Verdunstung treibt Minimotor an

US-Forscher haben eine Maschine entwickelt, die Elektrizität aus Sporen gewinnt, die auf einer Wasseroberfläche sitzen.

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Von
  • Richard Martin

US-Forscher haben eine Maschine entwickelt, die Elektrizität aus Sporen gewinnt, die auf einer Wasseroberfläche sitzen.

Strom aus natürlichen Prozessen zu gewinnen, die sowieso andauernd ablaufen, gilt vielen Energieforschern als spannende Idee. Ein Team von Wissenschaftlern an der Columbia University hat nun einen winzigen Umlaufmotor entwickelt, der genau das tut: Er läuft mittels Verdunstung. Das Gerät erzeugt Strom aus der Energie von bakteriellen Sporen der Familie Bacillus subtilis. Diese reagieren mechanisch stark auf die Veränderung der relativen Luftfeuchtigkeit.

Die Sporen weiten sich, sobald sie Wasser absorbieren, und kontrahieren wieder, sobald sie austrocknen. Verändert man die Luftfeuchtigkeit mittels Verdunstung, lässt sich die Energie aus diesen Expansions- und Kontraktionsprozessen in einem Umlauf- oder Kolbenmotor nutzen.

Vor der Entwicklung des Motors beschäftigte sich das Forscherteam bereits mit den mechanischen Eigenschaften der Bacillus-subtilis-Sporen, die in einer Art Winterstarre Hunderte Jahre überdauern können. "Ich fand das erstaunlich, wie viel mechanische Kraft sie zu haben schienen", sagt Ozgur Sahin, Juniorprofessor für biologische Wissenschaften an der Hochschule. "Sie sind so starr, dass Veränderungen in ihrer Form eine Menge Energie produzieren."

Sahin und seine Kollegen klebten die Sporen zunächst auf ein Band aus Polyimiden, ein Polymermaterial, das unter anderem für Brennstoffzellen, Computerbildschirme und verschiedene militärische Anwendungen verwendet wird. Umgeben sind sie von einem Verschlussmechanismus, der das Durchlassen von Feuchtigkeit kontrolliert. Der Verschluss arbeitet als eine Art Oszillator, als mechanischer Schalter wie in einem elektrischen Schaltkreis, der sich über die Kraft, die die Sporen bei ihrer Formveränderung erzeugen, öffnet und schließt. Das Öffnen und Schließen produziert ein reguläres Pulsieren der anschwellenden und schrumpfenden Sporen. Ist der Verschluss geöffnet, entweicht Feuchtigkeit in die Außenluft und die Sporen trocknen aus. Ist er geschlossen, wird es wieder feuchter und die Sporen expandieren.

Eine acht mal acht Zentimeter große Wasseroberfläche kann im Schnitt rund zwei Mikrowatt Elektrizität erzeugen – mit Bursts von bis zu 60 Mikrowatt, sagt Sahin. Das klingt zwar nicht nach viel Strom, doch bislang konnten die Forscher immerhin eine LED und ein Miniauto mit einem Gewicht von einem zehntel Kilogramm antreiben.

"Wir sind eine Menge Kompromisse eingegangen, um eine Version zu entwickeln, die autark läuft", sagt Sahin. "Wir wissen, dass wir den Motor tatsächlich 100 Mal stärker machen könnten, wenn wir eine Reihe von Problemen lösen."

Dazu gehört die Anpassung der Größe der Durchlässe und des Verschlusses, der den Feuchtigkeitsabfluss steuert. Sahin glaubt, dass ein Array solcher Motoren auf der Oberfläche eines Sees oder anderer Gewässer eine skalierbare Quelle erneuerbarer Energie sein könnte. Bis es soweit ist, müssen die Forscher aber noch den Output verbessern. Eine Idee sind auch Batterie-große "Ziegel" aus Sporen, die leicht aktiviert werden können, um Strom zu erzeugen – einfach Wasser hinzugeben.

Die Minimotoren haben derzeit noch keine praktischen Anwendungsmöglichkeiten, erweisen sich aber als interessante Demonstration, wie sich aus der Natur Energie gewinnen lässt – mit theoretisch sehr einfachen und kostengünstigen Methoden. Und im Gegensatz zu Sonnenenergie und Windkraft ist diese Quelle dauernd verfügbar, denn der Verdunstungsprozess bricht nicht ab. (bsc)