Tiefsee: Unter dem Horizont

Unter dem ewigen Eis der Pole und in der Tiefsee liegen die letzten weißen Flecken der Erde. Nun sollen autonome Roboter und autarke Meereslabore die Geheimnisse lüften.

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Von
  • Jan Berndorff
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Welcher ist der größte einzelne Vulkan der Erde? Mauna Loa, Hawaii, würden Kenner antworten: Über 5000 Quadratkilometer erstrecken sich seine Hänge; inklusive des Teils unter Wasser ragt er vom Fuß bis zum Gipfel 17 Kilometer hoch. Doch seit Kurzem ist klar: Diese Antwort ist falsch. Der größte Einzelvulkan liegt im nordwestlichen Pazifik, 1600 Kilometer östlich von Japan. Das sogenannte Tamu-Massiv ist zwar nur 4,4 Kilometer hoch, seine Hänge erstrecken sich jedoch über 300000 Quadratkilometer.

Entdeckt wurde Tamu erst 2013, als Geophysiker seismische Daten des US-Forschungsschiffs "Marcus G. Langseth" analysierten. Zuvor hatte niemand eine Ahnung von diesem Giganten. Denn selbst sein Gipfel liegt noch fast zwei Kilometer unter der Meeresoberfläche. Tamu ist ein erloschener Tiefseevulkan. Und nur eine der vielen unglaublichen Entdeckungen, die Forscher in den vergangenen Jahren am Grund der Weltmeere gemacht haben. "Bis heute sind weniger als zehn Prozent der Unterwasserlandschaften erkundet", sagt Jan Erik Arndt, Geophysiker am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Das so gern zitierte Statement, wir wüssten mehr über die Rückseite des Mondes als über den Boden unserer Meere, ist wahr, beteuern auch andere Forscher.

"Doch mit modernen Methoden können wir diese weißen Flecken nun erschließen", verspricht Laurenz Thomsen, Direktor des Ocean Lab an der Jacobs University in Bremen. "Da unten tun sich völlig neue Welten auf." Ähnlich wie man mit robotischen Missionen ferne Planeten und Monde erkundet, soll nun die Tiefsee erschlossen werden. Elektrotechnik, Navigation, Telekommunikation, Materialwissenschaften, Robotik – in all diesen Disziplinen wurden in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht.

Ingenieure und Wissenschaftler arbeiten zum Beispiel an autonomen Tauchrobotern und ganzen Netzwerken aus Observatorien. So entwickelte das Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ein autarkes Tiefsee-Observatorium. Das Modular Deap Sea Laboratory kann im Meer versenkt werden und über Monate hinweg den Boden erforschen. Und es ist nur eines von vielen Beispielen. "Uns steht ein regelrechter Quantensprung in der Meeresforschung bevor", sagt Gerd Holbach, Leiter des Fachgebiets Entwurf und Betrieb Maritimer Systeme an der Technischen Universität Berlin. Experten verstehen unter der Tiefsee jene Meeresregionen, die tiefer als 200 Meter liegen, in denen absolute Dunkelheit herrscht und kein pflanzliches Leben mehr möglich ist.

Welchen Sinn ihre Erforschung hat, zeigt das von 30 Nationen seit 15 Jahren betriebene Argo-System. Der Verbund besteht aus aktuell gut 3700 autonomen Forschungsbojen, die über alle Weltmeere verteilt sind. Sie sammeln Daten zu Wassertemperatur, Salzgehalt, Dichte und Druck in der Wassersäule. Dazu tauchen die Messroboter an ihrem Standort regelmäßig auf 2000 Meter Tiefe ab und anschließend wieder auf, um die Daten per Satellit in die Leitzentrale zu funken.

Argo-Daten dienen unter anderem dem Weltklimarat zur Erstellung seiner Berichte. Sie haben zum Beispiel gezeigt, warum sich die Erdatmosphäre zwischen 2007 und 2013 nur wenig erwärmte, obwohl die CO2-Emissionen weiterhin gestiegen waren. Skeptiker nutzten die Tatsache, um den Zusammenhang zwischen Kohlendioxid-Anstieg und Klimawandel anzuzweifeln. In Wahrheit jedoch haben die Ozeane die vermeintlich fehlende Wärme gespeichert und sich in dieser Zeit stärker aufgeheizt als sonst. So stimmt die Gleichung wieder, wie Meeresforscher um Dean Roemmich von der Scripps Institution of Oceanography im kalifornischen San Diego in einer im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlichten Studie nachgewiesen haben.

