Apple-Klage gegen Corellium: US-Bürgerrechtler üben scharfe Kritik
Das gerichtliche Vorgehen des iPhone-Konzerns sei ein gefährlicher Versuch, das DRM-Umgehungsverbot auszuweiten, moniert die Electronic Frontier Foundation.
Apples Versuch, den iOS-Virtualisierungsanbieter Corellium vom Markt zu klagen, stößt zunehmend auf Gegenwind: Die in der Klage vorgebrachten Forderungen des iPhone-Konzerns könnten es "illegal machen", Allzweck-Software-Tools zu entwickeln, "die Dritte möglicherweise zur Entwicklung eines Jailbreaks verwenden", warnte die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF). Es handele sich um einen gefährlichen Versuch, das in den USA durch den Digital Millenium Copyright Act (DMCA) vorgegebene Verbot zur Umgehung digitaler Schutzsystem (Digital Rights Management – DRM) auszuweiten.
EFF: DMCA zementiert Dominanz von Apple & Co
Schon die bestehenden Regeln des DMCA seien ein "juristisches Minenfeld" für Sicherheitsforschung, unabhängige Software-Entwicklung und die Reparatur elektronischer Geräte. Es zementiere letztlich die Dominanz von Tech-Giganten wie Apple, betonte die EFF im Gespräch mit dem Magazin Forbes. Apples Klage bedrohe einen "wichtigen Bereich" der iOS-Software-Entwicklung und Sicherheitsforschung, so die Bürgerrechtler.
Apple erachtet Corelliums Cloud-basierte Virtualisierung von iOS als "klare Copyright-Verletzung". Die Firma bilde nicht nur "virtuelle Versionen" von Apple-Hardware nach, sondern auch "zugrundeliegenden Computer-Code", ohne dafür eine Lizenz zu besitzen, argumentiert der Konzern in der im August 2019 eingereichten Klage (Apple vs. Corellium, United States District Court Southern District of California, Aktenzeichen 9:19-cv-81160). Corelliums iOS-Virtualisierer lässt sich per Browser einsetzen, Kunden müssen iOS dafür von Apples Servern laden, um das Betriebssystem anschließend in der virtuellen Maschine zu installieren.
Apple offenbar an Corellium-Technik interessiert
Corellium argumentiert, die eigene Technik sei von den bestehenden Ausnahmen des DRM-Umgehungsverbots (DMCA Exemptions) abgedeckt. Apple gehe es gar nicht um Copyright, der Konzern sei "frustriert" darüber, Corelliums Technik nicht zu besitzen und die komplette Kontrolle über iOS-Sicherheitsforschung innezuhaben, heißt es in der jüngsten Eingabe der Firma. Apple hat angeblich mehrfach versucht, Corellium zu kaufen.
Apple betonte in einer eigenen Eingabe man unterstütze die Sicherheitsforschung auf eigenen Plattformen, solange sie in "gutem Glauben" erfolgt, man habe noch nie ein juristisches Vorgehen gegen Sicherheitsforscher angestrengt.
Zum ersten Mal seit Jahren gibt es wieder einen öffentlichen Jailbreak für aktuelle iOS-Versionen, der sich auf iPhones bis hin zu iPhone 8 und X durchführen lässt. Apple ließ jüngst auch per DMCA-Beschwerde den von einem Sicherheitsforscher auf Twitter geposteten Entschlüsselungs-Keys für die "Secure Enclave" des iPhone XR löschen – zog die Beschwerde aber umgehend wieder zurück.
(lbe)