Kommentar: Blauer Punkt und blaues Blut
Kaum eine Meldung zieht in diesen Tagen so viele Leser in ihren Bann wie die über die Raumsonde Cassini, die aus 1,5 Milliarden Kilometer Entfernung ein Foto von der Erde geschossen hat.
Ein kleiner blauer Punkt in einem leeren Raum. Darüber die Ringe des Saturns. Kaum eine Meldung zieht in diesen Tagen so viele Leser in ihren Bann wie die über die Raumsonde Cassini, die aus 1,5 Milliarden Kilometer Entfernung ein Foto von der Erde geschossen hat. Es liegt vielleicht an der traditionell nachrichtenarmen Zeit des Sommers, in der dann auch die Geburt des blaublütigen Sohnes des britischen Thronfolgerfolgers nachhaltig ganz nach oben gespült wird. Das reicht aber als Erklärung gewiss nicht.
Wie einstmals der Astronom Carl Sagan, der eine 1990 von der Sonde Voyager 1 angefertigte Fotoserie des Sonnensystems aus 6 Milliarden Kilometer Entfernung angeregt hatte, waren nun auch die Wissenschaftler der NASA nachdenklich gestimmt: Das Bild zeige uns, wie winzig unser Heimatplanet in den ungeheuren Weiten des Universums ist. Es bezeuge aber auch die Erfindungsgabe seiner Bewohner, die in der Lage sind, ein Raumfahrzeug so weit zu schicken, den Saturn zu beobachten und von dort zurück auf die Erde zu blicken, sagte Linda Spilker vom Jet Propulsion Laboratory der NASA.
Das mag einen Teil der Faszination ausmachen, die von dem Bild mit dem blassen blauen Punkt ausgeht. Spilker spricht indirekt aber noch etwas anderes an, nämlich den Perspektivwechsel, den solche Fotografien wie von Cassini oder von Voyager 1 ermöglichen, einen Blick endlich einmal hinaus über den sonst im Alltag zwangsläufig engen Horizont. Jede Gelegenheit, innezuhalten und sich einmal von einer anderen Warte zu betrachten, kann die Menschen bereichern. (anw)