera filmen, und trotzdem konnten die Leute leicht am Boden oder an der Decke an mir vorbei oder umgekehrt.

Shuttleworth: Der Körper will dringend ein Gefühl dafür, wo oben und wo unten ist. Aber dieses Konzept ist [da oben] bedeutungslos. Interessanterweise bekommt man irgendwann ein Gefühl dafür, in welcher Richtung die Erde liegt. Aber sich umdrehen zu können und dann in eine Art Brunnen zu tauchen – das Docking-Modul, das in Richtung Erde zeigt – war schon ziemlich radikal. Ich hatte ein gutes Verhältnis zur NASA, also gab es keine künstlichen Beschränkungen, wohin ich gehen durfte und wohin nicht. Das wäre auch merkwürdig gewesen.

Simonyi: Ich hatte eine Abmachung mit der NASA – ich durfte aus dem Weltraum Freunde anrufen. Fantastisch.

Olsen: Der Telefondienst ist eingeschränkt. Es kommt darauf an, wo man sich in Relation zu den Kommunikationssatelliten befindet. Im Durchschnitt hatten wir vielleicht zehn Minuten pro Stunde. Ich war mir der Kosmonauten bewusst, die seit sechs Monaten weg von zuhause sind. Meiner Ansicht nach hatten sie Priorität, und ich versuchte, ihnen viel Zeit zu lassen.

Simonyi: Das ist eine große Sache für die Astronauten und die Kosmonauten. Die russische Weltraumagentur hat dafür gesorgt, dass auch die Kosmonauten diese im Prinzip amerikanischen Hilfsmittel benutzen dürfen. Wir hatten einen Kopfhörer mit Mikrofon, der in einen normalen Computer gesteckt wird, ansonsten benutzt man Skype mit dem normalen Interface.

Olsen: Bei E-Mail will die NASA nur Post an Adressen durchlassen, die man vorher zur Genehmigung vorgelegt hat. Ich habe ihnen eine Liste mit etwa 100 Adressen gegeben.

Simonyi: Das Problem mit E-Mail ist – und das ist ein bisschen traurig –, dass sie von der NASA überprüft wird. Die machen sich Sorgen wegen Werbung. Einmal habe ich von der Station einen Blog-Eintrag losgeschickt, in dem stand: "Naja, der Champagner am Starttag war nicht so toll. Nächstes Mal bringe ich Dom Pérignon mit." Das werde ich machen, aber es sollte vor allem ein Witz sein. Ich habe nicht drüber nachgedacht, aber sie haben die Mail abgefangen. Das kommt mir so kleinlich vor, so unnötig. Würde Mr. Spock das auch so machen? Neue Welten und Zivilisationen erforschen und sich Sorgen darüber machen, ob jemand aus Versehen "Dom Pérignon" erwähnt? Also wirklich.

Für die Astronauten und Kosmonauten, die auf der ISS arbeiten, ist jede Minute jedes Tages an Bord verplant. Die Mahlzeiten sind deshalb fast die einzige Chance für die Weltraum-Touristen, mit den Profis wirklich in Kontakt zu kommen. Simonyi: Es gibt in der Station nur einen Platz zum Essen, im russischen Segment. Dort steht auch ein Heizgerät, ein Heizgerät für Lebensmittel. Ein Ofen, wenn man so will.

Garriott: Der Küchentisch ist voller Löffel, die wie Bäume darauf stehen. Sie haben doppelseitiges Klebeband auf dem Tisch befestigt. Man kann einfach das untere Ende des Löffels auf den Tisch drücken, und der Löffel bleibt kleben. Das ist einer der ersten Lerneffekte, den Raum in allen drei Dimensionen auszunutzen.

Garriott: Es ist sehr schwierig, sechs Leute an den kleinen Tisch zu kriegen. Mit vier oder fünfen in normaler Position ist eigentlich schon alles voll, die restlichen stehen dann über Kopf, mit der Decke als Boden.

