Übergemalt

CDs und DVDs verwenden üblicherweise das ISO-9660-Dateisystem, das keine nachträglichen Änderungen zulässt. Mit den passenden Werkzeugen kann sich der Nutzer jedoch in vielen Fällen das aufwendige und fehlerträchtige Neuerstellen sparen.

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Von
  • Michael Riepe

Wer Daten bequem transportieren will, nimmt dazu heutzutage einen USB-Stick oder, falls er mehr Kapazität benötigt, eine mobile Festplatte. Unter Umständen ist es jedoch sinnvoll, auf preiswertere optische Datenträger wie CD-R und DVD-R zurückzugreifen, etwa für das Verteilen von Software und Dokumenten.

Dass sich die Medien nicht überschreiben lassen, kann sogar Vorteile bieten. Bootet zum Beispiel die Firewall von einer CD, haben es Angreifer erheblich schwerer, Schadcode permanent in das System einzuschleusen. Will der Administrator die Konfiguration ändern oder ein Update der Software einspielen, muss er eine neue CD erstellen oder die vorhandene durch Hinzufügen einer weiteren Session modifizieren.

Mit den üblichen Mastering-Tools wie mkisofs ist das eine eher mühsame und fehlerträchtige Aufgabe. Einfacher geht es zum Beispiel mit dem grafischen isomaster. Das Programm liest eine vorhandene Image-Datei im ISO-Format oder im proprietären NRG-Format von Nero Burning ROM ein. Anschließend kann der Nutzer Dateien umbenennen, hinzufügen, löschen und editieren sowie ihre Zugriffsrechte ändern. Außerdem lässt sich eine CD oder DVD nachträglich bootfähig machen.

Das modifizierte Image kann der Anwender im ISO-Format speichern. Wem mkisofs zu umständlich ist, der kann mit einem leeren Image beginnen und das komplette CD- oder DVD-Image mit isomaster erstellen. Für Linux und die BSD-Varianten ist das Programm unter Version 2 der GPL im Quellcode erhältlich; die Windows-Version ist leider kostenpflichtig.

Erheblich weniger Komfort, aber mehr Funktionen bietet xorriso. Das aus dem libburnia-Projekt stammende Kommandozeilenprogramm erlaubt es nicht nur, das ISO-9660-Dateisystem zu manipulieren. Unter Linux, FreeBSD und (Open-)Solaris kann es CDs, DVDs und Blu-ray Discs auch direkt lesen und schreiben. Tatsächlich können seine Inkarnationen xorrisofs und xorrecord in vielen Fällen als Ersatz für mkisofs und cdrecord dienen. Darüber hinaus ist xorriso in der Lage, die vorgenommenen Änderungen als zusätzliche Session auf einen nicht abgeschlossenen Datenträger zu schreiben („growing“).

xorriso unterscheidet zwischen Ein- und Ausgabegerät. Mit den Optionen –indev <gerät> und –outdev <gerät> kann der Anwender unterschiedliche Geräte oder Dateien angeben, etwa zum Kopieren von einem Laufwerk aufs andere. Will er einen vorhandenen Datenträger ergänzen, muss er mit –dev <gerät> Ein- und Ausgabe mit demselben Laufwerk verbinden.

Dient ein Multisession-Medium als Eingabe, lädt das Programm normalerweise die letzte Session. Mit der Option –load session <nummer> kann man jedoch auch auf eine frühere Session zugreifen. Welche „Sitzungen“ vorhanden sind, zeigt das Kommando xorriso –indev <gerät> –toc. Analog kann der Nutzer mit –load track <nummer> einen beliebigen Track laden. Darüber hinaus bietet das Programm die Möglichkeit, Sessions und Tracks mit –load lba <sektor> direkt anzusprechen oder anhand der Volume-ID auszuwählen.

Der Inhalt des Dateisystems lässt sich nahezu beliebig verändern. Die Option –add fügt Dateien oder ganze Verzeichnisbäume hinzu; –path_list leistet dasselbe, liest jedoch die Namen der hinzuzufügenden Objekte aus einer vorbereiteten Datei. Verwendet man –map statt –add, lässt sich in einem Arbeitsgang der Name oder Pfad der Datei ändern. Die Option –update bringt eine Datei im ISO-Dateisystem auf denselben Stand wie ihr Gegenstück auf der Festplatte, –update_r aktualisiert ganze Verzeichnisbäume.

Existierende Dateien kann der Nutzer mit –mv umbenennen oder mit –rm löschen. Leere Verzeichnisse löscht –rmdir, gefüllte –rm_r. Analog lassen sich mit –chown(_r), –chgrp(_r) und –chmod(_r) Eigentümer und Zugriffsrechte ändern. –hide verbirgt Dateien aus dem Verzeichnis. Besonders nützlich ist die Option –find, die ähnlich wie der gleichnamige Unix-Befehl arbeitet und es erlaubt, Operationen nur auf bestimmte Dateien anzuwenden. Mit –find / –type f –name "*.bak" –exec –rm -- etwa kann der Nutzer alle Dateien entfernen, deren Name auf .bak endet. Das doppelte Minuszeichen am Ende ist nur erforderlich, wenn weitere Optionen folgen.

Wer Platz sparen will, kann Dateien mit gzip, bzip2 oder einem ähnlichen Programm komprimieren. Die Filterfunktion lässt sich so einstellen, dass eine Datei nur durch ihre komprimierte Version ersetzt wird, wenn sich dadurch tatsächlich eine Ersparnis ergibt. Linux-Nutzer dürften zu schätzen wissen, dass xorriso auch das zisofs-Format beherrscht, das „transparentes“ – sprich: unsichtbares – Komprimieren von Dateien ermöglicht.

Im integrierten Dialogmodus lassen sich ISO-Images interaktiv erstellen oder ändern. Darüber hinaus bietet xorriso zahlreiche Funktionen, die für das Bearbeiten von ISO-Images von eher untergeordnetem Interesse sind. So kann man mit dem Programm etwa Backups erstellen, die auch Hardlinks, ACLs, erweiterte Dateiattribute und MD5-Prüfsummen der gesicherten Dateien enthalten, Datenträger auf Fehler prüfen und vieles mehr.

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