Wie Nanokapseln aus DNA-Material Viren einfangen

Forscher an der TU München arbeiten an einem Verfahren, das Pathogene auf ganz neue Art aus dem Körper holen soll.

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Auf der Innenseite mit Virus-bindenden Molekülen ausgekleidet, binden Nano-Halbschalen aus DNA-Material Viren an sich und machen sie damit unschädlich.

(Bild: © Elena-Marie Willner, DietzLab / TUM)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Antibiotika helfen – zunehmende Resistenzen ausgenommen – effektiv gegen bakterielle Infektionen. Entsprechende Arzneien gegen Virus-Infektionen sind dagegen sehr selten. Hier helfen vor allem – wie aktuell bei SARS-CoV-2 – aufwendig entwickelte Impfstoffe. Einen neuen Weg zur Virenbekämpfung schlagen nun Wissenschaftler um Hendrik Dietz von der Technischen Universität München (TUM) ein. Sie fertigten aus Erbgut-Molekülen winzige Nanokapseln, die erfolgreich erste Viren-Typen einfangen und binden konnten.

Die Grundlage für diese antivirale Strategie bildet das DNA-Origami, das vor etwa 15 Jahren am California Institute of Technology in Pasadena entwickelt wurde. Dabei lassen sich einzelne DNA-Molekülstränge völlig selbstständig zu komplexeren dreidimensionalen Strukturen verbinden. Durch die geschickte Anordnung verknüpfender DNA-Basen wie Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin lassen sich so viele verschiedene geometrische Strukturen gezielt herstellen.

Das Münchener Team schaffte es nun mit Unterstützung weiterer Arbeitsgruppen, zuerst dreieckige Strukturen über das DNA-Origami zu fertigen. Diese ordneten sich dann in weiteren Schritten zu hohlen Halb- und Vollkugeln mit einem relativ großen Innenraum an. Mit einem inneren Durchmesser von bis zu 280 Nanometern waren diese Nanokapseln und Nanoschalen groß genug, um einzelne Viren einzufangen. Als Andockstellen dienten auf der Innenseite der Nanokapseln Viren-bindende Moleküle wie etwa Antikörper.

Ob diese Nanokäfige tatsächlich Viren einfangen können, testeten die Forscher in Laborversuchen – in vitro – mit Hepatitis-B- und Adeno-assoziierten Viren. "Schon eine einfache Halbschale passender Größe zeigt eine messbare Reduzierung der Aktivität der Viren", sagt Dietz. "Bringen wir auf der Innenseite fünf Bindungsstellen für das Virus an, erreichen wir bereits eine Blockierung des Virus von 80 Prozent, bauen wir mehr ein, erreichen wir eine komplette Blockade."

Nach diesem Erfolg könnten nun bald erste Versuche mit lebenden Mäusen folgen. Damit die DNA-Partikel in einem Körper vom Immunsystem nicht zu schnell abgebaut werden, wurden die fertigen Bausteine mit UV-Licht bestrahlt und äußerlich mit Schutzschichten aus Polyethylenglykol und Oligolysin behandelt.

Damit waren die Nanokapseln in Mäuseserum über 24 Stunden stabil. Ob und wann danach sogar klinische Versuche mit Menschen folgen, ist bisher jedoch nicht absehbar. "Doch wir sind sehr zuversichtlich, dass dieses Material auch vom menschlichen Körper gut vertragen wird", sagt Dietz.

(bsc)