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10 Jahre ChromeOS: Google verzahnt Chromebooks enger mit Android

Daniel AJ Sokolov
Zwei Chromebooks und ein Android-Handy

Googles Symbolbild für WiFi Sync zwischen ChromeOS- und Android-Geräten

(Bild: Google)

ChromeOS hat sich als zweitwichtigstes Betriebssystem etabliert. Zum 10. Geburtstag gibt es neue Funktionen, darunter für Zusammenarbeit mit Android-Handys.

Googles Betriebssystem ChromeOS darf erleben, was kaum ein Google-Angebot erreicht: Seinen zehnten Geburtstag. Aus diesem Anlass spendiert Google dieses Monat die neue Version M89 mit einer Reihe neuer Funktionen. Besonders die Verzahnung mit Android-Geräten soll enger werden. Pferdefuß bleibt die begrenzte "Haltbarkeit".

Google hat ChromeOS erstmals im Juli 2009 vorgestellt und im Jahr darauf das erste Chromebook im Rahmen eines Pilotprogramms hergeschenkt. Zur Google I/O im Mai 2011 gab es die ersten öffentlich erstehbaren Chromebooks, nämlich von Acer und Samsung. Dieses Datum zieht Google nun heran, um zehn Jahre ChromeOS zu feiern. Das Motto der drei S ist seit Anbeginn unverändert: ChromeOS-Geräte sollen simpel, schnell, und sicher sein.

Simpel und Sicher bringt mit sich, dass die Anwender Abstriche bei der Anpassung an ganz bestimmte Vorlieben machen müssen. Allerdings reduziert das den Support-Aufwand in Unternehmen und Bildungseinrichtungen deutlich. Und in Schulen sind Chromebooks laut Google die meistgekauften Geräte, weltweit. Das wiederum treibt den Absatz bei den Eltern, die erleben, wie ihre Kinder mit Chromebooks hantieren. Mehr als 40 Millionen Chromebooks sind in Schulen im Einsatz, neuerdings auch in Japan.

2016 haben Android-Apps Einzug auf neuen Chromebooks [1] gehalten. Das macht Chromebooks attraktiver, auch wenn manche App-Entwickler erst jetzt dazu übergehen, ihre Programme auch für den Einsatz auf größeren Bildschirmen und mit Tastatur und Maus anzupassen. Seit 2018 unterstützt ChromeOS auch Linux-Software (Debian), sofern dafür keine speziellen Kernel-Erweiterungen installiert werden müssen.

Die Coronavirus-Pandemie hat ChromeOS einen weiteren Schub gegeben. Reüssierte das Betriebssystem ursprünglich vor allem auf Zweitgeräten, findet es inzwischen immer häufiger auf Hauptgeräten Verwendung. Jedes zehnte 2020 verkaufte Desktop- oder Laptop-Gerät läuft unter ChromeOS, womit es nach Windows das zweitgrößte Betriebssystem der Welt ist. In den USA ist der Marktanteil sogar doppelt so hoch.

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Dieses Jahr werden mehr als 50 neue Chromebooks und -boxen auf den Markt kommen. Zahlreiche Modelle sollen mit eingebauten LTE-Modems kommen. Ein Teil der neuen Maschinen wird speziell für Videokonferenzen optimiert sein.

Fortan sollen sich Android und ChromeOS gegenseitig pushen. Erstes Beweisstück [3]: Der neue PhoneHub. Dort bekommen ChromeOS-Nutzer Zugriff auf bestimmte Funktionen ihres Android-Handys, darunter Empfangen und Versenden von Kurznachrichten (auch für Signal und WhatsApp), Akkuladeanzeige, die beiden jüngstgenutzten Tabs des Chrome-Browsers des Handys, Funktionen zu Stummschaltung aber auch zum Wiederfinden des Handys, und die (De)Aktivierung des WLAN-Hotspots am Handy. Schon heute ist es möglich, sich über den Fingerabdrucksensor des Handys am Chromebook anzumelden und dessen Internetverbindung automatisch via WLAN-Tethering ans Chromebook weiterzureichen.

Markierter Absatz eines Texts

ChromeOS-Nutzer können die Sprachausgabe Select-to-Speak bald flexibler einsetzen.

(Bild: Google)

Wi-Fi Sync unterstützt ab M89 mehr Geräte. Wer ein WLAN bereits auf einem unterstützten Android- oder anderen Chromebook genutzt hat, muss die Zugangsdaten nicht erneut eingeben. Sie werden über das Google-Konto herüberkopiert.

