Die Woche: Ubuntu reloaded
Mit der anstehenden Version 10.04 hat Canonical, das Unternehmen hinter Ubuntu, offenbar Großes vor. Das fängt mit einer neuen Desktop-Optik an, geht aber weit darüber hinaus.
Neue Optik für Ubuntu 10.04 (3 Bilder)
Das neue Look and Feel ist nämlich lediglich Teil einer neuen Positionierung der Marke Ubuntu. Als das Projekt Ende 2004 startete, lautete der Ubuntu-Slogan: "Linux für Menschen"; dazu gehörte ein Bild von drei Menschen, die sich an den Armen halten. Ziel war es, ein Linux für jedermann (und -frau) zu bauen und eine Community zu schaffen, die einen freundlichen Umgangston pflegt und sich gegenseitig unterstützt.
Dieses Image wollen die Ubuntu-Macher jetzt schärfen und erweitern: Das kuschlige "Wir"-Gefühl der Ubuntu-Gemeinschaft wird konkretisiert als Zusammenarbeit und Freiheit; Präzision (bei der Entwicklung) und Zuverlässigkeit (der Software) kommen als weitere Werte hinzu. Die Marke Ubuntu soll nicht nur für das erfolgreichste Community-Linux stehen, sondern auch für qualitativ hochwertige Software.
Ubuntu-Optik – von 2004 bis heute (13 Bilder)
Ubuntu 4.10
Die Stoßrichtung dieser Änderung ist deutlich: Ubuntu Linux soll in Zukunft nicht nur private Anwender ansprechen, sondern auch Unternehmen. Ubuntu Linux, um es kurz zu machen, soll endlich Geld bringen. Bislang schreibt Ubuntu-Hersteller Canonical nämlich nach wie vor rote Zahlen, wie CEO Jane Silber vor kurzem in einem Interview erklärte – Ubuntu ist ein Zuschussprojekt von Mark Shuttleworth, der die Entwicklung jedes Jahr mit einem Millionenbetrag sponsort.
Das neue Marken-Image ist aber nicht alles. Auch die Geschäftsstrategie von Canonical ändert sich. Das beginnt mit dem Umbau des Managements: Mark Shuttleworth, Geldgeber für Ubuntu wie Canonical, hat kürzlich den Posten des CEO aufgegeben. Den alten Job seiner Nachfolgerin Jane Silber hat Matt Asay übernommen, der sich als COO vor allem um die Beziehungen zu Hardwareherstellern (die Ubuntu auf ihren Rechnern vorinstallieren sollen) und Softwareherstellern (die ihre Produkte für Ubuntu zertifzieren sollen) kümmern wird. Asay, der seit Jahren in seinem Blog The Open Road über Open-Source-Software im Unternehmenseinsatz schreibt, bringt dafür zumindest die richtigen Kontakte mit.
Das verstärkte Engagement in Sachen Unternehmenseinsatz heißt allerdings nicht, dass Canonical die größte Stärke von Ubuntu – die treue Community – aus den Augen verliert. Unmittelbar Geld verdienen kann man damit nicht, das ist Canonical klar: Privatanwender schließen keine Support-Verträge ab (wozu auch angesichts der hilfsbereiten Ubuntu-Community); und Ubuntu Linux wird immer frei und gratis bleiben, da steht das Unternehmen im Wort.
Aber der Deal mit Yahoo zeigt, wie sich eine treue Community indirekt zu Geld machen lässt. Gleiches gilt für den geplanten Musik-Shop, über den man Musik an Ubuntu-10.04-User verkaufen möchte, und die Möglichkeit, über das neue Software-Center auch kommerzielle Software vertreiben zu können – das App-Store-Modell lässt grüßen. Möglicherweise liegt hier sogar das zukunftsträchtigere Geschäftsfeld – sollten die Unternehmen ihre IT tatsächlich zunehmend in die Cloud verlagern, benötigen sie auch immer weniger Support.
Jetzt ist für Canonical wohl der richtige Zeitpunkt, durchzustarten: Ubuntu 10.04 ist eine LTS-Version mit Langzeitsupport – Canonical garantiert drei Jahre Updates für die Desktop- und fünf Jahre Updates für die Server-Variante. Das macht das kommende Release für den Einsatz im Unternehmen attraktiv; und LTS-Versionen gibt es nur alle zwei Jahre. Zudem hat Canonical nach gut fünf Jahren und mit über 300 Angestellten die Startup-Phase hinter sich und muss allmählich zeigen, dass Ubuntu Linux auch als Business funktioniert. Den Rückzug von Mark Shuttleworth aus der Unternehmensleitung könnte man schließlich auch so interpretieren, dass er Canonical allmählich auf die eigenen Füße stellen will, statt immer weiter Geld zuzuschießen. (odi) (odi)