Der Traum vom Roboter in jedem Heim

Helen Greiner, Mitbegründerin der US-Roboterschmiede iRobot, spricht über den Erfolg ihres Staubsauger-Roboters Roomba - und darüber, warum ihre Firma immer noch so wenig Konkurrenz hat.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Wade Roush

"Roomba", ein vollautomatischer Staubsauger-Roboter mit Rollen als Füßen, Infrarotsensoren als Augen und einer besonderen Vorliebe für Hundehaare, ist der bislang erfolgreichste Consumer-Roboter in der Geschichte. Sein Produzent, die US-Firma iRobot, setzte seit dem Verkaufsstart im September 2002 mehr als 1,5 Millionen Stück des Frisbee-förmigen Gadgets ab. Und viele Kunden lieben ihre Roombas – sie kaufen sie für weitere Familienmitglieder, schreiben überaus positive Testberichte auf Review-Websites und formieren Internet-Fanclubs samt Foren. Es gibt sogar Roomba-Besitzer, die den Staubsauger wie ein Haustier ausstaffieren.

Bei all dem Erfolg und Enthusiasmus für das Produkt sollte man eigentlich erwarten, dass inzwischen zahlreiche Roomba-Klone auf dem Markt sein müssten. Nach fast vier Jahren folgte jedoch nur ein einziges Produkt dem Staubi-Robi nach – "Scooba", ein Roboter-Wischmopp, der mit seiner eigenen Reinigungsflüssigkeit kommt und harte Böden wie Holz, Fließen und Linoleum putzt und trocknet. Allerdings stammt "Scooba" ebenfalls von iRobot. Das Gerät wurde in diesem Quartal offiziell vorgestellt, ob es ein Erfolg wird, bleibt abzuwarten.

Die Idee, Roboter in jedem Haushalt zu haben, wirkt heutzutage noch mehr wie Zukunftsmusik als beim Roomba-Verkaufsstart. Warum das so ist, lässt sich nicht leicht sagen. Vielleicht ist es mangelndes Kundeninteresse, vielleicht aber auch die fehlende Vorstellungskraft der Produktentwickler. Oder: Es ist unklar, ob sich Roboter überhaupt für bestimmte Tätigkeiten eignen.

Helen Greiner gehört zum dreiköpfigen iRobot-Gründerteam und glaubt, dass der Markt für Heim- und Büroroboter noch deutlich wachsen wird. Sie gründete iRobot 1990 mit ihrem Informatik-Studienkollegen Colin Angle sowie Rodney Brooks, einem Professor am MIT-Labor für Computerwissenschaften und künstliche Intelligenz. Greiner besitzt einen Bachelor-Abschluss in Maschinenbau und einen Master-Abschluss in Informatik.

Technology Review: Ihr Staubsauger-Roboter Roomba hat gezeigt, dass es einen Markt für Heim-Roboter gibt. Trotzdem sind inzwischen seit seiner Einführung mehr als vier Jahre vergangen – und weder iRobot noch seine Konkurrenten haben Consumer-Roboter für andere Aufgaben herausgebracht. Warum?

Helen Greiner: Im Gegenteil, wir haben. Unser Bodenreinigungsroboter Scooba ist gerade fertig geworden. Er ist ein ganz anderer Roboter als Roomba. Staubsaugen und die Bodenreinigung sind zwei völlig verschiedene Haushaltsarbeiten.

TR: Verzeihen Sie unseren Fehler. Was wir meinten, war folgendes: Was macht Roomba so besonders – und warum hat es bislang niemand geschafft, seinen Erfolg zu kopieren?

Greiner: Der große Unterschied zwischen Roomba und den Robotern, die vor ihm kamen, liegt in der Praxistauglichkeit des Systems und seinem Preis. Er kostet ungefähr soviel wie ein normaler Staubsauger. Gleichzeitig muss man ihn nicht durch die Gegend schieben. Er kann unter Möbel und Betten saugen. Sein Wert übersteigt den Preis, den die Kunden zahlen müssen – bei Robotern für 1500 oder 2000 Dollar wäre das nicht so.

TR: Um den Preis des Roomba günstig zu halten, mussten Sie Funktionen weglassen. Wie haben Sie entschieden, was man braucht und was nicht?

