zurück zum Artikel

Hintergrund: Langsamer Speicher bei günstigen iPhone-Modellen

Johannes Schuster
iPhone 7 in der Hand

(Bild: dpa, Monica Davey)

iPhone-Modelle mit der kleinsten Speicherausstattung zeigen eklatante Performance-Schwächen beim Zugriff auf den Flash-Speicher. Das betrifft besonders das iPhone 7 und 6s. Wir haben untersucht, woran das liegen könnte.

Seit einigen Tagen kursiert die Nachricht, dass das iPhone 7 mit 32 Gigabyte und das iPhone 7 Plus mit 32 Gigabyte deutlich langsameren Flash-Zugriff aufweisen als die teureren Modelle mit 128 und 256 GByte. Für unseren ersten Online-Test von iPhone 7 und 7 Plus [1] und unseren ausführlichen Testbericht in Mac & i Heft 5/2016 [2] standen uns noch keine Versionen der neuen iPhones mit wenig Speicher zur Verfügung, weshalb wir sie seinerzeit noch nicht testen konnten. Dies haben wir nun nachgeholt und auch gleich untersucht, ob das Problem bei früheren Generationen auftritt.

Das Ergebnis vorweg: Es stimmt – das iPhone 7 und das iPhone 7 Plus in der Ausführung mit weniger Festspeicher sind beim Zugriff auf die Flash-Bausteine erheblich langsamer als die Modelle mit mehr Festspeicher. Im Test mit dem kostenlosen Benchmark-Programm PassMark [3] ergab sich auf dem iPhone 7 mit 32 Gigabyte ein Wert von 303 MByte/s beim Lesen von Daten aus dem Fest- in den Hauptspeicher. Das gleiche Modell mit 128 GByte Flash schaffte 904 MByte/s: es war also um den Faktor drei schneller. Beim Schreiben ist der Unterschied noch deutlicher: das iPhone 7 mit 32 GByte schaffte 41,7 MByte/s, das mit 128 GByte hingegen 307 MByte/s: Faktor 7.

Das iPhone 7 Plus mit 32 GByte war beim Schreiben genau so langsam (43,3 MByte/s), beim Lesen aber mit 727 MByte/s mehr als doppelt so schnell wie das 7er ohne Plus (siehe Tabelle am Ende des Artikels).

Zum Vergleich haben wir uns auch noch einmal die Vorgänger-Versionen vorgenommen: Zwischen dem iPhone 6s mit 16 und 128 GByte ermittelten wir bei Schreibzugriffen ebenfalls einen krassen Unterschied von 40,1 zu 319 MByte/s. Die Topausstattung ist also beim Sichern von Daten acht mal so schnell wie die günstige Ausführung.

Kurioserweise war das iPhone 6s mit 16 GByte beim Lesen mit 542 MByte/s sogar schneller als die Variante mit 128 GByte, die es auf 359 MByte/s brachte. Bei den beiden iPhone-6-Modellen mit 16 und 64 GByte Flash fiel der Unterschied mit 153 zu 180 MByte/s lesend und 34,2 zu 61,7 MByte/s schreibend deutlich geringer aus.

Positiv zu vermerken sind die enormen Performance-Verbesserungen innerhalb von zwei Generationen – jedenfalls bei den mit mehr Speicher bestückten Varianten: von 180 MByte/s (iPhone 6, 64 GByte) über 359 MByte/s (iPhone 6s, 128 GByte) zu 904 MByte (iPhone 7, 128 GByte) bedeutet jedes Jahre eine Verdoppelung der Lesegeschwindigkeiten oder mehr.

Die kostenlose App PassMark misst den Speicherdurchsatz. Beim iPhone 7 Plus mit 32 Gigabite kamen nur 43,3 MByte/s beim Schreiben zustande.

Um die Aussagekraft der synthetischen Benchmarks mit Messwerten aus der Praxis zu vergleichen, haben wir auf einigen in der Redaktion verfügbaren Modellen einen weiteren Test durchgeführt: Dabei mussten die iPhones jeweils ein 4K-Video von 5 Minuten Länge mit einer Größe von 1,73 GByte duplizieren, also in einem Vorgang lesen und als Kopie schreiben. Das kleinste iPhone 6 (16 GByte) war hier rund 40 Prozent langsamer als das iPhone 6 mit 64 GByte. Das iPhone 6s mit 16 GByte benötigte über 300 Prozent mehr Zeit als das iPhone 6s mit 128 GByte. Beim iPhone 7 Plus betrug der Unterschied zwischen den Modellen mit 32 und 128 GByte fast 400 Prozent – jedenfalls bei unseren Testgeräten.

