Macoun 2016: Entwicklerkonferenz zu Cocoa, Swift und Co

Bereits zum neunten Mal trafen sich iOS- und Mac-Entwickler in Frankfurts Haus der Jugend zur zweitägigen Macoun-Konferenz. 507 Teilnehmer aus sieben Ländern tauschten sich über die neuesten Trends der Apple-Entwicklerszene aus.

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(Bild: Jérôme Lang)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Ortwin Gentz
Inhaltsverzeichnis

Die Macoun ist nicht nur eine Anlaufstelle für Profis, sondern auch für Einsteiger und Hobby-Entwickler. Der Umgang ist locker: So sind Krawatten verpönt, man bleibt beim "Du" und es herrscht eine freundliche und kollegiale Stimmung. Dennoch bekamen die Teilnehmer eine Menge Fachbeiträge geboten: Gleich sechs Vorträge befassten sich mit Swift, ansonsten wurde von UI-Themen über Entwicklungswerkzeuge bis zu iMessage-Extensions und der OBD2-Fahrzeugdiagnose ein breites Themenspektrum abgedeckt. Auch diesmal konnten Teilnehmer in der "Werkstatt" unter der Leitung von Peter Maurer ihre Code-Fragen mit erfahrenen Experten besprechen. In diesem Jahr konnten erstmals auch Marketing- und Businessthemen in der Gesprächsrunde mit Andreas Zeitler erörtert werden.

Wie im letzten Jahr gastierte auch dieses Jahr wieder der Digital Retro Park mit seiner Ausstellung aus fast 40 Jahren Apple-Geschichte. Vom Apple II über den Mac Portable bis zum NeXT Cube gab es eine breite Hardware-Palette zum Bestaunen und Anfassen.

Macoun 2016: Entwicklerkonferenz zu Cocoa, Swift und Co (12 Bilder)

Im Digital Retro Park wurden Exponate aus fast 40 Jahren Apple-Geschichte ausgestellt. Im Vordergrund der iMac G4, auch Lampenschirm-iMac genannt.
(Bild: Jérôme Lang)

Der Spieleentwickler Tobias Klüpfel blickte in seinem Vortrag über den Tellerrand der Spieleentwicklung hinaus und untersuchte, welche Konzepte sich davon auf Produktivitäts-Apps übertragen lassen. Denn Spiele und andere Apps stehen vor ähnlichen Herausforderungen, etwa bei der Auffindbarkeit von Gesten und Funktionen. Klüpfel kam dabei zu der Einsicht, dass Erklärbildschirme und Tutorials zwar immer nur die zweitbeste Lösung nach einer selbsterklärenden Oberfläche sind, aber dennoch besser als gar nichts. Im Gegensatz zu Spielen dürfen Produktivitäts-Apps sich dagegen ruhig einmal trauen, "langweilig" zu sein, so Klüpfel. Denn sie seien in erster Linie Werkzeuge und sollten dem Nutzer nicht z.B. mit übertriebener Animation im Weg stehen.

Max Seelemann, einer der diesjährigen Gewinner eines Apple Design Award, analysierte die mittlerweile beeindruckende Vielfalt von Screen-Größen und die sich daraus ergebenden Herausforderungen. Unter Berücksichtigung von Hoch- und Querformat sowie Slide Over und Splitview auf dem iPad ergeben sich über alle iOS-Geräte hinweg 22 verschiedene Größen, für die Entwickler ihre Apps optimieren müssen. Apple liefert mit dem Split View Controller zwar vorgefertigte Lösungen, die je nach Bildschirmgröße eine App entweder in mehreren Spalten oder in einer Navigationshierarchie darstellen. Allerdings sind diese Lösungen recht beschränkt und lassen keinen Raum für Anpassungen. Ein gutes Beispiel ist Apples iPad Mail App, die im Hochformat keine Spaltendarstellung verwendet, im Gegensatz zu den Einstellungen, die basierend auf dem Split View Controller ein zweispaltiges Layout verwenden. So zieht Seelemann das ernüchternde Fazit, dass für ein optimiertes Layout in allen Größen nach wie vor Handarbeit angesagt ist.