Ansari: Das Abendessen war für mich immer die beste Zeit, weil tagsüber alle so beschäftigt sind. Es ist die einzige Chance, sich mal zusammenzusetzen – natürlich nicht wirklich zu sitzen, denn es gibt ja keine Stühle an Bord. Man schwebt also um den Tisch herum und unterhält sich. Über Werbung zum Beispiel: Was soll daran falsch sein? Ich weiß, dass vor allem die NASA strikt dagegen ist, und ich habe mit ein paar Leuten darüber diskutiert. "Also was wäre, wenn ich hier eine Dose Cola trinken würde?", fragte ich.

Olsen: Grundsätzlich ist das Essen etwa wie beim Camping. Aber die Shrimp-Cocktails von der NASA waren wirklich gut.

Shuttleworth: Wir haben uns mit dem Abendessen-Machen abgewechselt. Das war sehr schön.

Ansari: Wir hatten ein paar frische Tomaten und Früchte mitgebracht. Das wurde so eine Art Fest. An einem meiner ersten Abende bat mich der Commander, ihm das Brot zu geben, weil es in meiner Nähe war. Ich nahm das Brot und reichte es ihm. "Nein, im Weltall machen wir das nicht so. Sie müssen es werfen", sagte er. Ich sagte, ich hätte gelernt, nicht mit Essen zu werfen. Er antwortete: "Aber Sie sind hier nicht auf der Erde, sondern im All. Sie müssen es werfen. Sonst verderben Sie den ganzen Spaß!"

Garriott: Ich kann Ihnen verraten, dass ein beliebtes Gesprächsthema unter Astronauten, die im All leben und arbeiten, die Feinheiten im Umgang mit den lebenserhaltenden Systemen sind, vor allem mit den Toiletten. Die russische funktioniert tatsächlich am besten.

Olsen: Mein Arzt hat mich all diese Sachen gefragt: "Wir haben deinen Herzschlag, gibts irgendwelche Probleme?" Bla, bla, bla. Der dritte, der vierte Tag kam: "Warst du schon auf der Toilette, Greg?" Am fünften Tag: "Nein." Er sagte: "Mach Dir keine Sorgen. Der Weltrekord ist 14 Tage, und den wirst du niemals schlagen." Letztlich dauerte es bei mir sechs Tage.

Garriott: Eine Menge Leute bekommen da oben Verstopfung. Aber sogar wenn nicht, ist die Frequenz sehr, sehr niedrig. In meinen zwölf Tagen im All habe ich nur dreimal die Toilette benutzt.

Olsen: Ich erinnere mich noch an ein langes Gespräch darüber, was wir machen, wenn wir zurück sind. Ich war noch ganz begeistert davon, dass ich im All bin, aber Sergey Krikalyov und John Phillips von der NASA waren schon seit sechs Monaten oben. Sie hatten es langsam satt. Phillips sagte: "Ich will einfach Bier und Pizza." Krikalyov schloss sich an: "Ich möchte einfach Kaffee, aber nicht diesen Mist, den wir hier haben. Ich will Kaffee, den ich mir vor die Nase halten und riechen kann."

Simonyi: Die abzulösenden Mannschaften fiebern der Rückkehr entgegen. Wir hatten zwei Tage Verzögerung. Sie waren da schon gut sechs Monate oben gewesen. Ich habe mich gefreut: zwei Tage zusätzlich! Aber diese Leute sagten: "Oh nein, ich dachte, wir fliegen zurück. Ich habe von diesem Tag geträumt, und jetzt muss ich noch zwei Tage warten."

Garriott: Mein Film beginnt mit meinem Abschied von der Station. Die Leute winken und rufen "Auf Wiedersehen, Richard, auf Wiedersehen!" Dann geht es weiter mit "Mann, bin ich froh, dass wir den Typen los sind. Redet die ganze Zeit nur über Videospiele – Ultima hier, Tabula Rasa dort. Gut, dass der weg ist." Nach ein bisschen lustigem Leben an Bord stellen sie fest, dass der Sauerstoffverbrauch für die Größe der Mannschaft zu hoch ist. Also glauben sie, dass ein Alien an Bord ist und suchen danach. Stattdessen finden sie meine Mutter.

Der Rückflug zur Erde dauert vom Abkoppeln bis zur Landung dreieinhalb Stunden. Beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wirft die Sojus zwei ihrer drei Module ab: Das Service-Modul mit den Solarpanelen und der Kommunikationsausrüstung sowie das Wohn-Modul verglühen. Das Landemodul ist durch abschmelzende Hitzeschilden geschützt. Um es vor dem Aufprall abzubremsen, öffnen sich eine Reihe von Fallschirmen einige Kilometer über der Erdeoberfläche, und Bremsraketen zünden wenige Sekunden vor dem Aufschlag.

