Zahlen, bitte! In 25 Minuten durch Raum und Zeit: Die erste Folge Doctor Who

Die britische Science-Fiction-Serie Doctor Who, in der ein Außerirdischer mit einem Raumschiff in Form einer Polizei-Zelle durch Raum und Zeit reist, wird 60.

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Inhaltsverzeichnis

Die erste Folge begann unspektakulär: Ein Streifenpolizist sondiert auf einem verlassenem Hof des Nachts eine Polizei-Zelle, die augenscheinlich ihre beste Zeit bereits hinter sich gebracht hatte, aber mysteriös brummt. Am 23. November 1963 flimmerte mit "Ein Kind von den Sternen" (An Unearthly Child) die erste Folge der Science-Fiction-Serie Doctor Who über britische Bildschirme.

Sie sollte eigentlich nur eine Lücke zwischen Sport am Nachmittag und Musik am Vorabend schließen. Daraus entwickelte sich die am längsten laufende SF-Serie, die mit über 39 Staffeln und fast 900 Folgen mit Unterbrechungen seit nunmehr 60 Jahren ein fester Bestandteil britischer Fernsehkultur geworden ist und mittlerweile rund um den Globus ihre Fans hat.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Das aktuelle Doctor-Who-Logo

(Bild: BBC)

Doch was ist Doctor Who? Die Zutaten sind seit 6 Jahrzehnten die gleichen: Ein außerirdischer Timelord vom Planeten Gallifrey, der sich nur der Doktor nennt, reist mit zumeist menschlichen Helfern durch Raum und Zeit oder rettet die Welt vor ungemütlichen Kreaturen. Er wirkt dabei äußerlich menschlich bis auf die Tatsache, dass er zwei Herzen besitzt. Zwar ist er den Menschen von der Intelligenz her überlegen und lässt das die Umstehenden auch oft und gern wissen, braucht aber auch die Mithilfe seiner Begleiter, um Abenteuer zu bestehen.

Doch wie begann Doctor Who? Sydney Newman, damaliger Schauspielchef der BBC erdachte mit dem BBC-Autor C. E. Webber die Serie für die fünfundzwanzigminütige Lücke zwischen der Sportsendung Grandstand (in etwa vergleichbar mit der hiesigen Sportschau) und der Musiksendung Juke Box Jury. Ziel war eine Science-Fiction-Serie für Erwachsene und Jugendliche gleichermaßen.

Mit den Zeitreisen konnten sie einerseits spannende Geschichten erfinden und andererseits verschiedene Epochen ansteuern, um durch die Darstellung einen gewissen Bildungsanspruch zu erfüllen. Als Doktor wurde William Hartnell auserkoren: Der damals 55-Jährige war ein Schauspieler mit viel Bühnen- und Fernseherfahrung. Carol Ann Ford spielte Susan, die Enkelin des Doktors, die in die Coal Hill Schule ging.

In der ersten Folge wollen die Lehrer Ian Chesterson und Barbara Wright die Schülerin Susan zu Hause besuchen, finden an der Meldeadresse nur die besagte Polizei-Zelle auf dem Schrottplatz vor. Nachdem der Doktor auftaucht, nötigen sie ihn, die Polizei-Zelle zu öffnen, aus der die Stimme von Susan zu hören ist. Als sie feststellen müssen, dass es keine enge Telefonzelle, sondern ein futuristisches Raumschiff ist, möchten die beiden Lehrer die Tardis wieder verlassen. Doch sie werden vom Doktor auf die erste Reise mitgenommen, da er sonst Aufdeckung fürchtet. In drei weiteren Folgen müssen sie Abenteuer in der Steinzeit bestehen.

Aber wie reist der Doktor durch Raum und Zeit? Das ermöglicht die Tardis (Time And Relative Dimension(s) In Space, also Zeit und relative Dimension(en) im Raum): Ein Raumschiff, welches von Außen einer britischen Polizei-Zelle ähnelt, wie sie zu der Zeit in Großbritannien als Notrufstelle für den Bürger und Hilfszelle mit Festsetzungsmöglichkeit für Polizisten üblich war. Für die deutsche Übersetzung passend akronymisiert nennt Susan in der ersten Folge den Namen Tardis als Trips aufgrund relativer Dimensionen im Sternenzelt.

Die Optik ist dabei nur Tarnung: Wer eintritt, gelangt zur Raumschiffbrücke: Einem futuristisch anmutender Raum, der viel, viel größer ist, als es die Außenmaße eigentlich erlauben, und von dessen Steuerpult in der Mitte der Doktor das Raumschiff steuert. Bis heute hat sich das Äußere zwar modernisiert – die derzeitige Tardis sieht in Nuancen anders aus als die der ersten Folge – ist aber von der Gesamterscheinung weitgehend gleich geblieben. Das äußere bleibt immer gleich, obwohl sie sich eigentlich automatisch der Umgebung anpassen sollte. Das liegt daran, dass der Chamelion-Schaltkreis, der die Tardis je nach Einsatzgebiet tarnen sollte, defekt sei.