NearbyShare erlaubt das Übermitteln von Dateien und Texten zu Android- und ChromeOS-Geräten, die sich in unmittelbarer Nähe befinden. Google verspricht, dass dabei genau eingestellt werden kann, wer was zu sehen bekommt oder etwas übermitteln darf. Ausprobieren konnte heise online die neuen Merkmale noch nicht, da das Update erst im Laufe des Monats nach und nach ausgerollt wird.

Hinzu kommt eine Reihe kleinerer Änderungen an bekannten Funktionen. Allen voran stehen Verbesserungen bei der Textvorleseroutine Select-to-Speak, die vor allem Sprachlernenden sowie Anwendern mit Behinderungen hilft: Die Sprachausgabe kann pausiert werden oder in unterschiedlichen Geschwindigkeiten erfolgen. Neue Tastenkombinationen erlauben das flotte überspringen von (Ab)Sätzen.

Screenshots sowie Videoaufnahmen des Bildschirms werden einfacher und mächtiger, der Browser gewährt schnelleren Zugriff auf Definitionen einzelner Begriffe sowie die Umrechnung physikalischer Einheiten, und in einem Sackerl (Tote) sind die zuletzt genutzten Dateien zu sehen. Darüber hinaus sollen Aufsichtspersonen über den Family Link mehr Kontrolle über die Chromebook-Nutzung der Kinder haben.

Was bleibt sind die zeitlich beschränkten Updates für ChromeOS-Geräte sowie die Barriere für Windows-Programme. Zwar erlaubt der Parallels Desktop den Einsatz von Windows-Software auch auf Chromebooks, das ist aber Großkunden vorbehalten, die monatliche Gebühren an Google überweisen (Chromebooks Enterprise). Eine Öffnung für den Plebs ist nicht in Sicht.

ChromeOS-Ansicht: Virtueller Desktop wird verschoben

ChromeOS unterstützt neuerdings 8 virtuelle Desktops, die sich verschieben lassen.

(Bild: Google)

Leider müssen Chromebooks und insbesondere Chromeboxen oft entsorgt werden, obwohl sie noch gut in Schuss sind: Google liefert nach einigen Jahren keine Updates mehr. Das bedeutet, dass erkannte Sicherheitslücken nicht mehr gestopft werden und der weitere Einsatz immer riskanter wird. Wer ein aktuelles Gerät kauft, kann mit fünf bis sieben Jahren Einsatzdauer rechnen, je nach Modell.

Händler bieten durchaus ältere Modelle feil, die noch früher zum Entsorgungsfall werden. Googles Lösungsansatz sind neue Verträge mit Herstellern, um zu verhindern, dass ältere ChromeOS-Modelle ausgeliefert werden. Das mag die Frustration von den Kunden zu den Herstellern verlagern, löst aber das Problem unnötig früher Geräteobsoleszenz nicht. Daher überlegt der Datenkonzern, die Laufzeit für Sicherheitsupdates zu verlängern, wie heise online an Dienstag bei einer Pressekonferenz in Erfahrung bringen konnte. Entschieden ist diese Sicherheits-Supportverlängerung noch nicht.

Im Dezember hat Google den CloudReady-Entwickler Neverware gekauft [4]. Neverware ist der Entwickler hinter dem Chrome-OS-Fork CloudReady, der auf der freien ChromeOS-Variante Chromium OS basiert. CloudReady richtet sich in erster Linie an Besitzer betagter Notebooks und Thin Clients, die ihr Gerät mit CloudReady weiterbetreiben können, wenn das zuvor installierte Windows oder MacOS die Hardware überfordert. Offiziell unterstützt Neverware etwa 450 Modelle [5], darunter jedoch kein einziges von Google oder Samsung und nur eines von Microsoft.

Die Hoffnung, dass die Neverware-Übernahme alsbald zu einer offiziellen Google-Lösung zur Lebensverlängerung originaler Chromebooks und Chromeboxen führt, hat Google am Dienstag zerschlagen. Neverware sei super, weiter gäbe es nichts mitzuteilen. Bisweilen mag ein Umstieg auf Chromium OS oder ein echtes Linux das Gerät nutzbar halten; diesen Weg beschreitet allerdings nur ein Teil der Anwender. Der Griff zu einem neuen Chromebooks ist einfach zu verlockend.

(ds [6])


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[1] https://www.heise.de/news/Google-I-O-2016-Android-haelt-Einzug-auf-Chromebooks-3211358.html
[2] https://www.heise.de/Datenschutzerklaerung-der-Heise-Medien-GmbH-Co-KG-4860.html
[3] https://blog.google/products/chromebooks/chromebook-turns-10-new-features
[4] https://www.heise.de/news/Chrome-OS-Google-kauft-CloudReady-Entwickler-Neverware-4992706.html
[5] https://guide.neverware.com/supported-devices/
[6] mailto:ds@heise.de