… und dann wurde China krank - Coronavirus, Lieferketten und "made in China"

Wenn Frankreich niest, erkältet sich Europa – dieser Satz aus dem vorletzten Jahrhundert lässt sich auf China und die Welt übertragen. Ist es Zeit zum Umdenken?

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… und dann wurde China krank

(Bild: Pixabay, Gerd Altmann)

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Stephen Sechrist
Inhaltsverzeichnis

Es war der habsburgische Diplomat Fürst Klemens von Metternich aus dem 19. Jahrhundert, der einmal sagte: "Wenn Frankreich niest, erkältet sich Europa". Zwar handelt es sich jetzt um einen anderen Virusstamm, aber etwas Vergleichbares scheint seit Auftreten des Virus in China und bis tief in das erste Quartal 2020 zu passieren: Sowohl bei den Smartphones als auch in fast jedem anderen Markt treffen die Auswirkungen von Chinas Unwohlsein die Weltmärkte hart. Wir könnten deshalb anfangen, alles "made in China" in Frage zu stellen.

Im Smartphone-Markt lief es noch im dritten Quartal 2019 wie geschmiert: Die Anbieter verkauften weltweit 358,3 Millionen Geräte und sorgten so für ein Wachstum um fast einen Prozentpunkt (0,8%) gegenüber dem Vorjahr – im dritten Quartal 2018 waren es 332,7 Millionen Geräte. Noch wichtiger war vielleicht, dass dadurch der über sieben Quartale – ja, 21 Monate – rückläufige Trend am globalen Smartphone-Markt umgedreht wurde. Im vierten Quartal 2019 verzeichneten die Hersteller einen weiteren Anstieg um fast drei Prozent (2,9%) gegenüber dem Vorquartal, das reale Auslieferungsvolumen lag laut IDC bei 368,8 Millionen Geräten.

Im Januar 2020 hieß es in der IDC-Übersicht:

"Laut vorläufigen Daten des IDC Worldwide Quarterly Mobile Phone Tracker gingen die weltweiten Smartphone-Auslieferungen im vierten Quartal 2019 (4Q19) um 1,1% gegenüber dem Vorjahr zurück. Während die letzten Jahre ein geringes Wachstum verzeichneten, sind die Volumina im Jahr 2019 auf ein Niveau unter das zwischen 2015 und 2018 gesunken. Aus geografischer Sicht zeigte fast der gesamte Markt im Vergleich zum letzten Quartal einen positiven Trend. Auch in China war in diesem Zeitraum ein leichter Anstieg zu verzeichnen, was darauf hindeutet, dass sich eine gewisse Erholung auf dem größten Einzelmarkt der Welt einstellt."

Die Top Five der Handyhersteller bestreiten über 70 Prozent des weltweiten Marktvolumens.

(Bild: IDC)

Apple hatte weltweit ein starkes viertes Quartal, da das Unternehmen in der Weihnachtssaison seine Konkurrenten von der Spitze der Charts verdrängen konnte. So lieferte Apple 73,8 Millionen iPhones aus und wuchs im Vergleich zum Vorjahr um fast acht Prozent. Dies war dem Verkauf des iPhone 11 zu verdanken und der "Value"-Option, dem iPhone XR – das Unternehmen zeigte sich sowohl beim Eintausch- als auch den Finanzierungsmöglichkeiten recht kreativ, um den höheren Preisen den Stachel zu nehmen.

Apple scheint jedoch besonders anfällig für den Ausbruch der Grippe zu sein, denn das Unternehmen ist auf China als Quelle seiner gesamten Produktion angewiesen. Die Region Großchina (einschließlich Hongkong und Taiwan) setzte im vergangenen Jahr 44 Milliarden US-Dollar und macht laut Wall Street Journal ein Fünftel des Gesamtumsatzes von Apple aus.

Das Unternehmen musste seine ursprüngliche Umsatzprognose von 63 bis 67 Milliarden Dollar für das iPhone und andere Produkte inzwischen revidieren. Grund sei die Doppelbelastung: Die durch die eingeschränkte iPhone-Produktion rückläufigen weltweiten Verkäufe und die geringere chinesische Inlandsnachfrage. Autsch. Apples Aktienwert sank bis zum 2. März um 100 Milliarden US-Dollar.

Ganz allgemein konnte man im dritten Quartal 2019 eine Konsolidierung der Smartphone-Industrie beobachten. Dabei bestritten die fünf größten Anbieter – namentlich Samsung, Huawei, Apple, Xiaomi und die in Guangdong ansässige chinesische Firma Oppo – laut IDC-Bericht von Ende Januar 71 Prozent des gesamten Marktvolumens. Die zehn größten Anbieter nahmen insgesamt 90 Prozent ein und damit fast 20 Prozent mehr als im Quartal zuvor.

Der jüngste Ausbruch des Virus hat nun einen erheblichen Einfluss auf die weltweiten Märkte, wobei Unternehmen, die große Wetten auf China abgeschlossen haben – also Apple –, die Auswirkungen besonders zu spüren bekommen.

Auch wenn Indien und Vietnam aufholen, wird in China weiterhin die überwiegende Mehrheit aller Smartphones produziert.

(Bild: IDC)

Zu den positiven Ergebnissen der Corona-Epidemie zählt, dass die Welt die Politik des "Made in China" neu bewertet, sie in Frage stellt und beginnt, sich von ihr abzuwenden. Und auch beginnt, unsere weltweite Abhängigkeit von einer Nation zu hinterfragen, die nicht so transparent ist – okay, steuerlich und politisch undurchsichtig – und sicherlich nicht so entgegenkommend, wie es ein "Welthandelspartner/Lieferant" sein sollte.

Meine Empfehlung: Kaufen Sie Apple-Aktien, solange die Preise niedrig sind – na gut, niedriger. Denn auch diese Krise wird vorbeigehen, und langfristig werden wir andere geografische Regionen im Blick haben.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Display Daily.

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(uk)