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Werkstatt-Berichte

Dr. Wolfgang Stieler

Vom Windrad bis zum Ottomotor – die TR-Redaktion hat Bausets für Bastler getestet.

Vom Windrad bis zum Ottomotor – die TR-Redaktion hat Bausets für Bastler getestet.

MacGyvers Erben

Produkt: Experimentierkasten Chemie C3000
Hersteller: Kosmos Verlag
Preis: ab 94,95 Euro im Internet
Tester: Veronika Szentpétery, Redakteurin für Bio- und Medizintechnik

Der große Chemielabor-Kasten C3000 von Kosmos ist durchaus respekteinflößend. Schließlich habe ich das letzte Mal vor 13 Jahren – im Studium – mit Chemikalien hantiert. Und dieser Kasten ist angeblich schon für Kinder ab 13 gedacht – wenn auch unter elterlicher Aufsicht. Damit können die etwas anfangen?, frage ich mich. Doch dann fällt mir ein, wie gebannt ich, nur wenig älter, meine erste Episode "MacGyver" verfolgt habe. In der Vorabend-TV-Serie neutralisierte der Held gern mal eine Bombe mit Milch, Ofenreiniger und Gas aus einer Neonröhre.

Solche radikalen Experimente bietet der Kasten natürlich nicht, aber er versucht, durchaus im MacGyverschen Sinne, den jungen Forschern die Grundregeln der Chemie auf unterhaltsame und leicht verständliche Weise beizubringen, etwa wie sich Säuren und Laugen neutralisieren lassen. Die Jungchemiker sollen dabei auch mit potenziell gesundheitsschädlichen Substanzen wie Kaliumbromid arbeiten und den verantwortungsvollen Umgang mit ihnen lernen.

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Wer wie ich zunächst einmal mit dem Kasten warm werden möchte, findet unter den 333 Versuchen jedoch auch ein paar einfache Rezepturen, für die nicht mal eine Schutzbrille nötig ist. Etwa das Brausepulver zum Selbermachen: Je einen halben Teelöffel Natron und Zitronensäure sowie einen Teelöffel Zucker oder Sirup mischen und mit Wasser auffüllen. Sprudelt so richtig schön. Will man ein Minikraftwerk zum Laufen bringen, muss man Natriumhydrogensulfat und Kochsalz in Wasser lösen, einen Kupfer- und einen Magnesiumstreifen als Elektroden hineinstecken und über Krokodilklemmen-Kabel mit einem Lämpchen verbinden.

Es leuchtet dann wie beschrieben auf, weil zwischen den Elektroden ein schwacher Strom fließt. Das ist aber bei Weitem nicht alles. Wer bereit für Anspruchsvolleres ist, kann sich zum Beispiel an der Herstellung der wunderbar blauen Tetraamminkupfersulfat-Kristalle versuchen. Die Zutaten Salzsäure und Ammoniak-Lösung gehören allerdings zu den fünf Chemikalien, die separat bestellt werden müssen.

Testurteil: sehr gut

Elektronik für Kreative

Produkt: Arduino-Einsteigerset
Hersteller:
unter anderem Fritzing, Watterott electronic
Preis: ca. 70 Euro
Tester: Wolfgang Stieler, Redakteur für Computer und Elektronik

Als Teenager hatte ich einen Elektronik-Baukasten, an dem ich fasziniert Verstärkerschaltungen und Flip-Flops zusammengesteckt habe. "Arduino" ist die zeitgemäße Fortsetzung dieses Elektronik-Kastens mit anderen Mitteln: Die spielkartengroße Platine enthält einen Mikrocontroller – einen frei programmierbaren Computerchip mit digitalen und analogen Ein- und Ausgängen, an die sich allerlei elektronischer Firlefanz anschließen lässt: Mit Leuchtdioden, Transistoren, Motoren oder Beschleunigungsmessern kann man interaktive, programmierbare Objekte gestalten.

