Zahlen, bitte! – 343 Stunden All-Aufenthalt der ersten US-Astronautin

Sally Ride war nicht nur die erste Amerikanerin im Weltraum sondern auch unbequeme Kritikerin des Raumfahrtprogramms und setzte sich für Diversität im All ein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Aufmacherbild Zahlen, Bitte!

(Bild: heise online)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Sally Ride war nach den sowjetischen Kosmonautinnen Walentina Tereschkowa und Swetlana Sawizkaja die dritte Frau im All und erste US-Astronautin. In zwei Space-Shuttle-Missionen war sie insgesamt 343 Stunden im Weltraum und beim Start ihrer ersten Space-Shuttle-Mission (STS-7) am 18. Juni 1983 das bis dahin jüngste Besatzungs-Mitglied einer NASA-Mission. Zuvor war sie die erste Frau, die auf der Bodenstation des zweiten und dritten Fluges des Space Shuttle für die Capsule Communication mit der Raumfähre zuständig war.

Sally Ride, 1984 aufgenommen.

(Bild: NASA)

Doch Sally Kristen Rides Verdienste erschöpfen sich nicht durch die Teilnahmen an dem Space Shuttle-Programm. Sie betrieb ihre private Völkerverständigung und traf sich bereits 1983 in Budapest mit der Kosmonautin Swetlana Sawizkaja, der zweiten Frau, die ins All geflogen war und 1984 als erste Frau einen Weltraumausstieg durchführte.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Sally Ride wurde am 26. Mai 1951 in Los Angeles geboren. Sie war eine so gute Tennisspielerin, dass Tennislegende Billie Jean King ihr 1972 den Rat gab, ins Profilager zu wechseln. Doch das Physik-Studium war ihr wichtiger. Hier las sie beim Frühstück in einer Studentenzeitung, dass die NASA Astronauten sucht. Sie bewarb sich 1977 und kam als mit fünf weiteren vorausgewählten Bewerberinnen in das Auswahlverfahren. Sie setzte sich durch und wurde 1983 die erste US-Astronautin. Sie flog mit STS-7 sowie STS-41 G mit dem Space Shuttle ins All.

Ihre Zeit bei der NASA beendete Sally Ride mit der Herausgabe des sogenannten "Ride Reports", den die NASA-Oberen nur ungern veröffentlichten. Denn der Report von unabhängigen Wissenschaftlern sprach sich dafür aus, zunächst vom All mit einer Space Station den Planeten Erde zu erforschen, bevor die Menschen sich an den Bau einer Mondstation oder gar an den Start einer Marsmission machen.

Sally Ride in ihrer ersten Space-Shuttle-Mission im Juni 1983.

(Bild: NASA)

Die skeptische Sicht auf künftige Raumfahrt-Abenteuer war – glaubt man den verschiedenen Ride-Biographien – dadurch beeinflusst, dass sie als einzige Person das Mitglied zweier Untersuchungs-Kommissionen war, die die verunglückten Flüge des Space Shuttle untersuchten. Sie sorgte dafür, dass von der NASA geheim gehaltene Details zur Challenger-Katastrophe über den Physiker Richard Feynman ihren Weg an die Öffentlichkeit fanden.

Nach ihrer Zeit bei der NASA beschäftigte sie sich im Center for International Security and Arms Control an der Universität Stanford mit der Frage, wie man auf der Erde Nuklearsprengköpfe mitsamt den Raketen vom Weltraum aus erkennen und kontrollieren könnte. Danach bekam sie eine Physik-Professur an der kalifornischen Universität von San Diego, wo sie die Thomson-Streuung erforschte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Ihr eigentliches Anliegen war jedoch, Mädchen für die Wissenschaft und die Raumfahrt zu begeistern. Sie hatte in ihrer Karriere bei der NASA oft genug erlebt, wie schwierig der Weg für eine Frau ist. Zum Start der ersten auf sechs Tage angelegten Shuttle-Mission wurde sie gefragt, ob 100 Tampons reichen würden, weil niemand der planenden Männer Genaueres über die weibliche Physiologie wusste.

Auf der letzten Pressekonferenz vor ihrem ersten Flug stellten Journalisten peinliche Fragen über Schminken, Kinderwünsche oder die Periode, die niemals den Männern der Shuttle-Crew gestellt wurden, wie sie pikiert anmerkte. Zusammen mit ihrer Lebensgefährtin Tam O’Shaughnessy schrieb sie Bücher wie "The Third Planet: Exploring the Earth from Space", das mehrere Preise gewann. Aus dieser Sicht auf die Erde entstand die Idee der Sally Ride EarthKAM (Earth Knowledge Acquired by Middle school students) und später die entsprechende MoonKAM – Projekte, um Schülern und Studenten die Raumfahrt näherzubringen.

Absturzort der Raumsonden Grail und Flow, die dort im Dezember 2012 auf dem Mond geplant aufschlugen, der nach Ideengeberin Sally Ride benannt wurde. Sie verstarb nur wenige Monate zuvor und war an der Mission aktiv beteiligt.

(Bild: NASA)

Nach Sally Ride ist ein Ort auf dem Mond benannt, an der die NASA-Satelliten Ebb und Flow im Jahre 2012 auf die Oberfläche krachten, nachdem sie die Mondschwerkraft gemessen hatten. Kurz zuvor, am 23. Juli 2012, war Sally Ride an Bauchspeicheldrüsenkrebs verstorben. Erst mit ihrem Tod wurde bekannt, dass sie seit 27 Jahren in einer lesbischen Beziehung lebte. Damit wird sie in der LBGTQ-Gemeinschaft als erste queere Person im All gefeiert.

Zudem verlieh ihr Barack Obama posthum für ihre Verdienste in der Raumfahrt und der Bildung die Medal of Freedom. Ihr Andenken fand längst Eingang in der Popkultur: Die New Yorker Stand-up Comedian Marcia Belsky erinnerte 2021 in ihrem Programm "The 100 tampons NASA (almost) sent to space – and other absurd songs" an die skurrile Anekdote um die Tampons.

In der Streaming-Serie "For All Mankind" (AppleTV), die in einer alternativen Realität spielt, in der das Space-Shuttle-Raumfahrtprogramm ohne Unterbrechungen weiterläuft, wird Sally Ride von der Schauspielerin Ellen Wroe gespielt. In der in Produktion befindlichen Miniserie "The Challenger" wird Sally Ride von der Schauspielerin Kristen Stewart verkörpert. Die Serie soll voraussichtlich bei Amazon Prime Video erscheinen.

(mawi)