Typisch deutsches Digitaldesaster: Die Online-Autozulassung i-Kfz

Jahrelang entwickelt, kaum genutzt und viel Streit: Das Beispiel i-Kfz zeigt, warum die Digitalisierung in Deutschland so schleppend verläuft.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 469 Kommentare lesen
, Thorsten Hübner

(Bild: Thorsten Hübner)

Lesezeit: 15 Min.
Inhaltsverzeichnis

Als Chef der FDP-Fraktion im Bundestag setzt sich Christian Dürr laut seiner Homepage für einen digitalen, modernen Staat ein. Mitte Februar 2023 vermeldete er auf Twitter einen Etappensieg: "Ab September wird die Kfz-Zulassung endlich auch digital möglich sein."

Was Dürr offenbar nicht wusste, und worauf ihn ein anderer Twitter-Nutzer umgehend hinwies: In Deutschland gibt es die Onlinezulassung schon seit Oktober 2019. Im September 2023 will Dürrs Parteifreund und Verkehrsminister Volker Wissing das i-Kfz genannte Verfahren lediglich vereinfachen sowie für Unternehmen wie Autohändler und -hersteller öffnen.

Mitte Februar kündigt FDP-Fraktionschef Christian Dürr auf Twitter die digitale Kfz-Zulassung an – dabei gibt es diesen Onlinedienst schon seit 2019.

Der Lapsus des FDP-Fraktionschefs lenkt den Blick auf ein Projekt, das mustergültig zeigt, warum hierzulande die Digitalisierung von Behördenabläufen so unglaublich langsam voranschreitet: An der digitalen Autozulassung arbeiten Politik und Verwaltung seit über 15 Jahren. Bund, Länder und Kommunen haben sich zerstritten und zusammengerauft, Termine versprochen und verschoben, Sicherheitsanforderungen entschärft und wieder verschärft. Nun existiert der Onlinedienst zwar, aber kaum jemand kennt ihn. Und wer ihn kennt, nutzt ihn noch lange nicht.

c't kompakt
  • Schon seit dem Jahr 2006 arbeiten Bund und Länder an der Online-Kfz-Zulassung. Doch erst 2019 startete dieser Dienst nach diversen Auseinandersetzungen und Verzögerungen.
  • Bislang werden die i-Kfz-Dienste kaum genutzt, 2021 lag Digitalquote bei 0,6 Prozent. Als Hauptgrund dafür gilt der E-Perso.
  • Ab September will das Bundesverkehrsministerium die Nutzungsquote hochtreiben, unter anderem durch einfachere Abläufe und eine Alternative zum E-Perso. Doch auch um diese Pläne gibt es Streit.

Ablesen lässt sich das Problem an der Nutzungsquote. Im Jahr 2021 verzeichnete das Kraftfahrt-Bundesamt rund 20 Millionen Zulassungsvorgänge, Außerbetriebsetzungen und Adressänderungen durch Privatleute. Nur 120.000 dieser Anträge erreichten die Behörden über i-Kfz, in den restlichen Fällen erschienen die Menschen persönlich auf der Zulassungsstelle ihrer Kommune. Die Onlinequote lag also bei 0,6 Prozent.

Dabei spricht auf den ersten Blick alles für i-Kfz. Die Zulassungsstellen vieler Städte sind überlastet, mancherorts warten Bürger wochenlang auf einen Termin. Immer wieder berichten Lokalzeitungen über Chaos auf den Ämtern: In Stuttgart kollabierte im vergangenen Sommer ein Mann nach stundenlangem Warten. In Berlin verurteilte im Herbst ein Gericht einen Behördenmitarbeiter, der Anträge gegen Schmiergeld vorgezogen hatte.

Dennoch setzt i-Kfz sich nicht durch. Anstelle der Onlinedienste der Behörden nutzen viele Menschen lieber die Angebote privater Zulassungsdienstleister wie Kroschke. Dabei füllt der Nutzer einen Onlineantrag des Dienstleisters aus und schickt Papierdokumente wie Vollmacht und Ausweiskopie per Post hinterher oder lässt sie abholen. Ein Mitarbeiter des Unternehmens geht dann stellvertretend für den Kunden zur Zulassungsstelle. Kostenpunkt: 100 bis 200 Euro je nach Anbieter und Verfahren. Über i-Kfz kostet die Zulassung bloß 27,90 Euro.

