Make Magazin 1/2017
S. 56
Anleitung
Aufmacherbild

Laserharfe

Ein Fächer aus Laserstrahlen bildet die Saiten dieses futuristischen Musikinstruments – man zupft sie durch Berühren der Lichtbündel. Eine solche effektvolle E-Harfe kann man nicht nur selbst nachbauen, man braucht sogar nur einen einzigen Laser dafür, dank eines raffiniert bewegten Spiegels.

Regelmäßigen Make-Lesern kommt das Prinzip der hier gezeigten Laserharfe vielleicht bekannt vor. In Ausgabe 4/16 ab Seite 120 beschrieben Dante Killian und Paul Hendriks ihre Lichtharfe, die sie mit Power-LEDs realisiert haben, und die in Grundzügen ganz ähnlich funktioniert: Für jede Saite wird ein Lichtbündel in den Raum gestrahlt. Hält man seine Hand in den Strahl, so wird dessen Licht reflektiert. Passiert das nah genug an einem Helligkeitssensor im Instrument, wird ein MIDI-Signal mit der entsprechenden Frequenz für die Saite erzeugt. Ein MIDI-fähiger Synthesizer sorgt anschließend für den hörbaren Klang; alternativ kann man das Signal über einen Konverter auch in den Rechner einspeisen und Software als Synthesizer benutzen.

Nimmt man aber statt der Hochleistungs-Leuchtdioden von Killian und Hendriks Laserstrahlen als Lichtquelle wie beim hier vorgestellten Projekt, entsteht ein bühnentaugliches Instrument, das in Kombination mit einer Nebelmaschine nebenbei auch noch seine eigene Lightshow erzeugt. Der optische Reiz einer solchen echten Laserharfe ist einfach grandios.

Kamen bei der Lichtharfe aus Make 4/16 zwölf Hochleistungs-LEDs zum Einsatz – für jede Saite eine – verwenden wir hier nur einen einzelnen Laserstrahl, der mittels eines Galvo-Scanners in eine beliebige Anzahl von Einzelstrahlen aufgefächert wird.

Moment – Galvo-Scanner? Was ist denn das nun wieder? Galvo-Scanner sind elektromagnetisch angetriebene Drehachsen, an deren Ende ein Spiegel zur Umlenkung von Laserstrahlen befestigt ist. Umgangssprachlich werden diese auch einfach Galvos genannt; der Name leitet sich von Galvanometer ab, analogen Drehspulenmessinstrumenten, die mit wenig Kraft bewegt werden können (c't Hacks 3/14, S. 136). Als maßgebliche Qualitätsangabe wird bei Galvos die Scannergeschwindigkeit in Kpps (Kilo points per second) angegeben. Diese Zahl ermittelt man aus der Geschwindigkeit, mit der ein Galvo-Paar (für die X- und Y-Bewegung) ein standardisiertes Testbild der ILDA (International Laser Display Association) fehlerfrei erzeugen kann.

Industriell hergestellte Galvo-Scanner besitzen eine Differenzialsteuerung, die eine zielgenaue Positionierung des Spiegels ermöglichen – und dies bei Geschwindigkeiten, von denen Selbstbau-Scanner nur träumen können (siehe folgende Seite).

Kaufen statt basteln

Nachdem die Eigenbau-Experimente kein zufriedenstellendes Ergebnis lieferten, kauften wir bei eBay einen kompletten Galvoscanner-Satz inklusive zwei Steuerungsplatinen, Kabel und Netzteil für gerade mal 98 Euro. Mit diesem Galvo-Satz lässt sich eine maximale Auslenkung von ±30 Grad sowohl in X- als auch in Y-Richtung erreichen. Bei ±20 Grad ist die Geschwindigkeit mit 20 Kpps (Kilo points per second) angegeben. Für unser Projekt reicht das allemal.

Aus der fertig gekauften Kombination zweier Scannerspiegel (oben) bauten wir das untere Exemplar aus (unten).
Nach dem Öffnen des Gehäuses erkennt man bei diesem Modell am innenliegenden Ende der Drehachse eine Infrarot-LED und zwei Fototransistoren.

Das Set enthält zwei Galvo-Scannerspiegel, die im Zusammenspiel den Laserstrahl in zwei Dimensionen ablenken können, um damit etwa Bilder an die Wand zu zeichnen. Zum Bau unserer Laserharfe, deren Saiten alle in einer Ebene liegen, benötigen wir allerdings nur einen der beiden Galvo-Scannerspiegel. Somit ließen sich aus dem Satz entweder zwei Laserharfen bauen – oder man legt die doppelten Komponenten als Ersatzteile oder für weitere Laser-Projekte auf Lager.