Max Seelemann zeigte die 22 verschiedenen Auflösungen, die aktuell unter iOS 10 auf den verschiedenen Geräten und möglich sind - Rotation, Split View und Slide Over mit eingerechnet.

(Bild: Ortwin Gentz)

Peter Steinberger, Entwickler eines PDF-Frameworks, berichtete von der Erfahrung mit UI-Tests im großen Stil. Die basieren auf dem automatisierten Bedienen von Apps durch Simulation von Touch-Ereignissen und sind eine gute Ergänzung zu Unit-Tests mit denen einzelne Methoden direkt im Code überprüft werden. In der Praxis stellten sich die große Laufzeit von über 30 Minuten bei Ausführung von hunderten von Tests sowie falsche Positive, also fälschliche Fehlschläge, als Stolpersteine heraus. Steinberger erläuterte, wie sich durch verschiedene Tricks wie das Erhöhen der Window-Layer-Geschwindigkeit Tests beschleunigen und die Zuverlässigkeit erhöhen lassen.

Dominic Opitz und Marco Köppel boten einen unterhaltsamen Einblick in das Thema maschinenbasiertes Lernen. Das ist die Basis für viele Technologien von der Bewegungserkennung mit Xbox Kinect bis zu Sprachanalyse-Systemen wie Siri, Cortana, Alexa & Co. Opitz wollte als leidenschaftlicher Skateboard-Fahrer eine App zum Zählen von Skateboard-Pushes bauen und scheiterte zunächst an der komplexen Bewegungserkennung aus den Accelerometer und Gyroskop-Sensordaten. Später kamen sie mit Machine Learning-Algorithmen in Berührung. Die lieferten durch Trainieren mit Beispieldaten eine erstaunliche Erkennungsqualität. Auf der Macoun versuchte Köppel, mit ML-Algorithmen den Kaffeeverbrauch in Korrelation zu Faktoren wie Teilnehmerzahl, Wetter und anderen Faktoren zu setzen, kam aber zu keinem brauchbaren Ergebnis. Überraschenderweise zeigte sich aber eine gute Übereinstimmung mit der Kurve des um ein Jahr verschobenen Apple-Aktienkurses. Dennoch riet er explizit davon ab, dies als Kaufsignal zu verstehen.

Dominic Opitz und Marco Köppel zeigen die Erkennung von Skateboard-Pushes in einer selbstentwickelten iOS-App mithilfe des Machine Learning Frameworks "Swift AI".

(Bild: Jérôme Lang)

Frank Jüstel bastelte live auf der Bühne mit verschiedenen Arduino-Boards und zeigte, unterstützt durch Jan Weinkauff, wie einfach die Steuerung von Aktoren und Sensoren aus einer iOS-App zu machen ist. Während sich Boards wie das Arduino YUN unabhängig vom Betriebssystem über WLAN und eine REST-Schnittstelle per HTTP steuern lassen, verspricht Apples HomeKit eine nahtlose Integration ins Betriebssystem inklusive Siri-Steuerung. Jüstel zeigte, wie sich die Farbe von Philips Hue-Lampen durch Halten von farbigen Karten vor die iPhone-Kamera verändern lässt. Aus dem laufenden Kamerabild wird dabei einfach der Farbmittelwert berechnet und als Farbton und Sättigung an die Lampe übergeben.

Frank Jüstel und Jan Weinkauff zeigen, wie sich eine Philips Hue Lampe per HomeKit mit einer iPhone-App fernsteuern lässt. Die Lichtfarbe wird durch verschiedenfarbige Karten gesteuert, die von der iPhone-Kamera aufgenommen werden.