Die neue Ära der Tiefseeforschung kann also helfen, die Klimamodelle zu verbessern, aber auch unser Verständnis von Meeresströmungen oder Phänomenen wie El Niño und Tsunamis. Die Forscher wollen auch mehr über die Lebensräume dort unten lernen – ihre Strukturen, Vielfalt und Ökologie. In der Tiefe dürften noch unzählige unbekannte Lebewesen existieren, die für die Artenvielfalt und das ökologische Gleichgewicht der Meere wichtig sind.

Im Nordwestatlantik, gut 100 Seemeilen südöstlich der Halbinsel Cape Cod, beispielsweise haben Forscher eine abwechslungsreiche Landschaft aus Seebergen und Schluchten entdeckt, die unzählige seltene Tier- und Pflanzenarten beherbergt – darunter Seeschildkröten, Wale und diverse bedrohte Fischspezies. Im September 2016 hat US-Präsident Barack Obama die Region zum ersten "marinen Nationalmonument" der USA in den Weltmeeren deklariert.

Gleichzeitig aber dürfte die neue Ära der Tiefseeforschung die nächste Welle der Rohstoffsuche einläuten. Denn die Tiefsee weckt immense Begehrlichkeiten: Schon heute ist klar, dass dort große Vorkommen an wertvollen Rohstoffen wie Mineralien, Edelmetalle und sogenannte seltene Erden liegen. Ab 2019 will etwa die kanadische Firma Nautilus Minerals vor Papua-Neuguinea Kupfer, Gold und Silber abbauen. Mit der Vermessung des Meeresbodens wird immer deutlicher, wie groß der Schatz wirklich ist.

Die Forscher sind sich dieser Zweischneidigkeit bewusst. Sie hoffen auf genug Zeit, um die ökologischen Schätze zu sichten, bevor der Abbau von mineralischen Rohstoffen beginnt. "Um die Risiken des Tiefsee-Bergbaus zu zeigen und sicherstellen zu können, dass er einigermaßen umweltverträglich geschieht, müssen wir erkunden, was da unten so alles lebt und wie groß die Lebensräume von Tiefseetieren sind", sagt Antje Boetius, Meeresbiologin an der Universität Bremen.

Gutes Kartenmaterial ist dafür unerlässlich. Die Organisation GEBCO (General Bathymetric Chart of the Oceans), ein internationaler Zusammenschluss von Geowissenschaftlern und Hydrografen, hat sich daher im Juni 2016 vorgenommen, bis 2030 den gesamten Meeresgrund hochauflösend zu kartieren. Moderne Fächerecholote tasten per Schall ganze Streifen des Untergrunds auf einmal ab – in Tiefen von mehreren Kilometern auf den Meter genau.

In den weiten Tiefsee-Ebenen mag der Grund der Meere trostlos und leer wirken. Doch wer genau hinsieht, entdeckt einzigartige Lebensräume – so wie das deutsche Team an Bord des Forschungsschiffs "Maria S. Merian" 2012. Die Wissenschaftler waren vor der Küste Mexikos unterwegs, als sie mit dem Echolot ein Korallenriff in 500 bis 600 Metern Tiefe orteten. Man kennt Korallen vor allem aus tropischen Flachgewässern mit viel Licht und Wärme. "Doch dort unten ist es stockfinster und viel kälter", sagt Expeditionsleiter Dierk Hebbeln, Geologe am Zentrum für Marine Umweltwissenschaften in Bremen. "Trotzdem stehen die Riffe in Farbenpracht und Artenvielfalt den tropischen Riffen in nichts nach." Die Neuentdeckung erstreckt sich über mehr als 40 Quadratkilometer und ist damit eines der größten bekannten Kaltwasserriffe. "Wir haben es mit einem Tauchroboter untersucht und stießen auf bis zu 50 Meter hohe, teils über tausend Meter lange Hügel, auf denen regelrechte Korallendickichte lagen.