Kein Wunder, denn die Arduino-Plattform ist entwickelt worden, um auch Künstlern, Designern und Hobbytüftlern das "physikalische Programmieren" näherzubringen. Und im Unterschied zu klassischen Experimentierkästen bastelt der Freizeit-Elektroniker hier mit handelsüblichen Teilen: Die Schaltungen werden auf einem Steckbrett mit Federkontakten aufgebaut. Dann wird das Ganze per USB-Schnittstelle mit einem Computer verbunden, auf dem die frei aus dem Internet herunterladbare Arduino-Entwicklungsumgebung läuft.

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Wer wie ich nicht alle Teile einzeln zusammensuchen will, greift zu einem Komplettpaket wie dem "Fritzing Starter Kit", das vom Interaction Design Lab der Fachhochschule Potsdam zusammengestellt wurde. Dem Set liegt zwar kein Handbuch bei, aber das Internet liefert zahllose ausführlich dokumentierte Beispiel-Projekte, wie etwa eine Ampelschaltung. Ein bisschen lästig ist allerdings, dass mir die Bauteile viel winziger vorkommen als früher – und ich die Farbcodes auf den Widerständen auch schon mal besser erkennen konnte.

Wer auf den Geschmack gekommen ist und mehr aus Arduino herausholen will, dem bieten sich zahlreiche Erweiterungsmöglichkeiten: Der Arduino Mega 256 ist das aktuelle Flaggschiff der Arduino-Familie. Er besitzt 54 digitale und 16 analoge Anschlüsse. Das runde LilyPad dagegen lässt sich in Kleidung integrieren – externe Bauteile werden mit leitfähigem Garn an der Platine angeschlossen.

Testurteil: gut

Spaß für Technik-Senioren

Produkt: Eitech-Metallbaukasten
Hersteller: Eitech
Preis: 23,98 Euro
Tester: Manfred Pietschmann, Chefredakteur

Der Baukasten mit der beruhigenden Auskunft "ab acht Jahren" enthält Lochschienen und Lochbleche, Unterlegscheiben und Achsen, Gewindestangen, Zahnwalzen, Kurbel, Haken und Schrauben. Vor allem ganz viele Schrauben: winzige Kreuzschlitzdinger mit dazu passenden Mikro-Muttern, die ich zwischen Daumen und Zeigefinger kaum wiederfinde. Waren die früher auch so klein, in meinem Stabilbaukasten anno 1960?

Nach der gefühlt hundertsten Mutter, die sich in den Dielenritzen verabschiedet, ahne ich die Antwort: Es liegt an meinen Fingern, sie sind in den letzten 50 Jahren erheblich gewachsen. Deshalb würde ich den Montagehinweis – "Hilfe Erwachsener kann erforderlich sein" – gern umdrehen: Jetzt könnte ich die Unterstützung eines oder einer cleveren Achtjährigen mit kleinen, gelenkigen Händen ganz gut gebrauchen. Während ich dem Kind die nicht ganz triviale Anleitung übersetzen würde, könnte es die Schrauben durch die passenden Löcher stecken und mit dem ebenfalls winzigen Werkzeug festziehen.

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Wir würden dann eine interessante Teamerfahrung machen: Gemeinsam wären wir imstande, mit einem Spielzeug von vorgestern Dinge zu basteln, die für die meisten Kids ebenfalls von vorgestern sind: einen Drehkran mit Hand-kurbel zum Beispiel, eine Windmühle oder einen Traktor mit Anhänger. Wenn das Kind diese Zeitreise tolerant mitmachen würde, könnten wir beim Basteln lernen, wie einfache Mechanik funktioniert. Und wie aus ziemlich wackligen Verbindungen stabile Strukturen entstehen, wenn man die Schräubchen nur fest genug anzieht.

Ich glaube allerdings, dass die meisten Kids lieber Dinge von morgen basteln, komplexe Raumschiffe etwa oder Raketen. Außerdem habe ich schon bei meinem inzwischen erwachsenen Sohn die Erfahrung gemacht, dass er, als er noch klein war, lieber Plastiksteine aufeinandersteckte als zu schrauben. Und deshalb fürchte ich, dass Kindern "ab acht Jahren" einfach die Geduld fehlt, diese Unmenge kurzer, mittlerer und langer Lochschienen nach Anleitung zu verschrauben.

