Stromsparende und höher auflösende OLEDs dank TADF

Die blaue Leuchtschicht in TVs und Smartphones mit organischem Display begrenzt Auflösung und Helligkeit und verbrät zu viel Energie. TADF soll das ändern.

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Stromsparende und höher auflösende OLEDs dank TADF
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Inhaltsverzeichnis

Aktuell stecken in der blauen Leuchtschicht von OLEDs andere Emitter als in den roten und grünen Schichten. Diese fluoreszierenden Emitter sind zwar recht langlebig, aber nicht besonders hell. Außerdem haben sie eine interne Effizienz von nur 25 Prozent, es gehen also von vornherein drei Viertel der reingesteckten elektrischen Energie verloren.

Eine deutlich bessere Effizienz von bis zu 100 Prozent erzielen die phosphoreszierenden Emitter in grünen und roten Leuchtschichten. Die Phosphoreszenz konnte man für Blau bislang aber nicht nutzen, weil sie in den unteren Wellenlängenbereichen nicht langlebig genug ist. Forscher verfolgen deshalb zwei Ansätze, die blaue Leuchtschicht zu verbessern: Entweder muss die Lebensdauer der effizienten Phosphor-Emitter oder die Effizienz der langlebigen fluoreszenten Emitter verbessert werden.

Die Lebensdauer blau phosphoreszierender Emitter, sogenannter PHOLEDs, steckt bei hohen Leuchtdichten bei einigen 100 Stunden fest – trotz etlicher Jahre Forschungsarbeit. Universal Display Corporation (UDC) soll im Labor zwar schon Emitter mit etwas höherer Lebensdauer erzielt haben. Allerdings braucht auch er für PHOLEDs spezielle Dotierstoffe wie Iridium, Osmium oder Platin: Die seltenen Metalle (Iridium ist das zweitseltenste Metall der Erde) treiben die Kosten in die Höhe und behindern eine dauerhafte – und nachhaltige – Materialversorgung. Nicht zuletzt deshalb ruht die Hoffnung vieler OLED-Hersteller nun auf der vergleichsweise jungen TADF-Technik.

TADF steht für Thermally Activated Delayed Fluorescense: Die thermisch aktivierte verzögerte Fluoreszenz soll Quantenzustände reaktivieren, die bei der Umwandlung von elektrischer Energie in Licht bisher verloren gehen.

In fluoreszierenden Emittern erzeugen nur Singuletts Licht – drei Viertel der Energie gehen so verloren. Effizienter sind phosphoreszierende Emitter, allerdings ist ihre Lebensdauer begrenzt. TADF-Emitter verschieben die Triplets auf das Singulett-Orbital und nutzen so sämtliche Excitronen zur Lichterzeugung.

Um die Technik besser einordnen zu können, hilft ein kurzer Blick auf das Prinzip der Lichterzeugung im OLED: Bei der Elektronen-Loch-Rekombination im Emissionslayer werden angeregte Singulett- und Triplett-Zustände gebildet, und zwar im Verhältnis 1:3. Rein fluoreszierende OLED-Emitter verwenden ausschließlich die Singulett-Excitonen, wodurch alle Tripletts und damit drei Viertel der Excitonen bei der Lichterzeugung verloren gehen – die interne Quanteneffizienz (IQE) beträgt nur 25 Prozent.

In PHOLEDs sorgen seltene Metalle dafür, dass durch spezielle Wechselwirkungen sowohl Singuletts als auch spinsymmetrische Triplett-Zustände und damit 100 Prozent aller Excitonen zur Lichterzeugung genutzt werden können. Bei TADF rücken die Singulett- und Triplett-Zustände durch ein spezielles Moleküldesign näher aneinander. Hierdurch können die Tripletts per Wärmezufuhr – sie liegt im Bereich der Umgebungstemperatur – in den Singulett-Zustand überführt werden und so 100 Prozent der Excitonen zur Lichterzeugung beitragen.

Für TADF benötigt man keine seltenen Metalle und die möglichen Farbspektren und die Farbsättigung sollen sich besser für Displays eignen als das hellere Blau der PHOLEDs.

Einer der TADF-Pioniere ist die deutsche Firma Cynora. Die beiden großen OLED-Hersteller Samsung und LG Display haben im vergangenen Jahr 25 Millionen Euro in das Start-up aus Bruchsal investiert. Auf der Displaykonferenz Display Week im Juni 2018 stellte das Unternehmen seine aktuellen Forschungsergebnisse vor. Cynoras Marketingchef Andreas Haldi berichtete gegenüber c’t, dass die Firma zunächst effizientere Emitter für alle Farben gesucht hat. Vor einiger Zeit habe man sich aber auf blaue Emitter konzentriert, da hier der größte Bedarf bestehe. 2017 hat Cynora vor allem möglichst effiziente tiefblaue Emitter mit schmalen Spektren entwickelt, nun arbeitet die Firma an der Lebensdauer-Optimierung.