Darin tummelten sich Dornenkrabben, Seeigel, Seesterne, Seelilien und Schnecken." Ein weiteres Beispiel sind Schlote im Kaimangraben zwischen Kuba und Jamaika, 5000 Meter unter der Wasseroberfläche. Wie britische Wissenschaftler Anfang des Jahres berichteten, tritt aus ihnen 200 Grad heißer Talk aus, ein gipsartiges Mineral, das schneeweiße, haushohe Skulpturen formt. Zuvor kannte man lediglich sogenannte Schwarze Raucher, eine andere Art heißer Tiefseequellen. Sie liegen vornehmlich entlang der mittelozeanischen Rücken, spucken Minerale und Metalle aus und dienen vielen skurrilen Wesen als Lebensraum. "In dieser neuen Schlotregion sind die Mineralien und die Chemie völlig anders", sagt Studienleiter Matthew Hodgkinson von der University of Southampton. Nun wollen die Forscher untersuchen, ob sich dort auch neue tierische Lebensformen entwickelt haben.

Bislang hängen die Tauchroboter bei der Erkundung solcher Strukturen meist am Kabel. So lassen sie sich steuern und mit Energie versorgen, so übertragen sie Bilder und Daten. Allerdings fehlt es den Geräten damit oft an Bewegungsfreiheit. Das Kabel, mitunter kilometerlang, hindert die Remotely Operated Vehicles, kurz ROVs, in ein Wrack oder unter Packeis zu fahren.

Die Kabel der neuesten ROV-Generation sind daher nur noch haardünne Glasfasern. Die Energie stammt aus fahrzeugeigenen Batterien. Welche Möglichkeiten sich damit auftun, zeigt das "Nereid Under Ice Vehicle" (NUI) der amerikanischen Woods Hole Oceanographic Institution. Das rund drei Millionen US-Dollar teure Gerät stellt einen Zwischenschritt zum völlig autonomen Unterwassergefährt dar. Er hängt zwar am Glasfaserkabel, funktioniert in begrenztem Umfang aber auch ohne.

In diesem Fall kann es selbstständig nach programmierten Abläufen arbeiten. "Die sogenannten Hybrid-ROVs sind toll für die Erkundung schwieriger Regionen wie Tiefseegräben oder eisbedeckter Ozeane", meint Boetius, die schon an vielen Tiefseemissionen beteiligt war. Getestet wird NUI derzeit auf dem Eisbrecher "Polarstern" in Kooperation mit dem Alfred-Wegener-Institut, für das Boetius als Fahrtleiterin in der Arktis unterwegs ist. "Wir setzen NUI wechselweise autonom oder am Glasfaserkabel aus und steuern ihn vom Schiff aus. NUI taucht unter das Eis und orientiert sich allein weiter." Dabei gibt der Tauchroboter regelmäßig Statusmeldungen durch ein akustisches Signal ab. Töne sind im Gegensatz zu Radiosignalen unter Wasser kilometerweit zu empfangen.

NUI führt ein ganzes Arsenal an Kameras und Sensoren für Messungen mit sich. So kann er auch von unten die Stärke der Eisdecke ermitteln: "Allein seit 2012 ist die durchschnittliche Dicke des arktischen Eises von zwei auf unter einen Meter geschrumpft", sagt Boetius. "Das ist nicht nur ein deutliches Anzeichen der Klimaerwärmung, sondern geht auch einher mit Änderungen des Ökosystems insgesamt: Das Eis schmilzt viel schneller als berechnet, und die Meereisbewohner müssen sich anpassen." Es sei unklar, was dies für den Bewuchs von Eisalgen an der Unterseite der Schollen bedeute, die eine wichtige Grundlage der Nahrungskette in polaren Gewässern darstellen.

Aber auch Roboter wie NUI stoßen schnell an Grenzen: Weder können sie große Distanzen zurücklegen noch Wochen oder sogar Monate auf Tauchstation bleiben. Beides aber wäre für den gigantischen Lebensraum Tiefsee nützlich. Deshalb sollen nun völlig autonome Tauchroboter folgen (auch "Autonomous Underwater Vehicle" oder AUV genannt). Bereits heute existieren AUVs, die von verankerten Meeresobservatorien Daten abholen oder Fotoserien am Meeresboden aufnehmen können.