Was also läuft schief bei i-Kfz? Wer das beantworten will, muss weit zurückblicken. Am 22. Juni 2006 beschließen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Länder einen "Aktionsplan Deutschland-Online" und stellen darin eine Online-Kfz-Zulassung in Aussicht. Hamburg soll das Projekt im Auftrag des Bundes und der anderen Länder vorantreiben. Ein Jahr später nennt der Hamburger Senat gegenüber dem Handelsblatt ein Zieldatum: Spätestens 2013 werde die Fahrt zum Amt überflüssig.

Der 149 Euro teure Zulassungsservice der Firma Kroschke heimst viele gute Bewertungen ein. Dabei kostet die Onlinezulassung über i-Kfz bloß 27,90 Euro.

Im April 2009 liefert Hamburg ein "Feinkonzept" bei der Verkehrsministerkonferenz ab. Darin schlagen die Beamten ein zweistufiges Vorgehen vor: In der ersten Stufe ab 2010 soll ein Onlineantrag möglich sein, die Behörden sollen aber Dokumente wie die Zulassungsbescheinigung weiterhin auf Papier ausstellen. Stufe 2 soll ab 2013 zünden und den "Dokumententransport von und zum Bürger mittelfristig auf elektronische Datenübermittlung" umstellen.

Stufe 1 lässt sich relativ leicht umsetzen, ist aber nicht sonderlich nutzerfreundlich. Denn in diesem Szenario können Bürger nach Absenden des Onlineantrags nicht sofort losfahren. Sie müssen warten, bis die Behörde die Zulassungsdokumente sowie die Klebeplaketten für die Kennzeichen ausgedruckt und ihnen per Post zugeschickt hat. Wer persönlich zur Behörde geht, kann Dokumente und Plaketten sofort mit nach Hause nehmen, Schilder kaufen und Gas geben.

Zögerlicher Anfang: Im Jahr 2015 feiern Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) auf der CeBIT den Start von i-Kfz. Damals geht allerdings nur die Außerbetriebsetzung online, die Neuzulassung folgt erst 2019.

(Bild: Henning Schacht)

Dass nur die Anträge digitalisiert werden, ist bis heute symptomatisch für E-Government in Deutschland. Auch das 2017 erlassene Onlinezugangsgesetz schreibt Behörden lediglich vor, Formulare ins Internet zu stellen – ansonsten darf alles bleiben, wie es ist. Und das tut es häufig auch.

Den von Hamburg versprochenen Starttermin verpassen Bund und Länder trotzdem. Bis 2013 laufen lediglich Pilotprojekte in ein paar Städten und Kreisen. Später drosselt das Bundesverkehrsministerium das Tempo noch weiter und entscheidet, in Stufe 1 nur die Online-Außerbetriebsetzung von Fahrzeugen zu ermöglichen. Die rechtlichen Voraussetzungen für diesen zaghaften ersten Schritt schafft der Bund erst 2013. Und erst 2015 geht der Dienst online.

Mehr zum Thema Digitalisierung in Deutschland

Zunächst entfacht die neue Fahrzeug-Zulassungsverordnung aber Streit zwischen dem Bund und den Kommunen. Vorgesehen ist ein zentraler i-Kfz-Onlinedienst des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) für alle Bundesbürger. Dieser soll die Antragsdaten an die Kommunen weiterleiten, die laut Grundgesetz für den Vollzug der Kfz-Zulassung zuständig sind.

Gegen den zentralen Onlinedienst laufen Vertreter der Kommunen – der Landkreistag und der Städtetag – Sturm. Da die Software der eigentlich zuständigen Kommunen im Hintergrund bleibe, sei für den Antragsteller "nicht mehr zweifelsfrei erkennbar", mit welcher staatlichen Ebene er es eigentlich zu tun habe, schreibt der Landkreistag an Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Das sei mit dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten "Grundsatz der Verantwortungsklarheit" kaum zu vereinen.

Das vereinfachte Schema zeigt, welche Akteure bei der Zulassung von Fahrzeugen miteinander kommunizieren. Die i-Kfz-Portale der Kommunen sind mit dem Kraftfahrt-Bundesamt vernetzt, das wiederum Daten mit dem Gesamtverband der Versicherer und mit dem Zoll austauscht.

