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Hintergrund: So testet c't Fotografie Kommentare

Carsten Meyer

Um eine objektive Vergleichbarkeit von Digitalkameras und Objektiven zu ermöglichen, unterziehen wir die Testgeräte einem aufwendigen Labortest.

Unsere Testbilder der "c't Testszene" bilden die Grundlage für visuelle Beurteilungen, fließen aber in die Messwerte nicht ein. Nichtsdestotrotz ermöglichen sie auch dem Laien eine schnelle, überschlägige Beurteilung der Bildqualität einer Kamera. Wenn nicht anders angegeben, fotografieren wir den Testaufbau in den verschiedenen Empfindlichkeitsstufen ISO 100 bis zur höchsten Empfindlichkeit.

Bild 1 [250 x 166 Pixel @ 13,7 KB]

Die c't Testszene hat eine lange Tradition.

Die Bewertung erfolgt anhand des subjektiven Bildeindrucks am Monitor, jeweils zu Farbeindruck, Schärfe, Belichtung, Detailwiedergabe, Farbrauschen, Moirés, Blooming und Kompressionsartefakten. Die Testbild- Bewertungen beziehen sich stets auf die aktuelle Kamera-Generation und sind deshalb mit früheren Tests nicht unmittelbar zu vergleichen. Die in c't und im c't Fotografie abgedruckten Testbilder zeigen einen unbearbeiteten kleinen Ausschnitt der Testszene. Diese Abbildungen können auf Grund der geringen Größe und des verwendeten Tiefdruckverfahrens übrigens nur einen groben Anhaltspunkt für die zu erwartende Bildqualität der Geräte liefern.

Über ein Testbild, wie es in der ISO-Norm 14524 beschrieben ist, ermitteln wir mit Hilfe eines kreisförmig angeordneten Graustufenkeils die so genannte opto- elektronische Übertragungsfunktion OECF (Opto Electronic Conversion Function). Dieser hochtrabende Ausdruck bezeichnet die charakteristische Eigenschaft digitaler Kameras, Helligkeiten in digitale Werte im Bild umzusetzen. Die Kurve wird getrennt für alle drei Farbkanäle Rot, Grün und Blau bestimmt und liefert eine ganze Menge wichtiger Informationen. Eine solche Information ist der Dynamikumfang (auch als Objektkontrast bezeichnet). Er beschreibt den maximalen Kontrast in der aufgenommenen Szene, den die Kamera wiedergeben kann. Überschreitet der Kontrast in der Szene den Objektkontrast der Kamera – z.B. bei Sonnenschein und tiefen Schatten – so geht die sog. Zeichnung, also die Wiedergabe von Details, verloren. Man spricht davon, dass Lichter ausfressen oder die Schatten zulaufen. Mit diesem Problem haben auch Diafilme zu kämpfen, die es auf einen Umfang von etwa 8 Blendenstufen bringen. Der Negativfilm ist da wesentlich toleranter und kann Kontraste von bis zu 12 Blendenstufen aufzeichnen.

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Mit dem OECF-Chart werden Dynamik, Bildumfang, Empfindlichkeit, Weißableich und Signal-Rausch-Verhältniss bestimmt.

Ermittelt wird der Wert über die Differenz der Belichtung, die zur Sättigung führt und der Belichtung die benötigt wird um ein dunkles Graufeld zu erzeugen, bei dem die Bildstörungen (also das Rauschen) nur ein Drittel des Nutzsignals betragen. Gute Digitalkameras der heutigen Generation liegen bei etwa 10 Blendenstufen im Objektkontrast, was in dem meisten Situationen ausreichend ist [–-] vorausgesetzt, die Belichtung stimmt. Der Objektkontrast kann als Verhältnis der Lichtreflexion von der hellsten zu dunkelsten Stelle im Bild, in Dichten (der logarithmischen Angabe des Verhältnisses) oder in Blendenstufen (1 Blendenstufe = ca. 0,3 Dichten) angegeben werden. Für einen Objektkontrast von 1000:1 ergeben sich damit 3 Dichten oder 10 Blenden. Der in sehr alten c’t-Tests in Dichten angegebene Objektkontrast lässt sich durch Multiplikation mit 3.3 relativ einfach in die nunmehr angegebenen Blendenstufen umrechnen.

Mit diesem Chart werden Dynamik, Bildumfang, Empfindlichkeit, Weißableich und Signal-Rausch- Verhältnis bestimmt. Der Objektkontrast, den eine Kamera erfassen kann, wird prinzipiell mit höherer Empfindlichkeitseinstellung geringer. Aus diesem Grunde wird nun der mögliche Kontrast bei der geringsten einstellbaren Empfindlichkeit einer Kamera (oft ISO 100) und bei ISO 400 gemessen. In den Messwert- Tabellen finden Sie die Angabe für die geringstmögliche Empfindlichkeitseinstellung, größere Werte sind besser.

