Kommentar zu Facebook: Zeit zu gehen

Facebook war ein harmloses Netzwerk fĂĽr Freundschaften. Heute dominieren Werbung und ein manipulativer Algorithmus den Feed, meint Michael Link.

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Von
  • Michael Link

Ich bin ein Boomer. In der guten alten Zeit trat ich Facebook bei, um Freundschaften mit denen zu pflegen, die nicht gerade um die Ecke wohnen. Was freute ich mich über ihre Katzenfotos und jedes geschilderte Urlaubserlebnis! Und netterweise erinnerte mich Facebook zuverlässig an Geburtstage. Alles war herrlich harmlos und Datenschutz spielte für viele Menschen kaum eine Rolle – die Posts waren ja nur für Freunde gedacht.

Ein Kommentar von Michael Link

Michael Link, c't-Redakteur, gebürtiger Rheinländer, testet gern, was mit Funk und Wearables zu tun hat. Ansonsten ist er leidenschaftlicher Taucher (auch als Lehrer), Funkamateur, Rennrad- und Mountainbike-Fahrer.

Urplötzlich entschied aber Facebook darüber, welche Posts ich überhaupt zu sehen bekomme und sortierte sie nach undurchsichtigen Kriterien um. Nun, der Feed ließ sich leicht von "wichtigste" auf "neueste" Beiträge umstellen.

Nach und nach war dieses "Facebook" der letzte Schrei und auch Firmen sowie Gruppen machten einen auf Social Network. Immer mehr verlegte sich Facebook darauf, mir vorwiegend Dinge in den Feed zu spülen, die mich zu einer Interaktion verführen. Jedes Like, jedes "zeige weniger davon", jeder Kommentar, sogar jede Minute Lesezeit: Alles ändert den Algorithmus und saugt mich in Filterblasen.

Immer mehr Werbung verstopft den Feed. Auf einen Beitrag eines Freundes folgen zuverlässig zig, die mich nicht die Bohne interessieren, weil sie entweder Werbung enthalten oder mich zum Beitritt in die merkwürdigsten Gruppen animieren – etwa einer für Heißluftfritteusenrezepte und einer anderen für Segelsport. Beides ist mir völlig artfremd. In meinem aktuellen Feed taucht erst nach dem Durchscrollen von 26 Posts einer von einem Freund auf. Der restliche Feed ist komplett zugemüllt.

Das mag auch daran liegen, dass viele Menschen in Zeiten rüder Umgangsformen im Netz und daraus resultierender Anfeindungen im Realleben zurückhaltender damit sind, private Dinge und Ansichten zu posten. Aber einige sind auch ganz einfach bloß genervt, dass Beiträge ihrer Freunde im Müll-Tsunami des ehemaligen Freunde-Netzwerks ersaufen.

Aus dem sozialen Netzwerk ist längst ein Werbenetzwerk geworden und so wird es wohl Zeit, zu gehen. Wer nicht ganz vom Experiment "soziale Netzwerke" geheilt ist, sucht sich auf dezentralen Netzen wie Mastodon seinen Freundeskreis wieder zusammen. Aber nicht bei der Musk-losen Twitter-Alternative Threads. Da wiederholt der Facebook-Konzern Meta nämlich den gleichen Fehler und pfuscht wieder am Feed-Algorithmus herum.

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(mil)