Ganz allgemein sinkt die Lebensdauer mit dem Energielevel des Lichts – Rot (um 630 nm) hat die längste Lebensdauer, das kurzwellige höherenergetische Blau (um 450 nm) die niedrigste, Grün (um 530 nm) liegt dazwischen. Das heißt aber auch: Je satter das Blau eines Emitters, umso kürzer ist seine Lebensdauer. Da es sich bei TADF letztlich um eine Spielart der fluoreszierenden Emission handelt, sollte Cynora zumindest die Lebensdauer der aktuell in OLEDs genutzten blauen Emitter erreichen können, glaubt Haldi.

Die neuen TADF-Emitter sorgen laut Haldi bereits dafür, dass ein OLED-Display nur noch halb so viel Energie benötigt wie mit bislang üblichen Emittern. Für den Einsatz im Mobilgerät wäre das eine erhebliche Verbesserung, denn dort ist das Display der größte Energiefresser – das Smartphone könnte je nach Benutzung bis zu doppelt so lange durchhalten, bevor es an die Steckdose muss.

Die blauen Subpixel im Smartphone sind größer als ihre roten und grünen Pendants. Hierdurch wird die geringere Effizienz von Blau ausgeglichen.

Alternativ könnte man die effizienteren blauen Emitter dafür nutzen, die Auflösung der organischen Displays zu erhöhen. Aktuell sind blaue Subpixel im Smartphone meist größer als rote und grüne. Die größere blaue Pixelfläche muss dadurch nicht so hell leuchten beziehungsweise kann mit weniger Strom betrieben werden – je höher die Strombelastung, umso schneller verblasst die Leuchtschicht und umso kürzer ist ihre Lebensdauer.

Den Einfluss der Emitter-Technik auf den Energiebedarf und die Auflösung im Smartphone hat Cynora am Beispiel der Galaxy-Geräte von Samsung aufgezeigt. Als die ersten Galaxy-Smartphones auf den Markt kamen, gab es ausschließlich fluoreszente Emitter (25 % IQE) – die Leistungsaufnahme der Handys war entsprechend hoch, die Auflösung vergleichsweise gering. Anfang der 2010er-Jahre wurden phosphoreszierende Emitter entwickelt – zunächst rote, wenig später auch grüne. Im S3 waren 2012 bereits beide Varianten vertreten, der Energiebedarf fiel rapide auf unter 1 Watt, gleichzeitig stieg die Auflösung von 480 × 800 auf 1280 × 720 Pixel.

Die Pixeldichte und der Energiebedarf von OLED-Displays im Smartphone – hier gezeigt an den Galaxy-Handys von Samsung – stagniert seit 2015. Verbesserungen werden erst mit neuen Emittern für Blau möglich.

Mit Weiterentwicklung der phosphoreszierenden Emitter konnte Samsung vor allem die grüne Pixelfläche verringern und dadurch die Auflösung auf 1920 × 1080 Pixel verbessern – der Energiebedarf blieb weitgehend gleich. Beim S6 schraubte Samsung die Auflösung nochmal hoch auf 2560 × 1440 Pixel; auch hierfür sorgten weitere Verbesserungen am roten und grünen Emitter. Seither hat sich in Sachen Auflösung allerdings wenig getan – die OLEDs wurden lediglich größer, die Pixeldichte blieb bei rund 530 beziehungsweise 570 dpi (S9 bzw. S9+); der höhere Energiebedarf ist der größeren Displayfläche geschuldet. Um diesen Stillstand zu beenden, braucht es eine effizientere Emitter-Technik für den blauen Leuchtstoff.

Außer Cynora forschen auch andere Unternehmen und Universitäten an effizienteren blauen TADF-Emittern. So gab es von 2015 bis 2018 zwei EU-Forschungsprojekte HyperOLED und PHEBE, in denen die mögliche Kommerzialisierung von TADF untersucht wurde. Bei PHEBE waren unter anderem die TU Dresden und die Dresdener Firma Novaled beteiligt.

Samsung und LG Display kooperieren außer mit Cynora auch mit dem japanischen Start-up Kyulux. Das aus einem Forschungsprojekt der japanischen Kyushu-Universität in Fukuoka hervorgegangene Unternehmen nutzt eine Kombination aus TADF und Fluoreszenz und hatte sich zunächst der Entwicklung roter, grüner und gelber Emitter gewidmet. Diese sind vor allem für organische Beleuchtung und passive OLEDs interessant, während für Displays in TVs und Smartphones das sattere Blau gebraucht wird. Inzwischen hat sich aber auch Kyulux vornehmlich den blauen Emittern zugewandt – wohl nicht zuletzt dank der Unterstützung von Samsung und LG Displays, die künftig sicher nicht von einer einzigen Firma (in diesem Fall Cynora) abhängig sein wollen. (uk)