Der Bildumfang zeigt, wie viele der 256 Helligkeitsstufen in jedem 8-Bit- Farbkanal von den digitalen Kameras tatsächlich genutzt werden, wie gut also die interne Tonwertkorrektur die oft mit 12 oder 14 Bit Farbtiefe vorliegenden Sensor-Rohdaten auf die 256 RGB-Helligkeitsstufen abbildet. Die Daten werden ebenfalls aus der OECF gewonnen. Angegeben wird ein Wert für den Bildumfang in digitalen Stufen (Digitalwerten). Optimal sind 256 Stufen, bei weniger als 245 Stufen verschenkt die Kamera wertvollen Dynamik-Spielraum.

Das Signal-Rausch-Verhältnis (S/Nx) ist ein Maß für die Störungen ("Grieseln") im Bild, die durch interne Berechnungen und Effekte wie thermisches Rauschen hervorgerufen werden. Je höher das S/Nx, desto weniger Störungen sind im Bild sichtbar. Gemessen wird das S/Nx in Anlehnung an ISO 15739. Jeder Sensor in einer Digitalkamera produziert solche Störungen; allgemein lässt sich feststellen, dass kleinere Sensoren anfälliger für Rauschen sind als größere: Je mehr Licht ein Sensor sammeln und in Elektronen umwandeln kann, desto geringer fällt das statistische Rauschen aus. Kameras mit sehr großem Sensor (z.B. Vollformat, Mittelformat) schneiden hier deutlich besser ab.

Dabei gibt es grundsätzliche Zusammenhänge. Ein Bereich der Störungen ist das so genannte "fixed pattern noise". Es bezeichnet die Tatsache, dass jedes Pixel auf einem Sensor eine leicht andere Empfindlichkeit besitzt. Das führt dazu, dass eine einfarbig weiße Fläche nicht einfarbig weiß abfotografiert wird, sondern eine pixelige Struktur aufweist. Diese Unterschiede sollten von Kameraherstellern in der Kamera abgefangen werden, weil sie bei jeder Kamera zwar unterschiedlich, aber immer gleich sind. Sie werden über eine Weißkalibrierung intern korrigiert.

Eine weitere Quelle für die Störungen ist das thermische Rauschen. Dabei entstehen Ladungen nicht durch Lichteinfall wie gewünscht, sondern zufällig durch Temperatureinflüsse. Diese Störungen verdoppeln sich mit einem Temperaturanstieg von etwa 7°C. Je länger die Belichtungszeit ist, desto mehr dieser Störungen werden gesammelt. Die Bilder digitaler Kameras werden also um so besser, je kälter es ist und je kürzer die Belichtungszeit wird. Aus diesem Grunde wird im Testlabor die Temperatur immer auf 23°C +/- 2°C gehalten, um vergleichbare Bedingungen zu schaffen.

Auch durch die Farbberechnung zu RGB Bildern kann so genanntes Farbrauschen entstehen. All diese Rauscharten werden in dem Testbild erfasst und vom eigentlichen Bildinhalt getrennt und ausgewertet. Das Signal-Rausch- Verhältnis ist stark von der gewählten Empfindlichkeit abhängig; je größer die ISO- Einstellung, desto stärker wird das Rauschen im Vergleich zum Nutzsignal. Wir geben es daher für ISO 100, ISO 400 und die maximale ISO-Einstellung (oft ISO 1600) an.

Messtechnisch schlecht zu erfassen ist der Einfluss der kamerainternen Rauschunterdrückung. Manche Kompaktkameras glänzen zwar mit guten Rauschwerten bis in höhere Empfindlichkeitsstufen, bügeln hier aber auch feine Strukturen (Rasen, Haare) glatt – das Bild wirkt dann aquarellartig zugeschmiert. Gewichten Sie den S/Nx-Messwert deshalb immer bei gleichzeitiger Beobachtung der Auflösung für die jeweilige Empfindlichkeitssufe.

Dieser hochtrabende Fachbegriff bezeichnet einen durch das Objektiv verursachten Abbildungsfehler, der sich vor allem in den Randbereichen des Bildes durch farbige Schatten oder Ränder an starken Kontrasten bemerkbar macht. Wir messen die Breite der Farbränder in Pixel, kleinere Werte sind natürlich besser.

Damit ein Bild bei unterschiedlichen Lichtquellen neutral wirkt, muss in der Kamera ein Weißabgleich durchgeführt werden. Die Qualität des Abgleichs lässt sich über den Abstand der RGB-Werte in einer grauen Fläche bestimmen. Stimmen die drei Werte überein, so ist der Weißabgleich perfekt. Die Kamera muss unter Tageslichtbedingungen zeigen, was die Automatik kann. Messtechnisch wird der Weißabgleich bestimmt, indem der perfekt graue Keil des OECF-Testcharts aufgenommen und die RGB Werte der einzelnen Felder auf Farbunterschiede überprüft werden. Dabei kann es vorkommen, dass ein Grau mittlerer Helligkeit auch grau oder neutral wiedergegeben wird, ein helleres oder dunkleres Grau kann aber möglicherweise einen Farbstich aufweisen.

