Die Woche: Android als Standard-Smartphone-Linux?

Während immer mehr Firmen der von Google initiierten Open Handset Alliance beitreten und munter Android-Smartphones auf den Markt bringen, macht die Konkurrenz allenfalls mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Hat Android die Schlacht um die Linux-Smartphones etwa schon gewonnen?

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Im Jahr 2007 wurde die Schlacht um die Linux-Smartphones eröffnet, als neben dem Linux Phone Standard Forum (LiPS) auch noch die LiMo Foundation und die Open Handset Alliance wie Pilze aus dem Boden schossen und jeweils für sich beanspruchten, das maßgebliche Gremium für Standards rund um Linux auf Smartphones zu sein. Kaum eine Woche verging, in dem nicht bekannte Telcos, Geräte- oder Chiphersteller verkündete, sich einem oder gleich mehreren der Gremien angeschlossen zu haben.

Inzwischen ist es merklich stiller geworden: Das Linux Phone Standard Forum ist in der LiMo Foundation aufgegangen, der wiederum langsam die Untersützung durch die Industrie abhanden kommt: So erklärte Gründungsmitglied Motorola Mitte Oktober, sich künftig auf Android konzentrieren und sein Engagement in der LiMo Foundation stark einschränken zu wollen -- und das, obwohl große Teile des LiMo-Code-Pools, aus dem sich die LiMo-Mitglieder frei bedienen können, ausgerechnet von Motorola stammen. Auch war das Motorola Motorazr2 V8 das erste LiMo-Phone auf dem Markt, noch bevor mit dem G1 das erste Android-Gerät erschien.

Doch der große Durchbruch blieb den LiMo-Smartphones versagt, oftmals merken die Anwender gar nicht, dass sie ein Linux-Handy besitzen, da es keine einheitliche grafische Oberfläche gibt, sondern bei der LiMo Foundation jeder Hersteller sein eigenes Branding beibehält. Außerdem gibt es für die Linux-Gemeinde fast keine Möglichkeit, sich an der Entwicklung der LiMo-Plattform zu beteiligen: Die LiMo Foundation agiert hier wie ein traditionelles Firmengremium und ist nur den zahlenden Mitgliedern gegenüber aufgeschlossen und wirklich offen. Außenstehende Entwickler müssen schon froh sein, wenn sie die Spezifikationen einsehen dürfen; von den Früchten der Entwicklung bleiben sie, wenn nicht gerade die GPL hilfreich zur Seite springt, weitgehend abgeschnitten.

So gibt es auch nach wie vor keinen zentralen Marktplatz für Applikationen, die auf LiMo-Smartphones laufen. Ein solcher ist auch nicht geplant, denn damit müssten die Telcos auf die Möglichkeit verzichten, ihren Kunden eigene Dienste und Applikationen anzubieten und damit einmal Geld zu verdienen und den Kunden besser an sich zu binden.

Die Open Handset Alliance verzichtet auf solche Fesseln: Google hat nicht nur das komplette Android-Betriebssystem offengelegt, sondern macht es der Community durch Bereitstellung eines kostenlosen Android-SDK auch einfach, Applikationen für die Smartphone-Plattform zu entwickeln. Zudem gibt es nur einen Androiden: egal auf welchem Smartphone das System läuft, der Desktop unterscheidet sich wenn überhaupt nur in Details. Daher erkennt der Kunde ein Android-Smartphone auf den ersten Blick und weiß, dass er sich damit aus dem Pool der Android-Applikationen bedienen kann. Android ist also nicht nur sehr viel offener als die LiMo-Plattform, mit dem Android Market sind die Smartphones auch sehr viel interessanter als die der LiMo-Konkurrenz, die sich von einem Smartphone mit proprietärem Betriebssystem für ihn kaum unterscheiden.

Von einem Scheitern der LiMo Foundation zu sprechen wäre aber verfrüht: Nach wie vor engagieren sich viele namhafte Telcos und Hersteller bei der Entwicklung der Smartphone-Plattform. Auf der anderen Seite hat Google den Linux-Smartphone-Markt noch nicht für sich erobert -- Nokia hat erst Ende August mit dem N900 sein erstes Linux-Smartphone vorgestellt und das von Intel inittierte Moblin-Projekt streckt seine Fühler ebenfalls in Richtung Linux-Smartphones aus.

Momentan jedoch ist Android der Platzhirsch, wie es Motorola in der Begründung für den Wechsel von LiMo zu Android auch treffend formulierte: "Ziel der LiMo Foundation war es, eine einheitliche Linux-Plattform für mobile Geräte zu schaffen; dafür biete Android mittlerweile jedoch die leistungsfähigere Grundlage." Das Bessere ist eben immer noch der Feind des Guten. (mid) (mid)