Nun wollen Ingenieure ihren Radius deutlich erweitern. Wieder soll NUI Pionierarbeit leisten. Ein Traum der Polarforscher ist es, ihn unter das dicke antarktische Eis in die unbekannten Schelfregionen zu schicken – eine mehrere Hundert Kilometer lange Strecke. Auf dem Weg soll er großflächig Beobachtungen anstellen, aber auch gezielt Proben entnehmen. "Wir müssen verstehen, wie schnell sich Gletscherzungen bewegen, welche Spuren sie hinterlassen und unter welchen Umständen sie abbrechen", sagt Boetius. "Das Brechen und Schmelzen großer Gletschermassen trägt erheblich zum Anstieg des Meeresspiegels bei."

Dafür brauchen Roboter noch bessere Batterien. Dass eine Energieversorgung aber selbst für derart ausgedehnte Streifzüge möglich ist, zeigt Tethys des Monterey Bay Aquarium Research Institute in Kalifornien. Dank hoch effizienter Batterien und schlankem, torpedoartigem Design kommt die Meeresdrohne mit einer Aufladung bis zu 1000 Kilometer weit.

Die Vision der Forscher geht aber noch darüber hinaus: Sie wollen den Meeresboden genauso erkunden wie den Mars – mit Rovern, die mindestens ein Jahr nahezu selbstständig unterwegs sind. Um die Pläne Wirklichkeit werden zu lassen, haben sich 16 führende Forschungsinstitute Deutschlands zusammengeschlossen – darunter neben den bislang genannten auch einige Institute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Der Name der Allianz könnte nicht treffender sein: Robex, Abkürzung für Robotische Exploration unter Extrembedingungen.

Zu den Projekten gehören die Kettenfahrzeuge Tramper, Wally und Viator, die tatsächlich Marsrovern ähneln. Sie können mit verschiedensten Instrumenten ausgestattet werden und rund zwölf Monate selbstständig unterwegs sein – in bis zu sechs Kilometern Tiefe. Für die Maschinen sind die Bedingungen dort genauso unfreundlich wie auf dem Mars. Um dem aggressiven Salzwasser zu trotzen, sind sie vollständig aus Titan und Kunststoff gefertigt. Und weil der immense Druck eine luftgefüllte Kammer kollabieren ließe, werden die Bauteile komplett mit Spezialharz vergossen.

Wally etwa ist gerade am kanadischen Tiefseeobservatorium Neptun im Testeinsatz, das sich westlich von Vancouver Island im Pazifik befindet. Neptun besteht aus mehreren Tiefseelaboren in 25 bis 3000 Metern Tiefe. Insgesamt verfügt das Observatorium über Hunderte Mess- und Beobachtungsapparaturen sowie mobile Einheiten. Alle sind über ein 840 Kilometer langes Glasfaserkabel miteinander und mit der Landstation an der Südspitze von Vancouver Island verbunden. Zusätzlich ist das Netzwerk ans Internet angeschlossen. "Ich sitze hier in Bremen in meinem Büro, logge mich ein und kann ganz gemütlich aus 8500 Kilometern Entfernung Wally bei der Arbeit am Meeresboden steuern", erzählt der Ozeanograf Laurenz Thomsen von der Jacobs University, die zur Robex-Allianz gehört.

Das Neptun-Observatorium gehört zu einem noch größeren Verbund, der amerikanischen Ocean Observatory Initiative (OOI). Es ist das wohl am weitesten fortgeschrittene robotische Tiefsee-Netzwerk der Welt: Seine insgesamt sieben Observatorien sind rund um den amerikanischen Kontinent verteilt. Sie vermessen die Bewegung der Erdplatten und beobachten Ausbrüche von Tiefseevulkanen. Sie prüfen, welche Vorgänge zu Tsunamis führen und wie Klimaveränderungen die Meeresströmungen und die Häufigkeit verheerender Stürme verändern. Sie dokumentieren den Stoffaustausch zwischen Atmosphäre, Meer und Meeresboden. Und sie schauen nach, welche Lebewesen es dort unten gibt. Installiert sind die Sensoren an den Bodenstationen, aber auch an Tiefseekabeln, AUVs und Schlitten, die auf vorgegebener Strecke hin- und herfahren.

