Wenn Roboter ernten gehen

Noch werden Äpfel ganz überwiegend mit der Hand gepflückt, doch das könnte sich bald ändern: Technische Fortschritte sorgen dafür, dass die Früchte von Maschinen sicher erkannt und sanft genug behandelt werden.

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Von
  • Tom Simonite
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Jedes Jahr werden in den USA Äpfel im Wert von rund vier Milliarden Dollar geerntet. Einen Teil dieses Marktes will das Start-up Abundant Robotics für sich erschließen: mit einer Maschine, die reife Früchte von den Bäumen saugt.

Noch werden Äpfel in Plantagen mit der Hand gepflückt. Doch wie Dan Steere, Mitgründer und CEO von Abundant sagt, haben Tests in Australien vor kurzem gezeigt, dass der Prototyp des Unternehmens Äpfel ungefähr so genau erkennen und sanft abnehmen kann wie ein Mensch. Gepflückte Äpfel legt die Maschine dann in dieselben großen Kisten wie menschliche Pflücker. "Die Ergebnisse haben uns davon überzeugt, dass wir auf dem richtigem Weg für eine Hochskalierung zu einem vollständigen kommerziellen System sind", sagt Steere.

Weitere Tests sind in diesem Herbst im Bundesstaat Washington geplant, bis 2018 soll ein System mit mehreren Armen zum Verkauf bereitstehen. "Unser kommerzielles System wird so schnell pflücken wie Teams aus zehn Personen", kündigt Steere an.

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Abundant ist ein Spin-Off des unabhängigen Forschungslabors SRI aus dem Jahr 2016 und wurde anfangs zum Teil von der Washington Tree Fruit Research Commission finanziert. Laut Mike Willett, Manager bei der Organisation, sind Obstbauern sehr an Automation interessiert, weil die Verfügbarkeit von Saison-Arbeitskräften für die Landwirtschaft in den USA seit langer Zeit schlechter wird.

Das aktuelle politische Klima hat diese Sorgen noch vergrößert, sagt er. Die harte Haltung von Präsident Trump beim Thema Immigration lässt Bauern in vielen Bereichen fürchten, dass der Zustrom von ausländischen Erntehelfern enden könnte. Anfang Mai gab Abundant den Abschluss einer neuen Finanzierungsrunde über zehn Millionen Dollar bekannt, angeführt vom Wagniskapitalarm von Google.

Manoj Karkee, Associate Professor an der Washington State University, zeigt sich angetan von der Abundant-Technologie: Was er bislang davon gesehen habe, sei beeindruckend.

Bislang hatten viele Jahre Forschung an der automatisierten Ernte von Äpfeln und ähnlichen Früchten wie zum Beispiel Birnen laut Karkee wenig Erfolg, weil es schwierig ist, Maschinen dazu zu bringen, Früchte zuverlässig zu erkennen und sanft genug damit umzugehen. Doch Fortschritte bei Rechenleistung, Algorithmen für maschinelles Sehen und Robotik haben in vielen Branchen spannende neue Arten der Automatisierung ermöglicht, und die Landwirtschaft zählt dazu.

Auch Veränderungen beim Anlegen von Apfelplantagen haben das Problem besser handhabbar gemacht. Neuerdings pflanzen Obstbauern Zwergenbäume und schneiden sie so zu, dass sie breite und dünne Kronen ausbilden; damit lässt sich der Ertrag steigern, und die Früchte sind für eine menschliche Hand oder ein Saugrohr leichter zu erreichen.

Der Roboter, dein Freund und Helfer (28 Bilder)

Können Roboter Priester ersetzen? Oder gar etwas Göttliches repräsentieren? Der Robotiker Gabriele Trovato mit zwei Prototypen, die Gläubige durch "Gesten, Dialog und Blickkontakt beim Gebet ­begleiten" sollen. Die dafür notwendige Software ist allerdings noch nicht vollständig implementiert. (Bild: Gabriele Trovato/Waseda University)

"In den nächsten drei Jahren dürfte mindestens eine Maschine auf den Markt kommen", sagt Karkee. In der Vergangenheit hat er sich mit einem alternativen Ansatz beschäftigt, bei dem Äpfel durch Rütteln an den Ästen vorsichtig vom Baum geschüttelt werden (er wird bereits bei manchen Äpfeln eingesetzt, die für die Saftherstellung vorgesehen sind und deshalb weniger sorgsam behandelt werden müssen). Zu den Konkurrenten von Abundant zählt auch das israelische Start-up FFRobotics, das nach eigenen Angaben in diesem Herbst einen Prototypen mit einem Greifarm mit drei Fingern testen will.

Laut Willett von der Tree Fruit Research Commission gibt es keinen Mangel an Obstbauern, die gern bereit sind, Tests mit Roboter-Erntetechnologie zu ermöglichen. Trotzdem würden Maschinen vorerst keine große Zahl von menschlichen Arbeitskräften verdrängen, sondern eher ohnehin offene Stellen besetzen. Zudem seien nicht alle Bäume im Bundesstaat Washington für den Maschinen-Einsatz geeignet.

Wie Steere argumentiert, steht sein Unternehmen, wenn die Maschinen irgendwann doch Menschen ersetzen, ohnehin nur für das jüngste Kapitel in einer langen Geschichte: "Wenn man bis ins 19. Jahrhundert in die Geschichte der Landwirtschaft zurückblickt, kann man sehen, dass Maschinen das Ernten verändert haben und dass das der Gesellschaft riesige Vorteile gebracht hat."

(sma)