Solar-Origami

US-Forscher haben hauchdünne Solarzellen entwickelt, die sich von selbst zu Kugeln anordnen und so mehr Sonnenlicht einfangen als flache Zellen.

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Von
  • Katherine Bourzac

US-Forscher haben hauchdünne Solarzellen entwickelt, die sich von selbst zu Kugeln anordnen und so mehr Sonnenlicht einfangen als flache Zellen.

Damit Solarenergie möglichst effizient ist, muss Sonnenlicht ein Solarmodul im richtigen Winkel treffen. Nur dann ist die Stromausbeute am größten. Deshalb wird entweder die Neigung des Moduls am Sonnenstand ausgerichtet. Oder man leitet das Licht mit einer aufwändigen Optik so um, dass es immer von oben auf die Solarzellen fällt.

Forscher der Universität von Illinois warten nun mit einer originellen neuen Idee auf: Solarzellen, die sich von selbst zu Kugeln anordnen und so mehr Sonnenlicht einfangen als flache Zellen. Hergestellt werden die winzigen Zellelemente mit Hilfe herkömmlicher Lithographie. „Statt großer Halbleiter-Scheiben, Konzentrator-Linsen und Motoren wollen wir kleine kompakte Zellen mit einer soliden Leistung entwickeln“, sagt der Chemiker Ralph Nuzzo , der das Projekt leitet.

Sollte sich das Konzept als praktikabel erweisen, könnte man die Solarkugeln zu großen Modulen anordnen, die genauso viel Strom produzieren wie flache – aber viel weniger Silizium verbrauchen und dadurch deutlich billiger sind.

Gekrümmte Flächen können mehr Licht als ebene einfangen, weil ihre Oberfläche größer ist. Die heutigen Verfahren, um Silizium und andere Halbleiter zu verarbeiten, würden aber am besten für ebene Oberflächen funktionieren, sagt Nuzzo. Die Lösung haben er und seine Mitarbeiter in winzigen Siliziumblättern gefunden, die sich – ähnlich wie ein Blatt Papier in der japanischen Faltkunst Origami – zu dreidimenisionalen Strukturen anordnen lassen.

Die Forscher beginnen mit hauchdünnen, hochwertigen Silizium-Wafern, denen sie lithographisch eine bestimmte Form geben. Um zum Beispiel am Ende eine Kugel zu erhalten, schneiden sie das Silizium-Blatt zu einer Blütenform zu. In die kleben sie ein Glasstück, das später als Stütze für die fertige Form dient. Als nächstes lassen sie einen Wassertropfen in die Mitte der Silizium-Blüte fallen. Wenn der dann verdunstet, krümmt Oberflächenspannung die Blütenblätter, die sich in die Höhe biegen, bis sie sich zu einer Kugelform zusammenschließen.

„Knifflig daran ist, das Material dazu zu bekommen, all die Schritte in der richtigen Reihenfolge auszuführen“, sagt Nuzzo. Seine Gruppe rechnete deshalb in einem Computermodell erst einmal durch, wie sich Siliziumblätter verschiedener Dicke und Form verändern, und wie chemisch unterschiedlich behandelte Oberflächen mit Wasser wechselwirken.

Derart gewappnet gelang Nuzzos Gruppe der funktionierende Prototyp einer Kugelzelle. Die Technik nennen die Forscher „Material-Origami“. Bevor das Silizium zur Blütenform zugeschnitten wurde, behandelten sie einige Abschnitte so, dass sie elektrisch leitfähig wurden. Die fertige Kugelzelle wurde dann noch mit elektrischen Kontakten versehen, um den entstehenden Strom ableiten zu können. Nach demselben Prinzip hat Nuzzos Gruppe auch eine zylindrische Mikrosolarzelle hergestellt.

Der Wirkungsgrad ist mit einem Prozent zwar äußerst bescheiden. Würde man aus derselben geringen Siliziummenge eine flache Solarzelle fertigen, wäre deren Stromausbeute aber noch schlechter, schreiben die Forscher in den Proceedings der National Academy of Sciences. Das Verfahren lasse sich auch auf andere Halbleitermaterialien anwenden, ebenso seien noch ganz andere Zellformen möglich. „Die Falttechnik ist sehr reizvoll, weil man damit fantastische, komplizierte dreidimensionale Gebilde machen kann“, schwärmt George Barbastathis vom MIT.

Zwar kann man die Lichtabsorption von Solarzellen auch steigern, indem man sie mit nichtreflektierenden Schichten versieht oder ihre Oberfläche strukturiert. Der entscheidende Vorteil der neuen Mikrozellen sei jedoch, dass sie nur sehr wenig Material benötigen, erläutert Nuzzo. Ebenen Zellen mit einer Dicke von wenigen Mikrometern könne man keine Oberflächenstruktur mehr geben, weil einfach nicht genug Material vorhanden sei. Antireflex-Schichten wiederum würden die Herstellungskosten in die Höhe treiben. Deshalb hält Nuzzo seine sich selbstfaltenden Solarkugeln für eine viel versprechende Alternative. Als nächstes will er mit seiner Gruppe neue Formen und andere Materialien ausprobieren, um die Zellen zu einer wirtschaftlichen Technologie zu entwickeln. (nbo)