Warum die günstigste Version vom iPhone 7 und 7 Plus so viel langsamer ist als die mittlere, konnten wir nicht abschließend klären. Einer der Hauptgründe dürfte sein, dass alle Solid-State-Disks (SSDs), bei größerer Kapazität tendenziell schneller werden, da der Speicher-Controller über mehr Kanäle gleichzeitig Daten schicken oder holen kann. Bei PC-Bausteinen wird das Performance-Maximum derzeit meist bei 512 bis 1024 GByte Kapazität erreicht. Beim MacBook Air [4] hatte sich in unseren Tests ebenfalls ein großer Unterschied zwischen den SSDs des selben Herstellers mit 256 und 128 GByte gezeigt.

Die unterirdische Schreibrate des kleinen iPhones von rund 40 MByte/s erklärt sich aber nicht allein dadurch. Ein möglicher Grund könnten auch langsame Flash-Bausteine sein, die Apple in den günstigeren Modellen einsetzt, ein schwächerer Controller oder ein schlechteres Zusammenspiel zwischen Flash-Bausteinen und Controller.

Wie die Fotos von iFixIt belegen, setzt Apple beim iPhone 7 mit 32 GByte Bausteine von Hynix (scrollen bis Step 14) [5] ein (SK/H23QEG8VG2ACS) und beim iPhone 7 Plus mit 128 GByte Bausteine von Toshiba (scrollen bis Step 15) [6] (THGBX6T0T8LLFXF). Wir vermuten, dass Apple obendrein auch Speichermodule anderer Hersteller verwendet, worauf die Unterschiede zwischen unserem iPhone 7 und 7 Plus (beide mit 32 GByte) hindeuten. Beim MacBook Air traten seinerzeit ebenfalls starke Geschwindigskeitsunterschiede zwischen SSDs [7] von SanDisk und Samsung auf.

In der Praxis ist das Schreib-Manko nur selten merkbar: Beim Speichern größerer Datenmengen wie Videos oder Panorama-Fotos wartet man beim iPhone 7 mit 32 GByte zwar durchaus etwa vier mal so lange wie beim 128-GByte-Modell. Dies kommt zum Beispiel beim Schneiden von Videos mit iMovie vor. Beim viel häufiger gefragten Lesen von Daten sind beide für die allermeisten Aufgaben locker schnell genug und die Unterschiede fallen kaum auf. Wer etwa viele 4K-Videos dreht, dürfte sich ohnehin ein mit viel Speicher bestücktes iPhone zulegen.

Beim Umgang mit Apps, die deutlich weniger Daten bewegen, wird man den Unterschied kaum oder gar nicht bemerken. Sie können also auch weiterhin bedenkenlos die mit weniger Flash-Speicher ausgestatteten Modelle kaufen, wenn Sie hauptsächlich mit Standard-Apps arbeiten und nur gelegentlich Panoramen fotografieren oder filmen.

Wenn es auf hohe Geschwindigkeit beim Lesen und Schreiben von Daten ankommt, gilt die Faustregel: Mehr Speicher ist besser als weniger, ein neueres iPhone besser als ein älteres.

Beim Zugriff auf den Speicher von außen, also etwa vom Mac aus, spielt der Unterschied keine Rolle, denn hier begrenzen andere Faktoren den Durchsatz. Alle iPhones arbeiten beim Datentransfer über Lightning-Kabel nach wie vor auf USB-2-Niveau (ca. 40 MByte/s). Das iPhone 7 mit 128 GByte kommt zwar intern bereits auf USB-3-Geschwindigkeit, aber nicht bei externen Zugriffen.

Beim Herunterladen von Daten aus dem Internet oder beim Hochladen etwa in die Cloud ist der Aspekt ebenfalls irrelevant, weil Mobilfunk und WLAN auch nicht mehr Datendurchsatz erzielen.

iPhones im Speichertest
PassMark BaseMark OS II Video
Lesen Schreiben Memory Duplizieren
MByte/s MByte/s Punkte Sekunden
iPhone 7 32 GByte 303 41,7 895 49,19
iPhone 7 128 GByte 904 307 1924 14,02
iPhone 7 Plus 32 GByte 727 43,3 894 40,53
iPhone 7 Plus 128 GByte 869 299 2118 10,81
iPhone 6s 16 GByte 542 40,1 748 51,47
iPhone 6s 128 GByte 359 319 1575 16,23
iPhone 6s Plus 128 GByte 328 314 1907 18,13
iPhone 6 16 GByte 153 34,2 520 57,56
iPhone 6 64 GByte 180 61,7 697 42,73

(jes [8])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3347610

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/tests/iPhone-7-und-7-Plus-im-ersten-Test-3319259.html
[2] http://www.heise.de/mac-and-i/heft/2016/5/56/
[3] https://itunes.apple.com/de/app/performancetest-mobile/id494438360?mt=8
[4] http://www.heise.de/mac-and-i/produkte/vergleichen-198-201/#hdd
[5] https://www.ifixit.com/Teardown/iPhone+7+Teardown/67382
[6] https://www.ifixit.com/Teardown/iPhone+7+Plus+Teardown/67384
[7] https://www.heise.de/mac-and-i/meldung/Neues-MacBook-Air-Langsamere-SSD-liegt-weiter-am-Hersteller-2184008.html
[8] mailto:jes@ct.de