Statt Lochkarten: Servos steuern eine Spieluhr

Die Pappkarten einer Lochkarten-Spieluhr machten Probleme. Die typische Lösung eines Makers: weg mit dem Papier, her mit Servo-Motoren, Mikrocontroller und MIDI.

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Blick in einen Holzkasten mit vielen Servos, die mit schmalen Metallstreifen eine Spieluhr erklingen lassen

(Bild: mitxela.com)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter Eisner

Spieluhren gibt es zum Aufziehen, zum Selbstkurbeln und meist mit der Melodie in eine fest verbaute Walze eingestanzt. Es gibt sie jedoch auch als "programmierbare" Varianten, die mit Lochstreifen gefüttert werden. Eine solche erstand Maker Alex Tim und war sogleich enttäuscht: Die mitgelieferten Lochstreifen hatten kein einziges Loch. Es waren lediglich Vordrucke, in die man per Hand die gewünschte Melodie lochen sollte. In seinen Augen eine Zumutung, denn, wie er selbst sagt: Er mag zwar Lochkarten, aber keine Karten lochen.

Um die nötigen Streifen zu erstellen, ging er einen anderen Weg: unter Rückgriff auf ein früheres Projekt – ein MIDI-Synthesizer auf Basis des ATtiny85 – bastelte er sich ein Skript, das MIDI-Dateien in Vektorgrafiken für den Lasercutter umwandelt. Nun konnte er aus den Musikdaten passende Lochstreifen erzeugen. Nachteil: selbst der schönste Lochstreifen ist irgendwann zu Ende.

Für beliebig lange Stücke musste er mehrere Streifen zusammenkleben. Das war nicht nur unschön, weil es wieder Handarbeit erforderte. Auch die Übergänge zwischen den Klebestreifen machten Probleme. Sie waren etwas dicker als der restliche Karton und beschädigten den Einzugmechanismus. Da ohnehin Bastelarbeiten anstanden, war es an der Zeit, das Konzept zu überdenken.

In der nächsten Iteration verbannte er die Lochstreifen komplett. MIDI-Daten sollten die Spieluhr direkt ansteuern. Im originalen Mechanismus setzen die Löcher in den Pappstreifen kleine, mit Haken versehene Metallscheiben in Bewegung, die ihrerseits an den klangerzeugenden Metallzungen zupfen. In Tims Aufbau werden die Haken nun mit etwa zwei Millimeter dünnen Plastikstäbchen bewegt. Diese sind über handgefertigte Messingstäbchen mit einer Reihe von Servos verbunden.

Die Spieluhr hat 30 verschiedene Töne und für jeden ist ein eigener Servo nötig. Um diese Menge an Motoren gleichzeitig zu bewegen, griff der Bastler nach einigen Schwierigkeiten zu einem – wie er zugibt – stark überdimensionierten 150-Watt-Netzteil. Für die Ansteuerung wählte er ein ARM-Mikrocontroller-Board (STM32F103), bei dem 32 GPIOs zur Verfügung stehen und so jeder Servo ohne zusätzliche Hardware ansprechbar ist. Das Ergebnis überraschte selbst den Erfinder. Die Latenz der Apparatur ist so gering, dass nicht nur MIDI-Dateien damit abgespielt werden können. Gekoppelt mit einem MIDI-Keyboard ist die Spieluhr auch live spielbar. Den Entstehungsprozess hat Tim in seinem Blog ausführlich dokumentiert. (hch)