Zahlen, bitte! Für 2678 Dollar mehr vom Roboter operiert

Zwei Studien untersuchten den Zeit- und Kostenaufwand von Roboter-Systemen im OP-Saal. Das Ergebnis: Ist der Roboter dabei, dauert die Operation wahrscheinlich länger und ist durchschnittlich teurer.

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Zahlen, bitte! Für 2678 Dollar mehr vom Roboter operiert
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Zu den bekanntesten "Robotern in Weiss" gehört sicherlich das Operationssystem Da Vinci von der US-Firma Intuitive Surgical. Dabei sitzt ein Chirurg an einer Konsole und steuert von dort die Arme des Roboters. Vorrangiges Fachgebiet von Da Vinci sind Eingriffe in der Urologie und der Gynäkologie, wie etwa die Prostatektomie (Prostata-Entfernung) oder die Hysterektomie (Gebärmutter-Entfernung).

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Der Vorteil bei solchen Systemen: Jegliches Zittern in den Händen des Chirurgen wird ausgeglichen und ein vergrößertes 3D-Bild erleichtert ihm die Arbeit. Der Nachteil von Da Vinci aber sind die hohen Kosten für die Anschaffung von rund zwei Millionen Euro und die Instandhaltung, da die Instrumente nur zehn Mal verwendet werden dürfen. Es ist nicht verwunderlich, dass im Vergleich zu herkömmlichen laparoskopischen Eingriffen, bei denen der Chirurg nur durch kleine Einschnitte in der Haut operiert, die Kosten für den Robo-Doc in die Höhe schnellen.

Ein Chirurg sitzt an einer Steuerungskonsole des Da Vinci Si. Die Roboter-Arme sind an einem separaten Wagen angebracht, die Instrumente übersetzen die Handbewegungen des Operateurs.

(Bild: © 2017, Intuitive Surgical, Inc.)

Zwei Studien haben nun untersucht, wie stark die Kosten für OPs mit Roboter-Unterstützung konkret zu Buche schlagen. Gab Jeong, zurzeit als Gast in Stanford, kommt für Nephrektomien (Entfernung einer Niere) zu dem Ergebnis, dass pro Patient durchschnittlich 2678 Dollar mehr Krankenhauskosten anfallen als bei laparoskopischen Eingriffen. Sie gehen für den Operationsraum und die Bereitstellungskosten drauf. Jeong und seine Kollegen hatten insgesamt knapp 24.000 OPs zwischen 2003 und 2015 in den USA überprüft. In dieser Zeit hatte sich auch der Einsatz von Roboter-gestützten Systemen rasant verbreitet: Während in 2003 nur in 39 von 2676 Fällen der Roboter assistierte (1,5 Prozent), nutzten die Chirurgen ihn 2015 bereits bei 862 von 3194 Fällen (27 Prozent). Zusätzlich zu den höheren Kosten stellte Jeong außerdem fest, dass in 46,3 Prozent der Fälle die Operationszeit mehr als vier Stunden betrug. Bei laparoskopischen Eingriffen traf das nur auf 28,5 Prozent der Fälle zu.

Ähnliche Ergebnisse erzielte auch David Jayne mit seinen Kollegen, ebenfalls an der Stanford University. Für Darmresektionen bei Darmkrebs mithilfe der Assistenz von Roboter-Systemen kamen durchschnittlich 1132 Dollar mehr Kosten zusammen. Rund 37 Minuten länger dauerte im Schnitt die OP mit Roboter. Für den Patienten selbst konnten die Forscher bei den insgesamt 471 untersuchten Fällen keine nennenswerten Nachteile etwa bezüglich der Sterberate, Komplikationen oder der späteren Lebensqualität gegenüber einem Laparoskopie-Eingriff festgestellt werden.

Von einem Gewinn durch den Einsatz von Robotern kann man auf Grundlage der zwei Studien also nicht unbedingt sprechen. Zieht man dann noch in Betracht, dass laut einer Untersuchung von Jai Raman und seinen Kollegen am Rush University Medical Center Operationsroboter zwischen 2000 und 2013 eine Rolle beim Tod von 144 Menschen in den USA gespielt haben, scheint Dr. Robos weißer Kittel doch etwas beschmutzt. Dennoch wird weiterhin an der Integration neuer Technologien im OP-Saal gefeilt. Und es gibt durchaus vielversprechende Ansätze, um die Eingriffe für Ärzte und Patienten sicherer zu machen, wie etwa die Idee der Softwarefirma Scopis, die ein System entwickelt hat, das bei Operationen am Rückenmark helfen soll. Es kann mithilfe der Datenbrille HoloLens von Microsoft Aufnahmen aus bildgebenden Verfahren ins Gesichtsfeld eines Chirurgen projizieren.

Mehr zu neuen Ansätzen im OP- und Medizin-Bereich finden Sie dazu bei Technology Review online:

(jle)