Für einen gerade noch zweistelligen Betrag fanden wir im Netz einen Galvo-Satz, komplett mit Steuerungsplatinen.

Zur Ansteuerung erwartet die Differenzialsteuerung des Galvos ein analoges Signal von bis zu ±5V. Dabei fährt der Spiegel bei +5V um 30 Grad nach links, nimmt bei 0V die Mittelstellung ein und dreht bei –5V um 30 Grad nach rechts. Alle Positionen zwischen diesen Maximalstellungen werden mit Spannungen zwischen +5V und –5V angesteuert.

Idealerweise hat die Steuerung je einen Eingang für ein positives und ein negatives Signal gegen GND. Das bedeutet: Man kann entweder an dem einen oder an dem anderen davon ein Signal von ±5V einspeisen und der Spiegel wird sich bewegen, allerdings ist die Bewegung je nach gewähltem Eingang invertiert. Da ein Arduino aber nur positive Signale ausgeben kann, schließen wir einen Pin für Pulsweitenmodulation (D5) an den positiven und einen weiteren (D6) an den negativen Eingang der Steuerungsplatine. Dadurch können wir den vollen Ausschlag des Spiegels erreichen: Liegen am positiven Eingang +5V an, dreht der Spiegel um 30 Grad nach links, liegen am negativen Eingang +5V an, dreht der Spiegel um 30 Grad nach rechts, liegen an beiden Eingängen 0V an, schwenkt der Spiegel in die Mittelposition.

Elemente und Anschlüsse der Steuerungsplatine

Die Ernüchterung kam sehr schnell bei unserem ersten Test. Wir schlossen die Steuerungsplatine an den D5-Port eines Arduino Nano an und testeten PWM-Werte zwischen 0 und 255. Schnell zeigte sich, dass ein PWM-Signal eben doch nicht mit einem Analogsignal gleichzusetzen ist, das es simulieren soll. Anstatt in einer Stellung zu verharren und dadurch eine stabile Linie in die Luft zu zeichnen, versuchte der Spiegel dem ständigen Wechsel zwischen den Pegeln HIGH und LOW des PWM-Signals zu folgen. So zeichnete die Laserharfe keine stabilen Saiten, sondern vibrierende Fächer. Ebenso war ein deutlicher Ton von etwa 1 kHz aus dem Galvo-Motor zu hören.

Unten das Oszillographenbild einer analogen Sinus(halb)welle, oben das gleiche Signal als PWM.
Bei einem PWM-Signal mit etwa 1 kHz pendelt der Spiegel noch deutlich sichtbar hin und her …
… bei einem PWM-Signal mit rund 63 kHz zeigt sich eine saubere Treppe, bei der die Stufen die gewünschten Positionen für die einzelnen Harfensaiten abbilden.

Abhilfe schaffte hier ein kleiner Trick: Das Standard-PWM-Signal des Arduino Nano etwa am Pin 5 arbeitet mit einer Frequenz von 976 Hz. Dieser Frequenz kann der Galvo immer noch halbwegs folgen – zumindest versucht er es, sodass er hin- und herpendelt. Also müssen wir die PWM-Frequenz des Arduino soweit erhöhen, dass sie entschieden zu schnell für den Spiegel wird.

Die Erhöhung der PWM-Frequenz ist beim Arduino erfreulicherweise problemlos möglich. Letztlich genügt im Code die Zeile

setPwmFrequency(galvo_pin, 1); 

um die PWM-Frequenz auf 62 500 Hz zu erhöhen. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass dadurch auch andere Zeitfunktionen wie die Befehle delay() oder millis() in Mitleidenschaft gezogen werden – die Timer dafür laufen um denselben Faktor schneller, was bei der Wahl von zeitbezogenen Parametern zu berücksichtigen ist. Es genügt, die PWM-Frequenz vom Galvo_Pin1 oder Galvo_Pin2 zu erhöhen, da die PWM-Kanäle ohnehin in Gruppen angeordnet sind. Verändert man den Pin 5, so ändert sich dadurch auch die PWM-Frequenz von Pin 6. Wir sind wirklich auf diese beiden Pins (5 und 6) festgelegt, da nur dort eine PWM-Frequenz von 62 500 Hz möglich ist.

