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Wasserweg: Brennstoffzellen-Motorrad Segway Apex H2

Ingo Gach

Das erste Wasserstoff-Motorrad in Serie will Segway bauen.

(Bild: Segway)

Segway will das erste Bike mit Wasserstoffantrieb bauen und ab 2023 verkaufen. Radnabenmotoren an seinen beiden Einarmschwingen sollen das E-Motorrad antreiben.

Die Firma Segway wurde vor zwanzig Jahren bekannt, weil sie zwei Räder an einem Brett parallel anordneten und Menschen darauf stehend durch die Innenstädte rollten. Jetzt holt der inzwischen zum chinesischen Ninebot-Konzern gehörende Hersteller zum nächsten Wurf aus: Sein Elektro-Motorrad Segway Apex H2 soll mit Wasserstoff angetrieben werden.

Bereits Ende 2019 veröffentlichte Segway Fotos und ein Video von einem Elektro-Motorrad namens Apex, das als Prototyp auf einer Rennstrecke seine Runden drehte. Es war ein batteriebetriebenes Sportmotorrad mit einem deutlich sichtbaren Elektromotor, Upside-down-Gabel und Kettenantrieb zum Hinterrad. Eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,9 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h wurde angegeben. Es war ein Elektro-Motorrad wie es ähnlich bereits von etlichen Herstellern und Start-ups gebaut wurde. Nun kündigt Segway jedoch an, mit der Apex H2 als erste Firma ein wasserstoffbetriebenes Zweirad zu entwickeln. Ziel ist die Markteinführung für 2023.

Damit wäre Segway zwar der erste Serienhersteller eines wasserstoffgetriebenen Bikes aber nicht der erste. Der gebürtige Wiener Karl Kordesch [1], bekannter als Erfinder der Alkaline-Batterie, baute 1967 einen Prototyp auf Basis einer Puch MS 25 mit einer Brennstoffzelle. Das Moped fuhr rund 100 km mit einem Liter Hydrazin.

Die von Karl Kordesch entwickelte Puch MS 25 mit Brennstoffzelle im Technischen Museum Wien.

(Bild: Von Braveheart - Eigenes Werk, CC-BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=63881267)

Offensichtlich soll bei dem Elektro-Motorrad Apex H2 eine Brennstoffzelle zum Einsatz kommen. Die würde im Vergleich zu allen bisherigen Elektro-Motorrädern den großen Vorteil bieten, keine langen Ladezeiten für eine Batterie in Kauf nehmen zu müssen. Auf den Fotos der Apex H2 sind drei patronenartige Behälter zu sehen, die den Wasserstoff enthalten. Zum Nachtanken muss also kein Tank befüllt, sondern die Patrone ausgetauscht werden. Natürlich würde das eine Infrastruktur von Tausch-Stationen voraussetzen, aber wer weiß, wie die Situation in einigen Jahren aussieht, falls noch mehr Hersteller die Idee aufgreifen.

Wasserstoff-Motorrad Segway Apex H2 (0 Bilder) [2]

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Da die Apex H2 zur Brennstoffzelle nur eine relativ kleine Pufferbatterie benötigt, könnte sie etwas leichter werden als ein Batteriekrad. Segway hat sogar schon ein paar technische Daten veröffentlicht: So soll der Motor 60 kW (82 PS) leisten und die Apex H2 in weniger als vier Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 150 km/h beziffert, wahrscheinlich elektronisch abgeriegelt, um den Verbrauch in Grenzen zu halten. Auch den hat Segway bereits kommuniziert: Die Apex H2 soll ein Gramm Wasserstoff pro Kilometer verbrauchen.

Das Design der Apex H2 zeigt sich deutlich futuristischer als das des Prototyps Apex von 2019. Der wurde damals von einem chinesischen Designer entworfen, der sich selbst nur „JC“ nennt. Ob auch die Apex H2 von ihm stammt, ist nicht bekannt, mit dem damaligen Entwurf hat sie kaum Ähnlichkeit. Es ist nicht ganz klar, ob die Apex H2 noch einen Rahmen besitzt oder ob es sich um ein Monocoque handelt. Das knappe Heck schwebt quasi frei über dem Hinterrad. Der tief sitzende Lenker wird durch einen Schlitz in der Tank-Attrappe geführt und würde den Fahrer in eine sehr gebückte Haltung zwingen.

Auffällig sind die beiden Einarmschwingen, denn auch das Vorderrad wird ähnlich wie bei der Yamaha GTS 1000 aus den 1990er Jahren von einer Einarmschwinge geführt. Die Felgen sind seitlich verkleidet und darunter steckt je ein elektrischer Radnabenmotor, der die Kraft direkt auf die Radachse überträgt. An dem Prototyp der Apex H2 ist ein sehr breiter Vorderreifen verbaut, der hoffentlich so nicht in Serie kommt, denn er würde das Handling deutlich erschweren. In der vorderen Verkleidung mit einem schmalen LED-Lichtband befindet sich ein – vermutlich einstellbarer – Windschild.

Doch bis zur Marktreife der Segway Apex H2 ist es noch ein langer Weg. Eine Brennstoffzelle wandelt Wasserstoff in elektrischen Strom um und ist im Automobilsektor bereits seit einiger Zeit auf dem Markt, etwa in Autos wie dem Toyota Mirai (Test) [4] oder dem Hyundai Nexo (Test) [5]. Für den Einsatz in einem Motorrad müsste sie leicht und kompakt konstruiert werden. Zudem kommt das Problem, dass der Wasserstoff in der Patrone unter hohem Druck stehen würde und ihr Austausch entsprechend nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden sollte. Zur Orientierung: Die Betankung eines Autos an Wasserstofftankstellen erfolgt mit 700 Bar Druck.

Als wäre das Wasserstoff-Motorrad nicht Überraschung genug, kündigt Segway sogar schon den Preis für die Apex H2 an: Sie soll rund 10.700 US-Dollar (ca. 9000 Euro) kosten. Das wäre ein verhältnismäßig günstiges Angebot. Zum Vergleich: Das Elektro-Sportbike SR/S von Marktführer Zero mit 14,4-kWh-Batterie und 82 kW maximaler Leistung kostet zurzeit 21.540 Euro, ein Großteil der Kosten entfällt dabei auf die teure Batterie.

Die Segway Apex H2 wäre das erste Motorrad mit Wasserstoffantrieb. Eine Marktreife bis 2023 ist zumindest ehrgeizig, weil bis dahin noch etliche technische Probleme zu lösen wären. Ob es die Apex H2 wirklich geben wird oder wie einige Wasserstoffauto-Projekte klammheimlich wieder in der Versenkung verschwindet, werden wir in zwei Jahren wissen.

(fpi [6])


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Links in diesem Artikel:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Kordesch
[2] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6010426.html?back=6010447;back=6010447
[3] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6010426.html?back=6010447;back=6010447
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Unterwegs-mit-Wasserstoff-Alltagstest-Toyota-Mirai-4094143.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-Hyundai-Nexo-4235048.html
[6] mailto:fpi@heise.de