Fast eine halbe Milliarde Dollar haben die Amerikaner bereits in die Initiative gesteckt. Jedes Jahr kommen rund 55 Millionen dazu. "Das Projekt ist unseren in Europa um fünf bis zehn Jahre voraus", sagt Laurenz Thomsen. "Ich kann dort meine Daten mit denen anderer Forscher koppeln. Wenn die Kollegen zum Beispiel ein Erdbeben messen, erfahre ich davon und kann schauen, ob Wally erhöhte Methanemissionen feststellt, die damit zusammenhängen. Alle Partner sind miteinander vernetzt, die Kooperation ist tiefgreifender, als ich das sonst kenne."

Künftig soll die Vernetzung noch viel weiter gehen. Im Projekt SMIS (Subsea Monitoringvia Intelligent Swarms) etwa haben Forscher mehrerer deutscher Universitäten und Offshore-Firmen ein System für Roboterschwärme entwickelt. Es besteht aus einem unbemannten Oberflächenfahrzeug, einer Tiefseebodenstation und vorerst bis zu vier AUVs, die per Schwarmintelligenz zusammenarbeiten: Während ein AUV den Meeresboden grob scannt, nimmt ein anderer bereits einzelne entdeckte Strukturen unter die Lupe. Um Energie zu tanken und die Daten zu sichern, docken die Roboter an der Bodenstation an. Alle Schwarmteilnehmer sind über akustische Netzwerkkommunikation miteinander verbunden, vom Oberflächenfahrzeug werden die Daten an die Leitzentrale gefunkt.

"SMIS ist im Prinzip einsatzbereit", sagt Gerd Holbach von der TU Berlin, dessen Institut an der Entwicklung beteiligt ist. "Jetzt müssen die Industriepartner nur noch Aufträge hereinholen." Gedacht ist neben wissenschaftlicher Forschung etwa an die Erkundung von Rohstofflagerstätten, die Suche nach Wracks sowie die Inspektion von Kabel- und Pipeline-Trassen oder von Windrad-Fundamenten vor der Küste.

Wobei ein Schwarm von vier Robotern keineswegs das Ende der Möglichkeiten bedeutet. Das "Subcultron"-Projekt unter Federführung der Universität Graz plant ein System mit 150 mobilen Einheiten. "Wir wollen den größten Roboter-Unterwasserschwarm der Welt schaffen", sagt Projektleiter Thomas Schmickl, Zoologe und Experte für künstliche Schwarmintelligenz.

Er soll aus "Muschel"-Einheiten und "Fisch"-Einheiten bestehen: Beide sammeln Daten zur Wasserqualität wie Temperatur, Strömung, messen Konzentration diverser Stoffe, Schwebepartikel und so weiter – die Fische mobil, die Muscheln stationär. Die Fische tragen diese Daten von Muschel zu Muschel, um gemeinsame Schwarmentscheidungen zu treffen – etwa wohin man sich ausbreiten möchte. Ab und zu tauchen die Muscheln auf und übertragen die Daten per Satellit. Dabei sollen sie an "Seerosen"-Einheiten andocken – schwimmende Solarpaneele für die Energieversorgung.

Für Einsätze in der Tiefsee denkt Schmickl an eine Energieversorgung über bakterienbetriebene Brennstoffzellen. "Die Bakterien könnten sich von Schmutzpartikeln ernähren und gleichzeitig sogar das Meer säubern." Auch bei der Suche nach außerirdischem Leben, etwa auf den Eismonden Jupiters, könnte das System eingesetzt werden. Doch bis dahin ist noch einiges an Entwicklungsarbeit nötig. Trotzdem: Die Zukunft in der Tiefseeforschung hat bereits begonnen. Und sie gehört – genauso wie in der Raumfahrt – den Robotern.

(bsc)