Garriott: Die Abreise ist traurig. Wenn man sich verabschiedet, soll man das möglichst live vor der Kamera machen, und dann wird man schnell nach draußen befördert und abgekoppelt, aus Sicherheitsgründen. Also hat man einen hektischen und gedrängten Abschied, was wirklich ziemlich tränenreich ist.

Shuttleworth: Ich fand den Flug nach unten das beste an der ganzen Sache. Rein aus physikalischer Sicht ist er ganz schön dynamisch. Der Start ist eher steril: Du bist 15 Meter von den Motoren entfernt, wo sich alles abspielt. Auf dem Rückweg dagegen sprengt sich das Gefährt selbst und zerlegt sich in all diese Stücke. Es bleibt dann dieses kleine Stück mit einem selbst darin, das direkt in die Atmosphäre eintaucht, während sich rundherum eine Art Feuerwerk abspielt. Man ist also mitten im Geschehen.

Olsen: Man muss bedenken, dass die Sojus bei der Landung nur noch ein Drittel so groß ist wie beim Start, so dass der meiste Stauraum fehlt. Sie muss sehr sorgfältig gepackt werden, weil die Gewichtsverteilung auch das aerodynamische Verhalten beeinflusst. Das ist Sache des Commanders. Bei solchen Aufgaben würde man wirklich gerne mithelfen, aber man kann nur daneben stehen und zuschauen.

Simonyi: Das Wohnmodul ist voller Abfall, der beim Wiedereintritt verbrennt. Die Müllbeutel sind beschichtet und mit Gummiringen verschlossen. Wie bei den Raumanzügen – sie sind ziemlich dicht.

Olsen: Wir haben unsere Raumanzüge angezogen, sind in die Kapsel gestiegen und hatten Probleme damit, den Druck zwischen dem Wohn-Modul und dem Docking-Segment anzupassen. Eine Stunde lang haben wir es versucht, und am Ende haben sie gesagt: "Na gut, versuchen wir es so."

Simonyi: Es gibt immer diese Druck-Tests. Man könnte direkt glauben, dass das alles ist, was man auf einem Raumschiff macht. Es gibt ein sehr wichtiges Instrument, ein Manometer – im Prinzip ein Barometer, aber für niedrige Drücke. Es misst den Druck im gesamten Raumschiff. Es ist ein dickes Teil und es hat Rohre, die mit allem möglichen verbunden sind. Es könnte auch aus dem 19. Jahrhundert stammen.

Ansari: In den meisten Fällen geht irgendetwas schief.

Olsen: Beim Rückflug bemerkten wir, dass der Druck abnahm. Wir wissen immer noch nicht, was los war; manche Leute glauben, dass sich ein kurzes Stück Band in einer Dichtung verfangen hatte.

Simonyi: Irgendein Ventil schloss nicht richtig – keiner weiß warum. Als der Druck abnahm, fingen die Müllsäcke an zu explodieren. Können Sie sich die Sauerei vorstellen? Oh Gott!

Olsen: Am Ende sagte der Commander "Olsen, kislorod!" Das bedeutet "Sauerstoff". Ich musste zum Sauerstoff-Ventil greifen. Das ist ziemlich schwierig, weil es mit einer Feder gesichert ist. Ich hielt es etwa eine Minute lang offen, und endlich hatten wir wieder genug Druck. Aber dafür war die Luft jetzt voller Sauerstoff – normalerweise liegt der Anteil bei etwa 21 Prozent, wir kamen auf 32. Bei 40 Prozent wird in der Kabine automatisch Druck abgelassen, weil noch mehr Sauerstoff zur Selbstentzündung führen kann.

Shuttleworth: Die Sojus ist so gebaut, dass sie nur teilweise ausfällt, wenn irgendetwas kaputtgeht. Große Teile von Subsystemen können versagen und du kommst trotzdem noch nach Hause.

Simonyi: Der kritische Moment ist, wenn sich das Raumschiff in drei Segmente aufteilt und zwei davon dem Verglühen überlassen werden.