Darüber hinaus beeinträchtige der zentrale Onlinedienst des KBA die "Auslastung und Wirtschaftlichkeit" der E-Government-Angebote der Kommunen, schreibt der Landkreistag. Ein weiteres Argument lautet, dass Wartungsarbeiten und technische Probleme beim KBA alle Zulassungsbehörden bundesweit treffen würden.

Ramsauers Nachfolger Alexander Dobrindt (CSU) rudert daraufhin zurück: Er entscheidet, das KBA-Portal zum Start der zweiten Stufe von i-Kfz im Jahr 2017 wieder abzuschalten. Fortan soll es nur noch kommunale i-Kfz-Portale geben. Das bedeutet: Über 400 Landkreise und kreisfreie Städte müssen sich selbst kümmern. Jeder einzelne Kreis und jede einzelne Stadt muss Software beschaffen, Datenschutzfragen klären, Mitarbeiter schulen und die Anwendungen hosten oder Dienstleister damit beauftragen.

Die Dezentralisierung bremst i-Kfz noch weiter aus. Das Bundesverkehrsministerium legt mit seinen Verordnungen zwar nur ein geringes Tempo vor, doch die Kommunen kommen trotzdem nicht hinterher. 2017 startet das Ministerium die zweite i-Kfz-Stufe mit der Wiederzulassung, aber viele Städte und Kreise haben ihre Portale nicht rechtzeitig am Start.

2019 wiederholt sich das Spiel. Dobrindts Nachfolger Andreas Scheuer (CSU) feiert den Start der dritten i-Kfz-Stufe mit den Verfahren Neuzulassung, Umschreibung und Adressänderung. Doch zum Stichtag 1. Oktober laufen die Onlinedienste nur in wenigen Kommunen. Die Mehrheit braucht Wochen, Monate oder gar Jahre länger. Die Schuld gibt der Städtetag dem Bund: Dieser habe "im laufenden Verfahren" die Sicherheitsanforderungen für Stufe 3 geändert, was natürlich zu Verzögerungen führe. "In einigen Fällen mussten sogar die laufenden Ausschreibungen eingestellt werden", schreibt der Städtetag.

Schuld hin, Schuld her: Fest steht, dass manche Kommunen bis heute kein i-Kfz-Portal haben, darunter auch Großstädte wie Essen. Wer dort wohnt, muss nach wie vor persönlich zur Zulassungsstelle. Die Essener Stadtverwaltung erklärt die Verspätung mit einem Wechsel der internen Software der Behörde (Fachanwendung), die mit dem Portal zusammenspielen muss. Dieser Wechsel habe aus "aus technischen und vergaberechtlichen Gründen" länger gedauert als geplant. Im zweiten Quartal 2023 soll i-Kfz in Essen online gehen – knapp sechs Jahre nach dem eigentlich für Oktober 2017 vorgesehenen Start der dezentralen Portale.

Die i-Kfz-Portale mancher Kommunen – hier Leipzig – sehen angestaubt aus.

Einige Städte können sich inzwischen sogar wieder ein zentrales Bundesportal vorstellen. "Heute würden sich sicherlich viele Kommunen stärker dafür einsetzen, dass ein solcher zentraler Zugang genutzt würde, wenn er denn über Schnittstellen eine medienbruchfreie Ende-zu-Ende-Bearbeitung zulässt", schreibt die Stadt Essen in ihrer Stellungnahme. Dass ein solches Portal zeitweise sogar schon existierte, sei "besonders verrückt".

Doch das scheint bislang eine Minderheitsmeinung. Viele Städte und Landkreise plädieren nach wie vor für dezentrale Portale, nicht nur aus rechtlichen Gründen. Die Kommunen seien die Hauptansprechpartner der Bürger und für Rückfragen vor Ort erreichbar, argumentiert zum Beispiel der Landkreistag. "Wir brauchen daher das digitale Landratsamt/Bürgeramt, keine Insellösung des Bundes für Kfz."

Die dezentrale Struktur lähmt neben i-Kfz auch Hunderte andere Digitalprojekte. Selbst wenn der Bund die Gesetze erlässt, sind laut Grundgesetz dennoch die Länder und die Kommunen für die Ausführung zuständig. Deshalb werden viele Onlinedienste hundert- oder gar tausendfach angeschafft und gewartet, obwohl technisch gesehen Länderdienste oder ein zentrales Bundesportal ausreichen würde.

