Unternehmensführung: Top-Manager ohne IT-Wissen haben ausgedient

Hohe Führungskräfte benötigen IT-Wissen, denn darauf baut die Zukunft. Die verbauen sich Firmen, wenn sie bei der Stellenbesetzung auf alte Strukturen setzen.

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(Bild: fizkes/Shutterstock.com)

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Von
  • Peter Ilg

Von Beruf Manager – das hört sich nach viel Verantwortung und großzügigem Gehalt an. Manche Menschen verdienen so Millionen. Manager haben meist einen akademischen Abschluss, vorzugsweise in BWL. Dies hat damit zu tun, dass Unternehmen häufig nach Zahlen geführt werden. Gewinn und Verlust dominieren Technologie und Investition. Geld ist die Grundlage für ihre Entscheidungen. Das ist falsch, weil es nur die halbe Wahrheit ist. Heutzutage braucht jeder Manager Fachwissen in Informationstechnologien, denn IT bestimmt das Business in allen Branchen und allen Unternehmensgrößen. Deshalb sollte sich jeder Manager mit IT auskennen, bevor er grundlegende Entscheidungen trifft. Ansonsten gefährdet er die Zukunft des Unternehmens.

heise jobs – der IT-Stellenmarkt

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Mein Name ist Manfred Wenzel, ich bin geschäftsführender Gesellschafter der IT-Personalberatung Dr. Dienst und Wenzel in Stuttgart. Wir besetzen für unsere Auftraggeber pro Jahr zwischen 150 und 200 IT-Jobs auf allen Ebenen. Ich bin seit 15 Jahren Headhunter und stelle grundlegende Veränderungen und zwingende Notwendigkeiten fest.

Manfred Wenzel, geschäftsführender Gesellschafter der IT-Personalberatung Dr. Dienst und Wenzel

Eine ähnliche Bedeutung wie die Digitalisierung heute hatte zuvor die Globalisierung, davor die Elektrifizierung bis zurück zur Massenfertigung. Die Unternehmen, die es geschafft haben, Pioniere einer disruptiven Veränderung zu sein, waren die Gewinner ihrer Zeit. Henry Ford mit dem Fließband, Siemens mit der Elektrizität und Volkswagen als globaler Autobauer. Die Sieger der Digitalisierung sind die erfolgreichsten Unternehmen unserer Zeit: Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet. Allesamt verdanken sie ihren Erfolg der IT, die Gründer und Unternehmenslenker sind selbst Experten auf diesem Gebiet. Dieses Fachwissen ist die Grundlage für deren Geschäftserfolg.

In anderen Branchen sind die Vorstände erfolgreicher Unternehmen überwiegend Generalisten, die sich in ihrer Branche gründlich auskennen und die sehr viel Gespür für ein erfolgreiches Geschäft darin mitgingen. Das reicht aber heute nicht mehr, weil die Informationstechnologie alle Industrien bis hinein in den hintersten Geschäftsprozess bestimmt. Ohne IT läuft schon lange nichts mehr. Eine solche Dominanz eines einzigen Wissensbereichs gab es in der Vergangenheit noch nie.

Unternehmen aller Größen und Branchen befinden sich mehr oder weniger intensiv in der digitalen Transformation. Die einen sind schneller, die anderen langsamer: am Ende wird es keinen Prozess mehr geben, der nicht zumindest digital unterstützt wird. Die Pandemie hat diesen Wandel beschleunigt. Was die Unternehmen sich für die kommenden fünf Jahre vorgenommen hatten, musste plötzlich ganz schnell geschehen. So sitzen auf einmal Millionen Menschen im Homeoffice und E-Commerce bestimmt den Handel. Dass es nach Corona wieder wird wie vorher, ist ausgeschlossen, weil wir gesehen haben, dass beides digital genauso gut funktioniert wie analog – wenn nicht besser. Deshalb werden diese Räder nicht mehr zurückgedreht, sie rollen weiter, wahrscheinlich sogar schneller.

Darauf sollte sich alle Top-Manager einstellen. Unternehmen können künftig nur noch dann erfolgreich sein, wenn die Geschäftsführung auf allen C-Level-Positionen gutes Wissen in der Informationstechnologie mitbringt und die IT als tragende Säule für den Unternehmenserfolg verinnerlicht. Manager, die der IT unwissend gegenüberstehen und sie häufig deshalb als notwendiges Übel für den Zweck ansehen, setzen die Zukunft des Unternehmens aufs Spiel. Das C steht in diesem Zusammenhang für Chief, wie Chief Executive Officer. C-Level-Manager sind die mächtigsten und einflussreichsten Mitglieder der Unternehmensführung, weil sie die Firmenstrategie bestimmen.

Bei der digitalen Transformation und im darauffolgenden Alltagsbetrieb ist es wenig zielführend, ausschließlich einem Chief Information Officer (CIO) die Verantwortung für die IT zu überlassen oder einen für die Transformation eigens eingesetzten Chief Digital Officer (CDO) zu benennen, ohne das ganze Unternehmen auf den Digital-Change-Prozess einzustimmen und auszurichten. Selbst wenn es dem CIO oder CDO gelingt, das Budget für Digitalisierungs- und Transformationsprojekte zu bekommen, das Unternehmen aber keinen generellen Change-Prozess hin zum digitalen Unternehmen fährt, wird die Investition verpuffen. Es müssen schon alle dahinterstehen und das Management hat dabei Vorbildfunktion für alle anderen in der Firma.

In vielen Unternehmen in Deutschland und nach meiner Erfahrung speziell in dem so wichtigen Mittelstand fehlt es in der Führungsetage häufig am notwendigen IT-Know-how. Denn leider wählen Unternehmen ihre neuen Vorstandsmitglieder oft immer noch nach dem alten Muster aus: Branchen-Wissen, Erfolge in der Vergangenheit und Führungsqualitäten. Damit meine ich nicht, dass diese Skills nicht wertvoll und wichtig sind. Ich meine, dass sie zeitgemäß mit gutem IT-Verständnis kombiniert werden sollten. Daran mangelt es manchen Managern.

Fehlbesetzungen im Management sind aber nicht zwangsläufig die Schuld der Unternehmen. Sehr oft werden sie dabei falsch beraten. Die bekannten Top-Executive-Personalberatungen sind durchweg generalistisch aufgestellte Personalagenturen. Sie beraten nicht vorsätzlich falsch, sondern ihnen fehlen das notwendige IT-Know-how und das entsprechende Kandidatennetzwerk. Daher folgen sie althergebrachten Mustern: wer erfolgreich ist, wird es bleiben. Dieser Leitsatz gilt in einer statischen Welt, unsere aber ist dynamisch.

Brauchen wir daher nur noch CEOs die Wirtschaftsinformatiker oder Informatiker mit MBA sind? Diese Vorstellung ist gar nicht so abwegig, weil solche Manager in der generalistischen Welt und der IT-Welt zu Hause sind. Ich mache eine klare Tendenz dahingehend aus, dass sich immer mehr CIOs nach erfolgreichen IT-Transformationsprojekten für den CEO-Posten empfehlen. ITler mit Managementkenntnissen zwingen sich dafür geradezu auf.

Das Gespräch mit Manfred Wenzel hat heise online-Autor Peter Ilg geführt und zusammengefasst.

(olb)