DSGVO: Bundesdatenschutzbeauftragte meldet "beachtliche" Zahl an Beschwerden

Die Bundesdatenschutzbehörde haben sechs Monate nach Inkrafttreten der DSGVO 3700 Eingaben sowie knapp 5000 Meldungen zu Verstößen erreicht.

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DSGVO: Worauf sich die Datenschutz-Aufsichtsbehörden konzentrieren
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Bürger nehmen ihre neuen Rechte nach der Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO) verstärkt wahr. Das merken die Aufsichtsbehörden vor allem an deutlich mehr Zuschriften. "Bedenkt man unsere eingeschränkte Zuständigkeit, sind beachtliche Zahlen an Eingaben und Beschwerden zu Datenschutzverstößen im ersten Halbjahr eingegangen", erklärte die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff am Mittwoch bei einem Fachgespräch im Ausschuss Digitale Agenda des Bundestags.

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Die CDU-Politikerin stellte in dem Gremium einen Bericht zu den ersten sechs Monaten DSGVO vor. Die Vorschriften greifen nach einer längeren Übergangszeit seit dem 25. Mai. Bis Ende Oktober sind laut Voßhoff in dem von ihr geführten Haus rund 3700 Eingaben allgemeine Eingaben und konkrete Beschwerden eingegangen. Dazu kamen 4667 Meldungen etwa von Firmen zu Datenschutzverstößen.

Bundesweit zählten die staatlichen Kontrolleure bis Anfang September 11.000 Beschwerden, darunter 6100 über Datenschutzverstöße, berichtete die Ende des Jahres aus dem Amt scheidende Voßhoff. Diese Zahlen umfassen die öffentlichen Stellen. Im privaten Bereich hat die Bundesdatenschutzbehörde nur sektorenbezogene Aufsichtskompetenzen etwa für Telekommunikations- und Postdienstunternehmen. In allen übrigen Fällen sind die Landesdatenschutzbeauftragten beziehungsweise andere Behörden der Länder zuständig.

"In der gesamten EU sind bis Ende September 55.000 Beschwerden sowie 18.900 Meldungen von Datenschutzverletzungen eingegangen", gab Voßhoff laut dem Parlamentsdienst "Heute im Bundestag" weiter bekannt. Im übergeordneten Gremium des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) arbeite man auf einer guten Basis zusammen und habe "in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Leitlinien herausgegeben". Der EDSA habe "eine verbindliche Entscheidungsbefugnis", was ein Novum darstelle. In der zentralen Anlaufstelle würden auch grenzüberschreitende Fälle bearbeitet, wobei bis Anfang Dezember 517 einschlägige Meldungen eingetroffen seien.

National koordiniert Voßhoff zufolge die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) das Vorgehen rund um die DSGVO. "Im Lichte der sehr starken Verunsicherung in der Bevölkerung" rund um die recht jungen Regeln habe dieser Zusammenschluss "Handlungsempfehlungen und Leitfäden etwa für Vereine und Verbände erarbeitet" und auf einer neuen Homepage veröffentlicht. Die frühere Abgeordnete räumte aber ein, dass diese teils noch sehr unterschiedlich ausgefallen seien.

Überrascht zeigte sich die Beauftragte von einer "Vielzahl an Fehlinformationen" rund um die Verordnung. Schon im September hatte sie nach 100 Tagen DSGVO erklärt, dass etwa "das Ende der Fotografie" vorhergesagt worden sei und die Vorgaben immer wieder als "überflüssiges Bürokratiemonster" bezeichnet würden. Es habe Ängste vor einer Abmahnwelle gegeben oder davor, dass die Aufseher nun massenweise Geldbußen verhängten. Voßhoff betonte: "Solche Szenarien sind ausgeblieben." Ihre Behörde hat noch gar kein Bußgeld ausgesprochen, in Baden-Württemberg kam ein soziales Netzwerk in einem ersten Fall glimpflich davon.

Die Juristin regte eine zentrale Informationskampagne an, die etwa über die Stiftung Datenschutz durchgeführt werden könne. Zudem müsse die DSGVO binnen zwei Jahren evaluiert werden. Die Abgeordneten hakten beim vielfach beklagten Personalmangel in den zuständigen Behörden nach, wobei die Bundeseinrichtung an dieser Front aber noch vergleichsweise gut aufgestellt ist.

Fragen blieben bei den Ausschussmitgliedern zudem rund um das Abmahnthema offen, das in der großen Koalition nach wie vor umstritten ist. Der Bundestag hatte im Juni die Regierung aufgefordert, bei einer rasch einzuleitenden Gesetzesinitiative gegen Abzocke den DSGVO-Bereich gesondert im Blick zu behalten. Bei "nicht erheblichen und geringfügigen Verstößen" gegen die Verordnung dürften "keine kostenpflichtigen Abmahnungen möglich sein". Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sparte diesen Aspekt im Herbst in einem einschlägigen Referentenentwurf aber aus. Das Bundeskabinett ist sich in der Frage noch uneins. (olb)