Studie: Twitter-Hype kontra RealitÀt

(Bild: Wachiwit/Shutterstock.com)
Wenn Tech-Start-ups bei dem Mikroblogging-Dienst zum Trend werden, wirkt das erfolgversprechend. Aber hat das auch positive finanzielle Auswirkungen?
Interessante Start-ups, der potenziell neueste High-Tech-Schrei â all das wird gern auf Twitter diskutiert und auch von groĂen Geldgebern verfolgt, die dann Risikokapital investieren. Trends werden, so scheint es, bei dem Mikroblogging-Dienst schnell nach oben gespĂŒlt.
Doch wie relevant ist solcher Buzz auf der Plattform im Hinblick auf lĂ€ngerfristig wirtschaftlichen Erfolg? Wie stark lassen sich Risikokapitalgeber durch derartige Medien-Hypes beeinflussen und zahlt sich das aus? Dieser Frage ist eine gemeinschaftliche Studie der Johannes-Gutenberg-UniversitĂ€t Mainz und der TU MĂŒnchen nachgegangen.
KI-Modell analysiert Twitter
Twitter eignet sich nach Aussage von Prof. Dr. Andranik Tumasjan aus Mainz am besten fĂŒr eine solche Studie im Business- und Technologiesektor, da hier entsprechende Informationen schneller und hĂ€ufiger ausgetauscht werden. FĂŒr die Studie hat das Team, zu dem auch Prof. Dr. Reiner Braun und Dr. Barbara Stolz von der TU MĂŒnchen zĂ€hlen, 400.000 englischsprachige Tweets zu 37 unterschiedlichen Technologien und ĂŒber 4600 Finanzierungsentscheidungen von Risikokapitalgebern von 2008 bis 2017 untersucht. BerĂŒcksichtigt wurden insgesamt 4005 Unternehmen aus den USA mit einem Durchschnittsalter von fĂŒnf Jahren.
Wie es um die Stimmung eines Tweets beschaffen war, wurde mit dem regelbasierten Modell VADER (Kurzform fĂŒr "Valence Aware Dictionairy and sEntiment Reasoner") ermittelt, welches sowohl die Konnotation als auch IntensitĂ€t einer textlichen Aussage messen kann. "Das gibt uns einen objektiven Indikator, wie die Stimmungslage auf Twitter ist, also wie ĂŒber eine bestimmte Technologie ganz konkret gesprochen wird", erlĂ€utert Tumasjan. Die Bewertung eines Unternehmens wurde auf Basis des sogenannten Pre-Money-Unternehmenswertes (also vor Investition) evaluiert. Als erfolgreiche Investments zĂ€hlten hinterher solche, deren Unternehmen an die Börse gingen oder von Firmen ĂŒbernommen wurden.
Patente wichtiger als Tweets
Im Ergebnis erwies sich die Stimmung auf Twitter als wenig signifikant fĂŒr einen langfristigen Erfolg, wenngleich sie als Grundlage dafĂŒr dienen kann, die Risikokapital-Bewertung vorherzusagen. Ob ein Unternehmen akquiriert wird oder es an die Börse schafft, hatte wenig mit aufgeregtem Twittern zu tun â als aussagekrĂ€ftiger erwiesen sich hier traditionelle Patent-AntrĂ€ge. Diese signalisieren laut der Forscher nicht nur eine gute Bewertung, sondern auch einen wirtschaftlichen Gewinn auf lĂ€ngere Sicht.
Seine Social-Media-AnhĂ€ngerschaft zu vernachlĂ€ssigen, ist trotzdem nicht ratsam: NĂŒtzlich ist der Buzz durchaus, denn der Wert eines Start-ups wird dann oft höher eingeschĂ€tzt. Risikokapitalgeber lassen sich trotz der geringen Aussagekraft fĂŒr langfristigen Erfolg von Twitter-Meinungen hinreiĂen â auch dann, wenn sie schon erfahrener sind und weniger beeinflussbar sein sollten. Die Studien-Ergebnisse [2] wurden im Journal of Business Venturing veröffentlicht. (bsc [3])
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