Wie eine neue Bautechnik zwei Drittel Beton einsparen könnte

Wissenschaftler entwickeln ein 3D-Injektionsdruck-Verfahren, das filigrane und stabile Beton-Strukturen mit bis zu 70 Prozent weniger Material ermöglicht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 54 Kommentare lesen

Entwurf einer auf dem Prinzip des Injektionsdruck-Verfahrens basierenden BrĂĽcke.

(Bild: (c) ITE/TU Braunschweig)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Mit mehr als vier Milliarden Tonnen jährlich ist Zement der meistverwendete Werkstoff in der Bauindustrie. Doch Herstellung und Verarbeitung sind für sechs bis acht Prozent der globalen Emissionen an Treibhausgasen, vor allem Kohlendioxid, verantwortlich. Zur Senkung dieser Klimabelastung werden derzeit neue Zementvarianten und Produktionsverfahren erprobt, um die Emissionen immerhin um ein Viertel reduzieren zu können. Doch Ingenieure an der Technischen Universität Braunschweig verfolgen mit einer pfiffigen 3D-Druck-Methode eine andere Strategie: Sie wollen filigrane und zugleich stabile Beton-Strukturen fertigen, um 50 bis 70 Prozent des Baustoffs im Vergleich zu massiven Beton-Elementen einzusparen.

"Gerade im Betonbau ist es üblich, dass man die Wände massiv betoniert. Wir möchten jedoch eine leichte, aufgelöste Bauweise erreichen, die man eher von Holz oder Stahl kennt", sagt Dirk Lowke vom Braunschweiger Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz. Dafür entwickelte er zusammen mit seinen Kollegen eine Methode, um aus Beton – einer Mischung aus Zement und Gesteinszusätzen verschiedener Körnung – fein gegliederte, dreidimensionale Strukturen zu bilden. Bei diesem 3D-Injektionsdruck-Verfahren wird flüssiger Beton in eine spezielle Trägerflüssigkeit, etwa ein transparentes Gel, gespritzt. Diese Trägerflüssigkeit hält den Beton an den gewünschten Positionen fest bis er ausgehärtet ist. Wird das – potenziell recycelbare – Trägermedium darauf entfernt, bleibt eine gitterähnliche, filigrane Beton-Struktur zurück.

"Die Betonbauteile eignen sich zum Beispiel für Brücken oder Dachtragwerke", sagt Lowke. Diese könnten zentral in einer Fabrik gefertigt und später vor Ort zusammengesetzt werden. Damit eröffnen sich auch für Architekten und Bauingenieure neue Design-Möglichkeiten, um mit geringerem Materialeinsatz filigrane Bauten bei dennoch hoher Stabilität zu entwerfen.

Erste, jedoch für einen großtechnischen Einsatz zu kostspielige Beispiele für solche eher luftigen Strukturen entwickelten etwa der Schweizer Bauingenieur Robert Maillart oder der italienische Bauingenieur Pier Luigi Nervi. Lowke dagegen ist davon überzeugt, dass Injektionsdruck-Verfahren die Kosten stark senken könnten.

Parallel zu reinen Beton-Strukturen wird auch an der Kombination mit stabilisierenden Stahlstrukturen oder langen Strängen aus Kohlefasern gearbeitet. Dabei käme nicht nur Beton aus der Düse eines 3D-Druckers, sondern zugleich auch ein Drahtseil oder eine Faser, um die Stabilität weiter zu erhöhen. Einsatzreif ist diese Technologie allerdings noch nicht. Doch die Braunschweiger Ingenieure rechnen damit, dass ihr bereits patentiertes Verfahren in gut zehn Jahren für großtechnische Anwendungen zur Verfügung stehen könnte.

(bsc)