Garriott: Zu der Aufteilung gehören drei Geräusche. Erst kommt eine Art "Popp", das noch Teil der Vorbereitung ist – Kabel oder Rohre werden herausgezogen. Dann kommt noch ein "Popp", wenn das Wohn-Modul abgetrennt wird. Du kannst fühlen, wie dich diese Kraft wirklich sauber und hübsch ein bisschen nach hinten schubst. Noch ein Popp und das Service-Modul ist ab. Man kann hören, ob alles gut gelaufen ist – popp, popp, popp.

Simonyi: Ich konnte sogar Teile des Raumschiffs am Fenster vorbeischweben sehen. Wir flogen mit 20- bis 22facher Schallgeschwindigkeit, in denkbar dünner Luft. Aber es reichte, um ein Stück Isolation, das bei der Trennung abgerissen war, sozusagen neben uns herfliegen zu lassen. Es schlug im Wind mal nach links, mal nach rechts. Dann flog es gegen unsere Kapsel und dann irgendwohin.

Ansari: Es gab da dieses orange Leuchten, mit Funken und solchen Sachen. Ich sah aus dem Fenster und rief, "Oh Gott, es fühlt sich an, als würde ich auf einer Sternschnuppe reiten!"

Simonyi: Es sieht aus wie ein Medikamentensaft – rosafarbenes, festes Plasma.

Garriott: Du fühlst sich etwa so, wie wenn Du im Inneren eines Hochofens sitzt.

Olsen: Plötzlich fängt alles an zu vibrieren, und du kannst die Verzögerung spüren. Du kommst auf etwa 4,5 g, und es wird schwierig zu atmen. Die Kapsel wird herumgeworfen. Es gibt keinen Funkkontakt. Man muss da einfach durch.

Simonyi: Es wurde dunkel, aber das lag nur daran, dass das Fenster verbrannte. Das Fenster besteht aus drei Scheiben, und die äußerste ist so ausgelegt, dass etwas davon wegbrennt.

Shuttleworth: Man liegt auf dem Rücken, wird herumgewirbelt, und man spürt, wie sich die Bremskraft aufbaut. Das ist sehr intensiv. Man muss sich einfach auf die Verzögerung konzentrieren.

Simonyi: Die Kräfte sind erheblich, aber viel leichter auszuhalten als die, mit denen Kampfjet-Piloten klarkommen müssen, weil sie durch eine andere Achse des Körpers gehen. Bei ihnen geht es nicht in Richtung der Füße, sondern quer durch den Körper, vor und zurück.

Garriott: Das nächste große Ereignis ist das Öffnen des Bremsfallschirms, das ein bisschen heftig sein kann. Wenn sich der Hauptschirm öffnet, fühlst du dich wie am Ende einer Peitsche, mit der jemand knallt. Irgendwelche Teile fliegen durch die Kapsel, viele kleine Projektile. Wir hatten alle unsere Raumanzüge an und die Helme geschlossen, also waren wir recht gut geschützt.

Simonyi: Die Geschwindigkeit direkt vor dem Aufprall beträgt noch zehn Meter pro Sekunde. Das ist etwa so, wie wenn man mit 40 Stundenkilometern gegen eine Mauer fährt.

Ansari: Ich dachte, dass es hart werden würde, aber ich hätte nie gedacht, dass es so hart wird. Der Aufprall war ein Schock. Du prallst so hart auf, dass dein Blut aufhört zu fließen. Es fühlte sich an, als würden tausend Nadeln durch meinen Rücken gestochen.

Olsen: Wir prallten nochmal ab, rollten ein bisschen, dann haben wir Funkkontakt aufgenommen. Uns wurde gesagt, dass wir auf das Bergungsteam warten sollen. Als nächstes hörte ich ein Hämmern gegen die Kapsel. Sie wollten uns mitteilen, dass sie da sind.

Shuttleworth: Man muss warten, bis die Kapsel abgekühlt ist. Wir waren etwas ungeduldig und haben schon mal unsere Visiere geöffnet.

Ansari: Beim Rückflug wird es ziemlich heiß in der Kapsel. Du schwitzt im Raumanzug, und die ganze Erfahrung nimmt dir etwas die Orientierung. Du bist nicht mehr an die Schwerkraft gewöhnt, fühlst sich schwer und kannst dich kaum bewegen.