Nach dem Start der dritten Stufe von i-Kfz rückt das nächste Problem in den Fokus: In den Städten und Landkreisen, die die Onlinedienste eingeführt haben, werden diese kaum genutzt. Gründe dafür gibt es viele: Manche Kommunen verstecken i-Kfz auf ihren Webseiten eher, als die Dienste anzupreisen. Hinzu kommt der Umstand, dass man bei der Neuzulassung tagelang auf den Papierbescheid und die Plaketten warten muss. Die Zulassung übers Internet kostet sogar mehr als vor Ort in der Behörde, weil das Briefporto obendrauf kommt. Zulassungsdienstleister und Autohändler können i-Kfz überhaupt nicht nutzen, obwohl Kommunen und Wirtschaft das seit Jahren fordern.

Als größtes Hindernis gilt Experten jedoch der E-Perso, mit dem Bürger sich authentifizieren müssen. Kaum ein Bürger hat damit Erfahrung, bei vielen ist die Funktion nicht freigeschaltet, oder sie kennen ihre PIN nicht. Obendrein braucht man zum Auslesen des Ausweis-Chips ein NFC-fähiges Smartphone oder ein spezielles Lesegerät.

Woran die i-Kfz-Anträge im Detail scheitern, hat die Friedrich-Ebert-Stiftung im Landkreis Elbe-Elster untersucht (PDF): Dort wurde i-Kfz bis Februar 2021 knapp 100.000 Mal aufgerufen. 65 Prozent der Besucher begannen mit der Authentifizierung per E-Perso, doch nur 5 Prozent schlossen diesen Schritt ab. Das integrierte Onlinebezahlverfahren meisterten nur 1,6 Prozent, und nur 1 Prozent der Besucher schickte den Antrag ab.

Aufgrund solcher Erfahrungen entscheidet etwa die Hälfte der Bundesländer nach Beginn der Coronapandemie kurzerhand, das E-Perso-Erfordernis bei i-Kfz temporär zu streichen. Zum Beispiel muss man in Berlin nur noch einen Scan des Personalausweises hochladen. Wie riskant das ist, darüber kann man lange streiten.

Gerade im fremden Namen ein Auto an- oder abzumelden ist jedenfalls alles andere als kinderleicht. Im Rahmen von i-Kfz muss man je nach Verfahren einen oder zwei Sicherheitscodes eintippen. Diese befinden sich auf den Zulassungsbescheinigungen und den Kennzeichen und müssen durch Rubbeln oder Abziehen eines Aufklebers freigelegt werden. Fälle von Missbrauch seien nicht bekannt, erklärte das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage von c’t.

Nach den Entscheidungen der Länder stiegen die Nutzerzahlen sprunghaft an. Wie stark das auf den E-Perso-Verzicht zurückzuführen ist, lässt sich aber nicht mit Bestimmtheit sagen. Denn viele Kommunen schlossen wegen der Pandemie gleichzeitig ihre Zulassungsstellen, sodass i-Kfz plötzlich die einzige Möglichkeit war. Von einem Durchbruch kann angesichts der bundesweiten Nutzungsquote von 0,6 Prozent bis Ende 2021 jedenfalls keine Rede sein.

Mit Stufe 4 von i-Kfz soll der Durchbruch bald aber wirklich klappen. Mitte Februar 2023 stellte das Bundesverkehrsministerium seine Pläne vor: Bei der Neuzulassung sollen Nutzer sofort nach Abschicken des Onlineantrags losfahren dürfen, wenn sie die Kennzeichen haben. Zehn Tage lang genügt ein digitaler Zulassungsbescheid, erst danach braucht man die Papierdokumente und Kennzeichenplaketten. Technisch gesehen wäre diese Vereinfachung schon viel früher möglich gewesen. Und dauerhaft gültige digitale Fahrzeugpapiere gibt es immer noch nicht.

Außerdem können ab September 2023 erstmals auch juristische Personen Anträge über i-Kfz stellen, was die Nutzungszahlen spürbar in die Höhe treiben dürfte. Für Autohäuser und -hersteller mit mehr als 500 Zulassungsvorgängen pro Jahr kommt darüber hinaus eine spezielle, zentrale Großkundenschnittstelle des KBA hinzu.