(Bild: Jérôme Lang)

Auch wenn Apples Entwicklungsumgebung Xcode sich stetig verbessert und zum Beispiel neue Werkzeuge wie der in Xcode 8 hinzugekommene grafische Memory-Debugger zum Aufspüren von Strong Reference-Zyklen willkommene Erweiterungen sind, vermissen Frank Illenberger und Kar Brüning immer wieder hilfreiche Unterstützung zur automatischen Überprüfung von Fehlern. In ihrem Vortrag stellten sie mit Leak Checker ein selbstentwickeltes Open Source-Tool zur automatischen Erkennung von Speicherlecks in Unit Tests vor. Ein weiteres vorgestelltes Framework bietet eine Kapselung der Funktionen von Apples's Grand Central Dispatch für den Objective-C-Programmierer und hilft gleichzeitig bei der Vermeidung von Deadlocks.

Nicht nur Lampen können per HomeKit angesteuert werden, sondern auch ein Popcorn-Automat. Die Teilnehmer ließen es sich anschließend schmecken.

(Bild: Jérôme Lang)

In seinem eigenen Vortrag gab Ortwin Gentz einen Überblick über den neuen iMessage App Store. Überraschenderweise stellen derzeit Bezahl-Apps und Sticker-Packs das dominierende Geschäftsmodell. In-App-Purchases spielen noch keine große Rolle. Gentz führte das auf den Anteil von über 95% Sticker Packs und nur 5% Apps und Spielen zurück. Einfache Sticker Packs bestehen ausschließlich aus Grafiken, während in-App-Käufe eigenen Code benötigen. In einer Live-Coding Session zeigte Gentz die Integration einer iMessage-Extension in der Macoun-App, über die Vortragsbeschreibungen direkt aus der Nachrichten-App ausgewählt und verschickt werden können.

Nach dem Vorbild des Chaos Communication Congress lieferten Klaus Rodewig und Dominik Hauser als Quizmaster einen unterhaltsamen Abschluss der diesjährigen Macoun. Insgesamt acht Freiwillige mussten in drei Runden die passenden Fragen zu vorgegebenen Antworten in Themenbereichen wie Objective-C, Hardware oder Zitate stellen. Zum Beispiel konnte ein Mitspieler problemlos das Zitat "Are you getting it?" zuordnen, das Steve Jobs bei der Vorstellung des iPhone als Telefon, iPod und Communication Device von sich gab. Auch das gezeigte dreizeilige Kauderwelsch aus Zahlen und Sonderzeichen entlarvte ein Kandidat als regulären Ausdruck zum Erkennen von IP-Adressen. Da die iPhone-App zum selbstprogrammierten tvOS-Quiz nicht rechtzeitig fertig wurde, dienten einfache Tröten als Buzzer. Die Gewinner durften sich über eine 42 mm Apple Watch Series 2, eine Apple TV sowie Software-Lizenzen freuen.

Die Teilnehmer der Macopardy Quizshow unter der Moderation von Klaus Rodewig und Dominik Hauser müssen in verschiedenen Kategorien ihr Wissen unter Beweis stellen. Mit "Yes, it's true!" kündigte Steve Jobs auf vorige Gerüchte anspielend den Umstieg von der PowerPC- auf die Intel-Platform an.

(Bild: Ortwin Gentz)

Das Abend-Event im Frankfurter Lokalbahnhof bot den Teilnehmern Zeit zum Kennenlernen, Wiedersehen und Fachsimpeln in entspannter Atmosphäre. Aufgelockert wurde der Abend durch den bereits zum zweiten Mal stattfindenden Macoun Late Night Talk mit Amin Negm-Awad, in dem eine bunte Mischung an Entwickler-Themen auf launige Art präsentiert wurde.

In der Werkstatt konnten sich Teilnehmer zu Code-Fragen beraten lassen.

(Bild: Jérôme Lang)

Die größte deutschsprachige Apple-Entwicklerkonferenz ist mittlerweile eine Institution und Pflichttermin für viele Teilnehmer. Die Mischung aus professioneller Organisation, spannenden Vorträgen und studentischer Community-Atmosphäre ist das Erfolgsrezept der Macoun. Entwickler dürfen sich auf das 10-jährige Jubiläum im nächsten Jahr freuen. (Ortwin Genz/hze) (hze)