Eine Originalrequisite der Tardis, die in den 1980er-Serien verwendet wurde.

(Bild: CC BY SA 2.5, Zir)

Der Innenraum wiederum kann von Doktor zu Doktor völlig unterschiedlich aussehen. Gleichbleibend ist nur der Standort der Mittelkonsole. Die Tardis kann sich in fast jeden Punkt und jeden Zeitraum im Universum materialisieren. Ein feiner Nebeneffekt war, dass damit keine aufwendigen und kostspieligen Weltraumaufnahmen notwendig waren: Man musste nur die Tardis in der Kulisse auftauchen lassen. In späteren Folgen flog sie allerdings auch durchs All.

Der Start der Serie stand dabei unter unglücklichen Vorzeichen: Am Tag zuvor wurde US-Präsident Kennedy ermordet und das Weltereignis stellte die Erstausstrahlung in den Schatten, zumal ein großer Stromausfall dafür sorgte, dass viele Briten die Sendung nicht sehen konnten. Somit änderten die Macher für die Folgewoche kurzfristig das Programm und strahlten die erste nochmals vor der zweiten Folge aus, was diesmal auch mit guten Quoten belohnt wurde.

Welches Potenzial in der Serie steckt, wurde dann mit dem ersten Auftauchen der Daleks klar – die bekannten Alien-Widersacher des Doktors in den metallischen Körpern sorgten für Serien-Einschaltquoten von über 10 Millionen Zuschauern. Die Art der Daleks wurden dem Nationalsozialisten nachempfunden. Optisch waren sie eher albern, aber ihr Rassenwahn und deren Skrupellosigkeit wirkte beängstigend. Mit den Cybermen, einer Mischung aus Mensch und Roboter, schuf man zudem Figuren, die mit ihrem Drang zur Assimilation viele Eigenschaften der Borgs – der bekannten Star-Trek-Alienrasse – vorwegnahmen. Unzählige weitere Aliens kamen mit der Zeit hinzu.

Ein Dalek aus der Serie.

Hartnell verkörperte dabei den Doktor bis 1966. Aufgrund von immer stärker werdenden gesundheitlichen Schwierigkeiten musste eine Lösung für eine Nachfolge gefunden werden und die war einfach wie genial: Als Timelord stirbt der Doktor nicht, sondern regeneriert. Somit entsteht eine körperlich völlig andere Figur, die sich oftmals auch charakterlich von der Vorgängerfigur unterscheidet, aber das Wissen des alten Doktors behält.

Die Serie entwickelte sich zu einem Dauerbrenner: von 1963 bis 1989 wurden 700 Folgen mit sieben Doktoren gedreht. Von einem zweiteiligen Special zum 30-jährigen-Jubiläum 1993 und einem Fernsehfilm 1996 abgesehen, ging es erst 2005 wieder mit der Serie weiter. Christopher Eccleston verkörperte als neunter Doktor die Figur für eine Staffel, gefolgt von David Tennant als zehntem Doktor, der besonders beliebt bei den Fans wurde. 2018 bis 2022 spielte mit Jodie Whittaker erstmals eine Frau die Rolle. Zum Jubiläumsspecial zum 60. Jubiläum übernimmt David Tennant den 14. Doktor, begleitet von Donna, gespielt von Catherine Tate, die bereits dabei war, als Tennant den zehnten Doktor verkörperte. Mittlerweile zählt die Serie auf über 870 Folgen und 26 Specials. Ein Teil der Episoden sind verschollen, da die Magnetbänder einiger Folgen der 1960er und 1970er aus Kostengründen überspielt wurden.

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In Deutschland erreichte sie nie die Popularität wie in Großbritannien oder USA, weil das ZDF sich 1968 nach Probesichtungen gegen einen Import der Serie entschied. Erste Folgen des siebten Doktors zeigte RTL im Jahr 1989, VOX strahlte weitere Folgen aus, unter anderem auch des sechsten Doktors. Pro 7 zeigte ab 2008 Folgen des neunten und zehnten Doktors. Schwung kam ab 2016 auf durch One, dem Spartensender von ARD. Dienstags liefen bis 2023 Staffeln der Doktoren ab 2005 und die Ablegerserie Torchwood. Unter dem Hashtag Homeforwhovians versammelten sich bei Twitter die Whovians, wie sich die Doctor-Who-Fans selbst nennen, um über die laufenden Sendungen zu twittern.

Die Folgen des Jubiläumsspecials laufen beim Disney+-Streamingdienst. Den Anfang macht "Das Monster von den Sternen" am 25. November 2023, gefolgt von "In blauer Ferne" am 2. Dezember 2023 und als Abschluss "Das Kichern" am 9. Dezember 2023. Den Bösewicht mimt Neil Patrick Harris. Danach schlüpft Ncuti Gatwa in die Rolle des 15. Doktors.

Seit 2015 treffen sich die Doctor-Who-Fans auf der Timelash. War der Veranstaltungsort bisher in Kassel, findet sie ab 2024 nun im südhessischen Groß-Umstadt statt.

(mawi)