Steganographie in der Disko

Ein Forscher an der Technischen Universität von Warschau hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Informationen in elektronischer Tanzmusik versteckt werden können.

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  • TR Online
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Die Idee, Musik zum Versand von Nachrichten zu verwenden, hat eine lange Geschichte. Der deutsche Benediktinermönch Johannes Trithemius gilt als Gründer der Disziplin – und zwar schon im 16. Jahrhundert. Viele weitere Personen der Geschichte haben den Vorschlag ausgebaut, etwa indem sie Buchstaben Noten zuteilten, wie es der deutsche Priester Gaspar Schott im 17. Jahrhundert versuchte.

Auch in der Neuzeit gab und gibt es Ideen, Geheimnisse in Musik zu verstecken, etwa in digitaler Musik. Doch noch sind die Möglichkeiten dieser musikalischen Steganographie nicht ausgeschöpft. Das zeigt der Forscher Krzysztof Szczypiorski von der Technischen Universität Warschau in einer neuen Studie.

Er erfand eine völlig neue Form der musikalischen Steganographie, die er spezifisch für elektronische Musik angepasst hat, die in Clubs der Partyinsel Ibiza laufen könnte. Die neue Methode nutzt die Trance-artigen Rhythmen aus, für die die Musikform bekannt ist.

Szczypiorski verwendet den Beat der Musik der Balearen, indem er dessen Tempo variiert. So lassen sich Informationen codieren, ohne dass das ein menschlicher Zuhörer merken würde. Zur Modifizierung der Tracks nutzt der Forscher moderne Digital-Audio-Workstation-Programme, mit denen sich verschiedene Elemente einer Komposition manipulieren lassen. Beispielsweise ändern Diskjockeys so das Tempo verschiedener Tracks, um sie zu mischen.

Der Warschauer Forscher begann damit, einen Morsezeichen-artigen Code zu entwickeln, bei dem er eine Reihe von kurzen und langen Signalen nutzt, um Nachrichten zu versenden. Um ein langes Signal zu kodieren, beschleunigt er das Tempo eines einzelnen Beats, fĂĽr ein kurzes wird dieser verlangsamt.

Zum Einsatz kam dabei die DAW-Software Logic Pro X von Apple, als Beispiel dienten Coverversionen verschiedener populärer Songs ohne Text. Verwendet wurden "Miracle" von Queen mit 92 Beats pro Minute, "So What" von Miles Davies mit 120 Beats pro Minute und "Rhythm Is a Dancer" von Snap mit 130 Beats pro Minute. "Alle originalen Cover wurden ohne die Stimmenanteile vorbereitet und als Techno-, Hip-Hop- oder Trance-Song arrangiert – mit den in Logic Pro X vorhandenen Instrumenten", so Szczypiorski. Dann variierte er das Tempo so, dass sich die Nachricht "Steganography is a dancer!" ergab. Die Information kam zwei Mal in jedem Song vor, verteilt per Zufall.

Eine zentrale Frage bei Szczypiorskis Forschung war, ob die Tempoveränderungen von menschlichen Zuhörern wahrgenommen werden, was die Botschaft verraten könnte. Dazu befragte der Wissenschaftler 20 Personen, die die Songs bei einer Open-Air-Sommerparty zu hören bekamen. 10 von ihnen hatten einen Hintergrund als Musiker.

Das Ergebnis zeigte, dass die Methode funktionieren kann. Bei einer Tempoveränderung von 3 Prozent merkten rund die Hälfte der Zuhörer den Unterschied, bei 2 Prozent dagegen niemand. "In diesem Stadium wurde das Experiment gestoppt, weil der Rest der Party keine Lust mehr auf die Musik hatte", grinst Szczypiorski.

Stellt sich noch die Frage, wie man eine solche Botschaft automatisiert erstellen und auslösen könnte. Dem Warschauer Forscher zufolge wäre es technisch kein Problem, eine Software zu entwickeln, die dies erledigt. Seine Methode hat Szczypiorski folgerichtig "StegIbiza" genannt. ()