Greiner: Das war schwer. Wie Sie wissen, kommen wir selbst vom MIT und sind allesamt Technologen. Unser erster Roomba kostete 199 Dollar und man schaltete ihn einfach an und er erledigte seinen Job. Genau das brauchte der Kunde. Wir wussten, dass wir Dinge wie eine Fernsteuerung oder eine Ladestation hätten mitliefern können, was ja an sich tolle Sachen sind, aber das hätte den Preis erhöht.

Als sich die Leute dann daran gewöhnt hatten, dass man sich diese Dinger für einen vernünftigen Preis ins Haus holen kann, kamen sie selbst mit Ideen auf uns zu. "Wäre es nicht cool, wenn er sich selbst aufladen könne?" oder "Wäre es nicht toll, wenn er sich jeden Tag zur gleichen Zeit einschalten könnte?" waren solche Fragen. Erst dann haben wir diese Zusatzfeatures herausgebracht. (Heute gibt es vier Roomba Modelle – vom High-End-Modell "Scheduler" für 340 Dollar bis hin zum "Roomba Red" für 150 Dollar, Anm. d. Red.)

TR: Neben dem günstigen Preis ist der Roomba auch leicht zu bedienen. Er besitzt ein sehr einfaches Benutzerinterface: Einen Anschalter, einen Reinigungs-Knopf und einen "Hier Reinigen"-Button. Wie viel Gehirnschmalz hat man in dieses Interface gesteckt?

Greiner: Wir wussten, dass wir das Gerät ganz einfach gestalten mussten. Unser erster Roomba war noch nicht einfach genug – er hatte Einstellungen wie "klein", "mittel" und "groß" für verschiedene Raumgrößen. Aber die meisten Leute wissen gar nicht, wie viel Quadratmeter ein Raum hat. Nun schaltet man Roomba einfach auf "Reinigen" und er findet das selbst heraus. Er macht einfach weiter, bis er fast keinen Saft mehr hat. Das ist ein wesentlich leichteres Interface. Diese Einfachheit ist ein großes Unterscheidungsmerkmal im Vergleich zu anderen Robotern und Computersystemen. Man drückt einen Knopf und schon geht's los.

Greiner: Der Scooba bewegt sich ähnlich durch den Raum, was für uns natürlich praktisch war. Der tatsächliche Reinigungsmechanismus ist aber ein völlig anderer, weil er mit Flüssigkeiten zu tun hat. Wir mussten uns sogar mit der Chemie der Seife auseinandersetzen. Wir arbeiteten mit Clorox zusammen, um eine Seife zu entwickeln, auf der der Roboter nicht ausrutscht. Es muss ein Roboter-freundliches Reinigungsmittel sein. Und dann wäre da noch der Umgang mit Flüssigkeiten an sich. Scooba nimmt erst Schmutz auf, gibt die Reinigungsflüssigkeit ab, schrubbt und saugt sie dann in seinen hinteren Bereich. Schmutziges und klares Wasser werden dabei getrennt behandelt.

TR: Ist das Ziel erreicht, Roboter einfach und preiswert zu gestalten, wird es Zeit, sich Aufgaben für neue Roboter zu suchen. Welche könnten das bei iRobot sein?

Greiner: Man könnte etwa an professionelle Reinigungsdienste denken. Jeder Boden in jedem Büro, jedem Geschäft und jeder Schule wird in der Nacht gereinigt. Außerdem gibt es immer mehr alte Menschen – und die wollen unabhängig zu Hause weiterleben können. Man könnte sich also etwa Fensterwäscher, Badreiniger, Toilettenputzer, Rasenmäher oder auch Schnee- und Laubbeseitiger vorstellen.

Es geht grundsätzlich immer um Sachen, die die Menschen ungern erledigen, beziehungsweise nicht häufig genug tun. Genau hier ist der Endkundenbedarf groß.

TR: Warum gibt es nicht mehr Firmen, die Heimroboter herstellen?

Greiner: Ich denke, dass das Zusammenbringen so vieler Teile für ein solches Gerät nicht besonders einfach ist. Roboter erfordern Elektrotechnik, Maschinenbau, Informatik, Produktentwicklung und einen genauen Blick auf die Kostenstruktur und den Bedarf der Menschen in ihren Haushalten oder, wie in unserer anderen Abteilung, beim Militär. Es gibt höchstens noch andere Firmen, die sich gut mit Roboter-Software auskennen. Wir selbst haben hier ein Team versammelt, das alle Disziplinen vereint. Und dieses Team konzentriert sich immer auf den Kunden.

Übersetzung: Ben Schwan. (wst)