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Ein gut ausgestattetes Betriebssystem in der Tasche kann einem aus so mancher Klemme helfen. Doch die Auswahl ist groß, und nicht jedes Live-System eignet sich für jeden Zweck.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Michael Riepe

Mit Smartphones, Tablets oder Netbooks kann man allerhand bewerkstelligen. Manche Aufgaben erfordern jedoch einen ausgewachsenen PC – notfalls einen geliehenen. Sollen auf dem keine Spuren zurückbleiben, empfiehlt es sich, ihn von einer Live-CD oder einem USB-Stick zu booten. Letzterer ist nicht nur handlicher, sondern lässt sich obendrein als Speicher- und Transportmedium für neue und geänderte Dateien nutzen.

Neben Live-CDs mit einem mehr oder weniger kompletten Desktop-Betriebssystem für den allgemeinen Gebrauch gibt es welche, die auf bestimmte Anwendungen zugeschnitten sind. Die Palette reicht vom Medien-Player – der auch im Zeitalter des iPod noch seine Daseinsberechtigung besitzt, weil er unter Umständen mehr Dateiformate beherrscht – über Router, WLAN Access Points, Firewalls, Thin Clients und kleine Server bis zur kompletten Arbeitsumgebung für bestimmte Berufsgruppen.

Aus lizenzrechtlichen Gründen kommt meist Linux oder ein anderes freies Betriebssystem zum Einsatz – der NAS-Server FreeNAS (siehe iX-Link [a]) und die Router/Firewall-Kombination m0n0wall [b] etwa basieren auf FreeBSD. Wer ein „tragbares“ Windows bevorzugt, muss mit Microsofts eigenen Tools, Bart Lagerweijs PE Builder [c] oder dem WinBuilder [d] ein Windows PE (Preinstalled Environment) auf der Basis von XP, Vista oder Windows 7 selbst zusammenbauen und um die benötigten Anwendungen ergänzen. Für WinBuilder gibt es im Netz zahlreiche vorgefertigte Skripte, die dem Nutzer viel Arbeit abnehmen.

Linux-Live-CDs hingegen kann man direkt aus dem Netz herunterladen, meist in zwei Versionen für x86- und x86_64-CPUs. Mitunter findet man jedoch auch CD-Images, die auf alten Rechnern der i386- oder i486-Klasse laufen, etwa Damn Small Linux (DSL), das mindestens einen 486DX mit 16 MByte RAM voraussetzt und selbst nur rund 50 MByte belegt [e]. Das nicht ganz so schlanke, auf Debian basierende Finnix benötigt mindestens 32 MByte RAM und eine CPU der Pentium-Klasse, ist jedoch auch als PowerPC-Version für Macs zu haben.

Puppy Linux [f] existiert zurzeit in drei Varianten: Lucid Puppy für aktuelle Hardware, Wary Puppy für etwas ältere Rechner und die experimentelle Version Quirky Puppy – allerdings nur für x86-Prozessoren. Die Distribution besitzt ihr eigenes Ökosystem mit dem speziellen Paketformat „PET“, der Build-Umgebung Woof [g] und zahlreichen Derivaten und Zusatzpaketen. Leider pflegt Erik Veenstra sein QEMU-Puppy [h], das sowohl auf der nackten Hardware als auch unter dem PC-Emulator QEMU unter Linux oder Windows lief, nicht weiter. Die letzte Version ist jedoch noch erhältlich und leistet unter Umständen gute Dienste auf älterer Hardware. Wer genug Ressourcen zur Verfügung hat, kann selbstverständlich auch eins der größeren Live-Linuxe wie Knoppix [i], Kanotix [j] oder BLAG [k] verwenden. Freunde der Kommandozeile sollten außerdem Grml in Betracht ziehen [l].

Mitunter sind solche allgemein gehaltenen Live-CDs jedoch weniger gut geeignet, wenn es gilt, besondere Aufgaben zu erledigen. Muss der Administrator etwa einen Rechner wieder zum Laufen bringen, greift er besser zu Spezialwerkzeugen wie der PLD RescueCD [m], Recovery Is Possible [n], der SystemRescueCD [o] oder BG-Rescue Linux [p]. Letzteres eignet sich mit einem 2.4er-Kernel und geringen Systemanforderungen – ein 486DX mit 20 MByte RAM – vor allem für ältere Computer. Für Arbeiten am Speichersubsystem bieten sich Clonezilla [q] und Parted Magic [r] an. Eine ältere Version des Letzteren ist auch auf der Ultimate Boot CD [s] enthalten, die außerdem ein FreeDOS [t] und diverse Test- und Diagnosewerkzeuge für Hardware und BIOS mitbringt.

Speziell für forensische Untersuchungen ist CAINE (Computer Aided INvestigative Environment) gedacht [u]. Zu den Eigenarten des italienischen Ubuntu-Derivats gehört, dass es niemals ein Volume automatisch mountet – das könnte immerhin wichtige Beweise vernichten. Aus demselben Grund ignoriert es bei den Linux-Dateisystemen ext3fs und ext4fs das Journal, das be- oder entlastendes Material enthalten könnte. Ebenfalls an Forensiker richtet sich die leider schon etwas ältere FCCU GNU/Linux Forensic Boot CD [v].

Wer im Netz auf die Suche nach Bösewichtern geht oder seine Systeme auf Sicherheitslücken überprüfen will, kommt um Backtrack [w] kaum herum – es sei denn, er verwendet Katana ×. Letzteres ist allerdings keine Distribution im eigentlichen Sinne, sondern ein Baukasten für eine multiboot-fähige Sicherheits-Suite, die mehrere Live-Systeme vereint – darunter Backtrack, die Ultimate Boot CD, CAINE, Puppy Linux und Clonezilla – und sich um weitere ergänzen lässt. Außerdem ist das Samuraischwert ausschließlich zum Booten von USB-Sticks und -Festplatten – Mindestkapazität: 8 GByte – oder zur Installation auf dem Rechner gedacht.

Alle Links: www.ix.de/ix1105145 (mr)