Venenmuster als Alternative zum Fingerabdruck

Mit dem jüngsten Vorstoß des japanischen Herstellers Hitachi im Bereich der Venenmuster-Biometrie erstarkt die Konkurrenz zu den weit verbreiteten Biometriesystemen auf Basis von Fingerabdrücken.

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Von
  • Christiane Rütten

Mit dem jüngsten Vorstoß des japanischen Herstellers Hitachi im Bereich der Venenmuster-Biometrie erstarkt die Konkurrenz zu den weit verbreiteten Biometriesystemen auf Basis von Fingerabdrücken. Mit dem Angebot Finger Vein Authentication Device stößt Hitachi in eine Nische vor, die in Europa bislang lediglich Fujitsu für sich beanspruchen konnte. Der Hersteller brachte bereits im April 2006 ein ähnliches System namens Palm Secure mit zugehörigem Software-Development-Kit (SDK) auf den hiesigen Markt.

Hitachis Finger Vein wertet das Venenmuster eines durchleuchteten Fingers aus.

(Bild: Hitachi)

Beide Hersteller sind mit Produkten im Bereich der Venenerkennung vornehmlich in Japan aktiv. In Europa konzentriert sich Fujitsu auf den Vertrieb des Sensors samt SDK und überlässt in erster Linie Drittherstellern die Weiterverarbeitung zu gebrauchsfertigen Produkten. Hitachi stellte zur CeBIT das selbst entwickelte Zugangskontrollsystem M-1 auch für Europa vor.

Das grundlegende Prinzip zur Darstellung des Venenmusters ist bei beiden Systemen identisch. Lichtwellen im Nahinfrarot-Bereich werden besonders stark vom sauerstoffarmen Blut in den Venen absorbiert. Hitachis Finger Vein durchleuchtet einen Finger mit einer Nahinfrarot-Lichtquelle. Wo Venen dem Licht im Weg stehen, ergeben sich dunkle Schatten im Sensorbild. Der PalmSecure von Fujitsu hingegen beleuchtet die Handfläche mit Nahinfrarot-Licht und wertet das im Gewebe reflektierte Licht aus. Auch dabei sind die Venen als dunkles Linienmuster erkennbar. Eine Software errechnet aus dem Schwarzweißbild des Liniennetzes ein so genanntes Template, mit dem die Vergleichsalgorithmen arbeiten können.

In der Tat hat die Venenerkennung einen grundlegenden Vorteil gegenüber Fingerabdrucksystemen. Im Gegensatz zu Fingerabdrücken sind die tiefliegende Venenmuster in Fingern und Handflächen keine biometrischen Merkmale, deren Abbild man ungewollt bei alltäglichen Handlungen hinterlässt. Auch eine extreme Nahaufnahme der Handfläche mit einer Digitalkamera, deren RAW-Format sich gezielt nach den Wellenlängen des Nahinfrarot-Bereiches filtern lässt, lieferte bei unseren Tests kein deutliches Abbild des Linienmusters. Das Durchleuchtungsverfahren von Hitachi macht unbemerktes Auslesen des Musters nach aktuellem Stand der Technik sogar praktisch unmöglich. Ein weiterer sicherheitsrelevanter Nebeneffekt der Nahinfrarot-Bildgebung ist, dass Venenmuster lebloser Körperteile aufgrund der zunehmenden Deoxidierung des gesamten Gewebes schon nach wenigen Minuten unbrauchbar werden.

Der PalmSecure von Fujitsu nutzt das Venenmuster der Handfläche.

(Bild: Fujitsu)

Doch selbst wenn man an das Venenmuster einer Person gelangt, ist bislang noch kein Verfahren zur Herstellung einer funktionionsfähigen Attrappe bekannt. Bei Fingerabdrücken gelingt dies jedoch bereits mit Hausmitteln, wie c't im Rahmen des Biometrietests in Heft 12/07 zeigte. Ähnlich wie die Hersteller von Fingerabdrucksystemen hüllen sich allerdings auch Hitachi und Fujitsu in Schweigen, was Art und Funktionsweise einer möglicherweise vorhandenen Lebenderkennung angeht.

Glaubt man den Herstellern, hat die Venenerkennung neben dem erheblich besseren Schutz gegen Fälschungen aber auch andere Vorteile. Im Vergleich zu Fingerabdrucksensoren sollen Venenerkennungssysteme bei etwa gleicher Falschakzeptanzrate (False Acceptance Rate oder FAR) eine um rund zwei Größenordnungen geringere Falschrückweisungsrate (False Rejection Rate oder FRR) liefern. Dies dürfte sich in erster Linie dadurch erklären, dass Venenmuster in ihrer Grundstruktur von Mensch zu Mensch erheblich variabler sind als Fingerabdrücke.

Wie sich die Systeme in der Praxis behaupten können, wird sich bei der recht jungen Technologie noch zeigen müssen. Die Idee, Venenmuster als biometrisches Merkmal heranzuziehen, entstammt laut Hitachi einer 1992 entstandenen Forschungsarbeit der japanischen Hokkaido-Universität. Es fehlen insbesondere im Bereich der Falschrückweisungs- und Falschakzeptanzraten noch aussagekräftige und unabhängige Studien mit großen Nutzergruppen sowie Erfahrungswerte über lange Zeiträume. (cr)