Den Trick mit der höheren PWM-Frequenz haben wir übrigens auch bei unseren Experimenten mit den Selbstbau-Galvo-Scannern angewandt.

Der Sensor

Als Sensor für das reflektierte Laserlicht bauten wir einen sehr einfachen Verstärker aus einer BPW34-Fotodiode und dem „Wald-und-Wiesen“-Operationsverstärker LM358. Mit einem mehrgängigen Trimmpotentiometer lässt sich die Schaltschwelle sehr genau auf die Lichtstärke des verwendeten Lasers einstellen.

So wird aus einem Kupfer-T-Stück eine maßgeschneiderte Blende …

Diese Schaltung filtert zwar gleichmäßig leuchtendes Licht wie Glühlampen oder Tageslicht heraus, ist aber gegen gepulstes Licht nicht komplett geschützt. Zur Abhilfe formten wir aus einem Kupfer-T-Stück eine kleine Blende, die nur noch das Licht aus Richtung der Lasersaiten durchlässt.

Geeignete Blenden lassen sich selbstverständlich auch aus Pappe, Holz oder mit einem 3D-Drucker herstellen. Unsere Blende für erste Experimente formten wir als Trichter aus einem Stück schwarzen Karton.

Wer weiße Handschuhe trägt, verbessert die Bedingungen für den Sensor natürlich noch mal wesentlich, da der Laserstrahl dann sehr viel stärker reflektiert wird. Zudem ergeben sie auch einen tollen Showeffekt auf der Bühne, insbesondere wenn der Harfenist dunkle Kleidung trägt und der Raum ebenfalls im Dunkeln liegt.

Günstige Handschuhe für Laser-Harfenisten sind im Internet oder im Baumarkt schon für unter zwei Euro zu haben.

Der Laser

Bleibt noch die Auswahl des Lasers. Da das menschliche Auge auf grünes Licht bis zu zehnmal empfindlicher als auf Licht anderer Wellenlängen reagiert, entschieden wir uns für einen grünen Laser. Die Farbe Grün liegt genau in der Mitte des für Menschen sichtbaren Spektrums. Dadurch wirkt ein grüner Laser bei gleicher Leistung wesentlich heller als etwa ein rotes oder blaues Modell. Leider sind grüne Laser jedoch auch die teuersten. So bezahlten wir bei eBay 55 Euro für einen grünen 100-mW-Laser inklusive Lasertreiber; hinzu kommt die passende Schutzbrille.

Der Nebel

Unter normalen Bedingungen ist der Laserstrahl aber immer noch weitgehend unsichtbar. Dies ändert sich erst, wenn wir Nebel produzieren. Dazu kauften wir ebenfalls bei eBay für 35 Euro eine kleine Nebelmaschine.

Wer nicht nebenbei gleich noch die Funktion seiner Rauchmelder testen will, sollte vor dem Betrieb der Nebelmaschine allerdings die Warngeräte ausschalten.

Technisch nicht notwendig, aber gut für den Show-Effekt und um die Saiten wirklich zu treffen: die Nebelmaschine

Der Synthesizer

Die fertig aufgebaute Laserharfe auf einer Siebdruckplatte …

Damit ist die Beschreibung unserer Laserharfe komplett und an der Buchse sollten MIDI-Signale herauskommen. Doch die alleine kann man noch nicht hören. Wer keinen eigenen MIDI-fähigen Synthesizer besitzt, kann sich gut mit einem MIDI-zu-USB-Konverter behelfen. Bei Amazon wurde das von uns getestete Modell für weniger als vier Euro angeboten. Auf dem PC haben wir die Laserharfe etwa mit FL Studio 12 und MidiPiano als Synthesizer-Programme erfolgreich getestet. Die Downloads erreichen Sie über den Link unten. Wenn Sie diesen in die Adresszeile Ihres Browsers eintippen, finden Sie dort auch die Arduino-Code-Sketches, die Liste der verwendeten Bauteile samt Links und Preisen sowie alle Schaltpläne zum Herunterladen. pek

… die den Blick der Fotodiode auf den Bereich der Lasersaiten einschränkt.
Ein simpler MIDI-zu-USB-Adapter für wenige Euro bringt die Signale in den Rechner.
… und hübsch verpackt in diese indische Holzschatulle, die gut zur Steampunk-Anmutung des Metalltrichters passt. Mit dem Drehknopf in der Mitte regelt man die Empfindlichkeit des Sensors, rechts sitzt die MIDI-Buchse, links ein Anschluss für ein Fußpedal.