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Die Bestimmung der Grenzauflösung wird über ein Testchart mit 25 Siemenssternen ermittelt.

Das früher verwendete visuelle Auflösungs-Messverfahren über Testcharts mit so genannten Landolt-Ringen zeigte besonders bei jenen Kameras Schwächen, die übermäßige Bildschärfungen durchführen; außerdem war es in gewissen Grenzen von der "Tagesform" des Beurteilenden abhängig. Das aktuelle Testchart verwendet insgesamt 25 über das Bildfeld verteilte "Siemenssterne" mit sinusförmigem Helligkeitsverlauf und ermittelt mit Hilfe von Phasenshift- und Fit-Verfahren die Modulationsübertragungsfunktion MTF. Dabei wird über alle auslesbaren Frequenzen ermittelt, wie hoch der Kontrast von den dunkelsten zu den hellsten Bereichen ist. Dieses Verhältnis nimmt mit zunehmender Frequenz – also feineren Details – ab, bis die Details bei einem Kontrast von 10% nicht mehr erkennbar sind.

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Jeder der 9 Siemenssterne verwendet sinusförmige Hell-Dunkel-Übergänge.

Die Grenzfrequenz (Anzahl Linienpaare gerechnet auf die Bildhöhe) wird für acht Richtungen eines jeden Sterns errechnet und gemittelt. Über 25 Sterne auf vier unterschiedlichen Bildhöhen vermitteln diese Werte ein exaktes Bild von der Leistungsfähigkeit von Kamera und Objektiv. In der Messwert-Tabelle finden Sie ab jetzt getrennt aufgetragene Werte für die Bildmitte und gemittelte Werte für den Bildrand und die Bildecken. Das Verfahren weist zumindest für die Bildmitte eine ausreichende Übereinstimmung mit den bisher visuell ermittelten Werten auf, so dass die Auflösungswerte mit älteren Tests größenordnungsmäßig vergleichbar bleiben.

Nicht nur bei Consumer-Kameras mit mäßigen Objektiven gibt es das Problem, dass eine einheitlich graue Fläche in den Ecken dunkle Ränder bekommt. Zur Messung der Randabschattung wird ein Milchglas über die Spezialbeleuchtung, einer "Ulbrichtschen Kugel", extrem gleichmäßig ausleuchtet. Bei Kameras mit Zoomobjektiven wird die Vignettierung bei drei Brennweiten in Unendlich-Stellung an jeweils 1200 Stellen im Bild gemessen und als Mittelwert ausgeben.

An einem Rechteckgitter lässt sich präzise die TV-Verzeichnung bestimmen.

An einem Rechteckgitter lässt sich präzise die TV-Verzeichnung bestimmen.

Verzeichnung bedeutet die Neigung eines Objektivs, gerade Linien bsonders an den Bildrändern verkrümmt abzubilden. Auch ein Rechteckmuster bleibt kein Rechteck, sondern bekommt eine tonnen- oder kissenförmige Struktur. Angegeben wird die Stärke dieses Effektes über das Verhältnis der Durchbiegung einer Linie am Bildrand in Verhältnis zur gesamten Bildhöhe. Diese Art der Angabe wird auch als TV-Verzeichnung bezeichnet. Ermittelt wird dieser Wert bei Zoom-Objektiven in beiden Brennweiten-Endstellungen.

Ergibt sich gerade eine spannende Situation, die darauf drängt festgehalten zu werden, so ist es störend, wenn die Digitalkamera 30 Sekunden braucht, bis sie einsatzbereit ist. Die Zeit, die vergeht bis eine Kamera einsatzbereit ist, lässt sich aus dem zeitlichen Verlauf des Stromverbrauchs ermitteln.

Die Auslöseverzögerung wird mittels eines kalibrierten LED-Lauflichts ermittelt. Nachdem die Kamera vorher auf unendlich fokussiert wurde, startet ein Leuchtpunkt auf einem Feld von 10 × 10 Leuchtdioden mit dem Drücken des Auslösers und wandert jede hundertstel Sekunde um eine LED weiter. Anhand der gerade aufleuchtenden LED lässt sich im geschossenen Bild die Auslöseverzögerung einschließlich Fokussierung ablesen. Da die Fokussierzeit stark von der Zoom-Stellung bzw. der Brennweite abhängen kann, geben wir zwei Werte für Weitwinkel- und Telestellung an.

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Eine Tafel mit sequentiell aufleuchtenden LEDs dient zur Bestimmung der Auslöseverzögerung.

Wie schnell eine Kamera nach einer Aufnahme wieder einsatzbereit ist, kann relativ einfach gemessen werden. Dazu wird die Kamera so schnell wie möglich hintereinader ausgelöst und die Zahl der Bilder über die Zeit ermittelt. (ssi [1])


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