Trump und die Kohle

Der Präsident hat das US-Energieministerium angewiesen, die Schließung von alten Kraftwerken zu verhindern. Experten sehen kaum eine rechtliche Grundlage dafür – und erwarten auch sonst Probleme.

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Von
  • James Temple
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Anfang Juni hat US-Präsident Trump sein Energieministerium angewiesen, sofort Maßnahmen zu ergreifen, um die Schließung von Kohle- und Kernkraftwerken zu verhindern. Diese dramatische Intervention wird die Energiemärkte verzerren, die Kosten für Verbraucher steigen lassen und rechtliche Probleme verursachen.

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Die Details der Anweisung waren zunächst unklar. Offenbar will das Ministerium aber die Netzbetreiber zwingen, zwei Jahre lang Strom von einer konkreten Liste mit Kraftwerken zu kaufen – angeblich, um Netzsicherheit und -stabilität zu gewährleisten, wie aus einem von Bloomberg zitierten Memo hervorgeht. Für die Betreiber von Kohle- und Kernkraftwerken wird es angesichts wachsender Konkurrenz durch Erdgas-, Wind- und Solarkraftwerke immer schwieriger, wirtschaftlich zu arbeiten.

Die vollen Auswirkungen der Maßnahmen werden davon abhängen, wie viele Kraftwerke auf die Liste kommen, was noch offen ist. Doch wenn man Netzbetreiber dazu zwingt, Strom von teureren Quellen zu kaufen, steigen die Kosten des Gesamtsystems; das wiederum geht zulasten von Privat- und Geschäftskunden, sagt Joshua Rhodes, Energieforscher am Energy Institute der University of Texas in Austin. Außerdem untergrabe es die Wirtschaftlichkeit von ansonsten konkurrenzfähigeren Kraftwerken, was die Profitabilität von erneuerbaren Energiequellen verringern und den Bau weiterer Anlagen verhindern könne.

„Es sorgt dafür, dass ältere, weniger effiziente Anlagen in Betrieb bleiben, von denen der Markt sagt, dass sie nicht mehr gebraucht werden“, erklärt Rhodes.

Die angegebene Begründung für die Anweisung ist eine leicht durchschaubare Ausrede für das wahre Ziel von Trump, die strauchelnde Kohle-Industrie in den USA aufzupäppeln, wie er es in seinem Wahlkampf und hinterher versprochen hat. Denn laut einem Bericht von Mitarbeitern des Ministeriums geht es bei der Netzstabilität voran, und sowohl Kern- als auch Kohlekraftwerke mussten im vergangenen Jahr bei extremen Wetterlagen abgeschaltet werden.

Trumps Entscheidung folgt auf frühere Versuche seiner Regierung, den Kohle-Sektor mit dem Vorschlag für eine Regel der Federal Energy Regulatory Commission zu stärken, der von der Behörde im Januar zurückgewiesen wurde.

Bei dem neuen Versuch scheint sich die Regierung auf ihre Zuständigkeit nach einer Reihe von Gesetzen zu berufen, unter anderem dem Defense Production Act, der sicherstellen soll, dass auch in Kriegszeiten Ressourcen für die Landesverteidigung zur Verfügung stehen.

„Sie argumentieren, dass das Ganze größer ist als die Summe seiner Teile; implizit wird damit eingeräumt, dass es kein Gesetz gibt, das dem Ministerium das erlauben würde“, sagt Ari Peskoe, Leiter des Electricity Law Institute an der Harvard University. „Die rechtliche Grundlage für die Initiative ist dünn.“

Laut Peskoe werden konkurrierende Stromproduzenten, Branchenverbände und Umweltschutz-Organisationen gegen die Anweisung vorgehen, sowohl bei der Federal Energy Regulatory Commission als auch vor Gerichten.

Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis eine breite Koalition aus Energie-Unternehmen die Entscheidung kritisierte. Todd Snitchler vom American Petroleum Institute bezeichnete den Plan der Regierung als „beispiellos und fehlgeleitet“.

(sma)