Olsen: Sie haben einfach alle Gurte mit Messern zerschnitten, uns herausgezogen und uns in Stühle gesetzt.

Garriott: Schon nach nur zehn Tagen im All ist man wirklich nicht mehr in der Lage, vernünftig aufzustehen.

Ansari: Es kam mir vor wie eine Wiedergeburt.

Olsen: Es war ein bisschen wie beim College-Abschluss. Du hast dieses wunderbare Gefühl, etwas geschafft zu haben. Ich war wirklich zufrieden mit mir, auf ruhige, sichere Weise, nicht egoistisch oder angeberisch – es war einfach ein Wow-Gefühl.

Simonyi: Da waren wir also in Kasachstan, nahmen den Hubschrauber zum Flughafen und dann ein Flugzeug zurück nach Star City. Ich habe an dem Abend nicht mal gebadet, ich bin einfach schlafen gegangen.

Olsen: Das erste, was ich gemacht habe, war duschen. Dann bin ich zurück nach Hause. Jetzt schaue ich manchmal hoch und denke: "Hey, da sind meine Freunde, schweben einfach da oben herum". Gottseidank habe ich nichts vermasselt. Wirklich, das war mein erster Gedanke nach der Landung.

Garriott: Bei der Ausbildung lernt man, wer welche Fehler gemacht hat. So wird einem klar, dass jeder Fehler, den man selbst macht, mit dem eigenen Namen in Zusammenhang gebracht werden wird – für alle Zeiten bis zum Ende des russischen Raumfahrt-Programms.

Garriott: Leute haben schon Sachen an- oder abgeschaltet, von denen sie besser die Finger gelassen hätten. Funkgeräte wurden falsch eingestellt. Die Toilette wurde zweckentfremdet.

Simonyi: Ich glaube nicht, dass der Sinn von Raumfahrt darin besteht, die Menschen besser zu machen. Dass es einen selbst oder das Leben verändert, ist kein guter Grund dafür, ins All zu fliegen.

Shuttleworth: Es verändert jeden, wenn er ein Jahr seines Lebens in merkwürdigen Umständen verbringt. Das gehört zur menschlichen Natur. Es ist aber schwer zu sagen, was genau passiert.

Olsen: Es verändert das Leben auf subtile Weise. Ich bin nicht wahnsinnig spirituell oder sowas, aber es geht ja bei weitem nicht nur um den Flug. Man gewinnt Freunde fürs Leben.

Simonyi: Sergei [Commander Krikalyov] zum Beispiel ist ein prima Typ. Er ist so inteligent und so sportlich. Es ist einfach angenehm mit ihm zusammenzusein, und er hat so viele Facetten. Die Leute machen sich gar nicht klar, wieviele Leute mehrmals geflogen sind. Die Top-10 haben zusammen 60 Missionen hinter sich – das macht sechs pro Person.

Ansari: Du bist da draußen im All, schaust auf die Erde und irgendwie auch auf dein Leben zurück, auf dich selbst, was du geschafft hast. Man denkt über alles nach, was man hat, liebt oder wofür man sich interessiert, und über alles, was sonst so auf der Welt passiert. Man hat ein größeres Bild, denkt eher im globalen Maßstab.

Im Oktober 2008 hat Charles Simonyi seine Fünf-Millionen-Dollar-Option auf eine weitere Reise zur ISS eingelöst. Der Flug ist für dieses Frühjahr geplant. Ab 2010 will Russland auf regulären ISS-Flügen allerdings keine Touristen mehr mitnehmen. Durch die geplante Verstärkung der ISS-Besatzung von drei auf sechs Personen und die geplante Außerdienststellung der Spaceshuttles müssen die Sojus-Raumfähren mehr Transporte übernehmen und haben keine freien Kapazitäten mehr. Space Adventures hat jedoch nach eigenen Angaben ein Abkommen mit der russischen Weltraumagentur Roscosmos geschlossen, wonach beide Partner ab 2011 rein private Flüge anbieten wollen – in einer eigens dafür entwickelten Sojuz-Rakete mit Platz für zwei Passagiere. (bsc)