Aber auch Stufe 4 verursachte erst einmal Streitigkeiten. Das Ministerium wollte ursprünglich die Anträge der Großkunden innerhalb der Großkundenschnittstelle verarbeiten und die Daten dann an die Fachverfahren der Kommunen weiterleiten. Die Kommunen wehrten sich dagegen – wie schon 2014 – mit dem Argument, dass eine "Mischverwaltung" aus Bund und Kommunen rechtlich unzulässig sei. Wieder ruderte das Ministerium zurück, nun sollen die Anträge von der Großkundenschnittstelle zunächst in die i-Kfz-Portale der Kommunen wandern, dort beschieden werden und erst dann an die Fachverfahren fließen.

Landkreis- und Städtetag kritisieren die neue Schnittstelle aber weiterhin, unter anderem, weil diese die Anträge vorab prüfen soll. Das Hin und Her dürfte dazu beigetragen haben, dass das Ministerium den Start der vierten Stufe von Mai auf September verschob. Dann treten wohlgemerkt nur die neuen Regeln in Kraft – bis alle Kommunen ihre Software auf Stufe 4 aktualisiert haben und Bürger die neuen Verfahren wirklich nutzen können, dürfte es wie gewohnt länger dauern.

Das Ministerium hat im Vorfeld auch die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) vor den Kopf gestoßen, den bundesweiten Marktführer bei i-Kfz-Onlinediensten und Kfz-Fachverfahren für Kommunen. Denn die Bundesregierung finanziert seit 2021 die Entwicklung eines neuen i-Kfz-Portals durch das Land Baden-Württemberg. Diese mit Steuergeldern entwickelte Software macht ab September den längst etablierten Angeboten der AKDB und weiterer Anbieter Konkurrenz. Dabei könnten Kommunen bereits jetzt aus fünf i-Kfz-Lösungen von vier Anbietern auswählen, betont die AKDB gegenüber c’t. Es gebe also einen funktionierenden Wettbewerb. Die staatliche beauftragte Zusatzentwicklung sei vor diesem Hintergrund fragwürdig.

Auch dieser Streit ist typisch für die Digitalisierung der Verwaltung: In der Coronakrise stellte die Bundesregierung plötzlich Milliarden aus Steuergeldern für die Entwicklung von Onlinediensten bereit, und zwar auch für Bereiche, in denen es schon fertige Dienste von privaten Anbietern oder öffentlichen IT-Dienstleistern gab. Diese wehren sich gegen den aus ihrer Sicht unfairen Wettbewerb.

Unklar ist, wie es mit der Authentifizierung weitergeht. Die Ausnahmegenehmigungen der Bundesländer werden voraussichtlich in den nächsten Monaten auslaufen. Das Bundesverkehrsministerium will aber künftig außer dem E-Perso auch das von der Steuererklärung bekannte Elster-Zertifikat für i-Kfz zulassen – so steht es explizit in einem Verordnungsentwurf, der schon beim Bundesrat liegt. Das Elster-Zertifikat gilt als etwas weniger sicher als der E-Perso, es wird aber von mehr Menschen genutzt, auch aufgrund des jüngsten Digitalisierungsdesasters bei der Grundsteuer. Vertrauenswürdiger als ein Onlinekonto mit Nutzername und Passwort ist es allemal.

Ob man sich ab September 2023 tatsächlich per Elster-Zertifikat bei i-Kfz authentifizieren darf, ist jedoch fraglich. Denn das Bundesinnenministerium arbeitet parallel an einem Gesetz, das den E-Perso für alle Verfahren zur Pflicht machen würde, in denen der Antragsteller sich identifizieren muss. Dahinter steckt auch die Hoffnung, dass der E-Perso sich endlich durchsetzt, wenn er nur oft genug genutzt werden muss.

c’t – Europas größtes IT- und Tech-Magazin

Alle 14 Tage präsentiert Ihnen Deutschlands größte IT-Redaktion aktuelle Tipps, kritische Berichte, aufwendige Tests und tiefgehende Reportagen zu IT-Sicherheit & Datenschutz, Hardware, Software- und App-Entwicklungen, Smart Home und vielem mehr. Unabhängiger Journalismus ist bei c't das A und O.

(cwo)