Aber vielleicht ist dieser handfeste Back-to-Basics-Kasten ja gar nicht für Kids gemacht, sondern für Technikfans meines Alters. Denn darin findet unsereins leichter etwas zum Tüfteln als in der Welt der Bits und Bytes.

Testurteil: befriedigend

Wie der Wind wirkt

Produkt: Experimentierkasten Wind-Energie
Anbieter: Kosmos Verlag
Preis: 34,99 Euro
Tester: Tanja Ellinghaus, Redakteurin für Energiethemen

Schlicht und schön demonstriert der Windenergie-Modellbausatz von Kosmos die Funktionsweise der regenerativen Energieerzeuger. Ähnlich dem Lego-Prinzip werden die einzelnen Bausteine zusammengesteckt – hier ist teilweise durchaus ein wenig mehr Kraft vonnöten.

Das Zusammensetzen des Getriebes erfordert Geduld, denn die Zahnräder muss ich einigermaßen richtig auf dem Achsstab positionieren, ohne dabei das frisch gebastelte Maschinenhaus wieder zu sprengen. Dann wird der kleine Generator angebracht, und das Ganze kommt auf den zuvor auf das Fundament montierten Turm.

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Beim Anbringen der Rotorblätter samt Nabe ist Fingerspitzen-gefühl gefragt. Richtig konstruiert, leuchtet beim Drehen des Rotors eine kleine LED, die das Befeuerungslicht simuliert. Stellt man einen Ventilator vor das Rad, drehen sich die Flügel, und die erzeugte Energie kann in einem Akku gespeichert werden. Der Aufbau dauert nicht lang und ist höchst anschaulich.

Windstärkeskala, Getriebeübersetzung und die Wirkung der Rotorblattverstellung werden nebenbei erklärt. Wer keine Lust mehr auf Windenergie hat, kann aus dem Bauset auch einen Segelflieger, ein Dreirad oder ein Rennrad basteln und mit einer Batterie betreiben.

Testurteil: gut

Motor mit Durchblick

Produkt: Lernpaket Verbrennungsmotor
Anbieter: Franzis
Preis: 79,95 Euro
Tester: Gregor Honsel, Redakteur für Auto und Verkehr

Wer an einem Motor herumschraubt, bekommt ölige Finger. In diesem Fall ist es aber nur Olivenöl. Ein paar Tropfen davon sollen die filigranen Plastikteile schmieren, aus denen – so verspricht es die Packung – innerhalb von 2,5 Stunden ein kompletter Vierzylinder-Ottomotor entstehen soll. Das Auspacken der Teile sorgt bei mir für Erheiterung: Das soll eine Kurbelwelle sein? Wie süß! Das Ding ist ja kaum länger als ein Kugelschreiber.

Aus kronkorkenkleinen Kolben und ebenso winzigen Ventilen, Kipphebeln und Nocken schraube ich dann Schritt für Schritt den Motor zusammen. Die Anleitung ist klar und eindeutig. Nur bei der Montage des Zündverteilers komme ich ins Schleudern: Eigentlich sollten die kleinen Lämpchen, welche die Zündkerze symbolisieren, genau zum richtigen Zeitpunkt aufleuchten. Bei mir zünden sie aber im exakt falschen Takt.

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Ist der Bausatz fertig montiert, lässt er sich von einem batteriebetriebenen Elektromotor antreiben und gibt dabei scheußliche Geräusche von sich. Beson-ders präzise arbeitet die Plastikmechanik nämlich nicht. Währenddessen lässt sich durch das transparente Gehäuse beobachten, wie die Kolben auf und nieder gehen, wie sich Ventile öffnen und schließen.

Auf der Packung steht etwas von "Funktionsweise erforschen" und "experimentieren". Das ist allerdings ein bisschen viel versprochen, denn um mehr mit dem Motor anzustellen, müsste man sich aus – nicht mitgelieferten – Elektronikbauteilen etwa eine Drehzahlregelung zusammenlöten. Der eigentliche Spaß besteht für mich im Zusammenbau der Mechanik. Und im Regal sieht das Motörchen echt schick aus.

Testurteil: befriedigend (wst [1])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-1393272

Links in diesem Artikel:
[1] mailto:wst@technology-review.de