33C3: Hackerkongress endet mit Humba-Täterä im explodierenden Bällebad

"Alles hat ein Ende" statt "Works for me" lautete das Motto zum Abschluss des CCC-Jahrestreffens in Hamburg. Die rund 12.000 Teilnehmer konsumierten in der Spitze 34,5 GBit/s an Bandbreite und insgesamt über 2000 Kisten Mate.

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33C3: Hackerkongress endet mit Humba-Täterä im explodierenden Bällebad

 

(Bild: Cc by 4.0 33c3 media.ccc.de aus dem Video "33C3 Closing Ceremony")

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Inhaltsverzeichnis

Mit einem "kleinen Experiment" in Form eines mit Kryoflüssigkeit im zweiten Anlauf in die Luft gejagten Bällebads verabschiedeten die "methodisch inkorrekten" Podcaster Nicolas Wöhrl und Reinhard Remfort am Freitagabend die auf dem 33. Chaos Communication Congress (33C3) in Hamburg versammelte Hackergemeinde aus ihrem vier Tage lang gepflegten Paralleluniversum. Die beiden "fachfremden" Physiker durften 2016 die Abschlusszeremonie abhalten, da diese Aufgabe beim Organisator, dem Chaos Computer Club (CCC), nicht sonderlich beliebt ist.

Von einer "schier perfekten Welt" auf dem Kongress rappten die Wissenschaftsunterhalter in ihrer selbst eingesprochenen "Pausenmusik", die den Umbau für die "Bühnenexplosion" überbrücken sollte. "Es gefiel uns, was hier auf den Servern lag", hieß es in einer anderen Strophe. "Wir saugten Tag und Nacht." Zuvor hatten die "Zuschauer" im großen Saal eine weitere Sendepause, die den reduzierten Anschlüssen bei einem neuen Apple Powerbook und der damit verknüpften Steckersuche geschuldet war, mit schon vorher einstudiertem Synchron-Pfeifen, sich kreuzenden La-Ola-Wellen und einem noch etwas zögerlichen Humba-Täterä überbrückt.

Als keine ausgewiesenen Hacker "erleben wir den Kongress anders als die meisten anderen", berichtete Remfort nach den tollen, von unzähligen Helfern ("Engeln") mit 13,6 Personenjahren Arbeit ermöglichten Tagen. In den Projektversammlungen im Hackcenter seien zwar alle nett und "erklären einem, was sie machen". Wöhrl führte fort: "Wir nicken dann immer freundlich wie im 1. Semester." Er und sein Kumpel wären zwar auch gern "im offiziellen Merch", also den Shirt und Hoodies mit dem diesjährigen Logo und Motto "Works for me" aufgelaufen wie ein großer Teil der im Congress Center Hamburg (CCH) zusammengekommenen Gemeinschaft. Doch schon am 1. Verkaufstag sei "alles weg" gewesen. 7000 Textilien seien an die rund 12.000 Mitwirkenden gegangen, 2000 mehr als 2015.

Etwas besorgt zeigte sich Remfort, dass als erstes nach 45 Minuten die "Doppel-XL-Männerzipper" ausverkauft gewesen seien. Dies stimme etwas bedenklich, was das Essverhalten der Hacker und die Geschlechteraufteilung angehe. Es spreche auch für sich, dass 1860 Kisten Bier weggegangen seien, von den 10 angelieferten mit der alkoholfreien Variante der Großteil aber wieder habe zurückgenommen werden müssen. Insgesamt sind Wöhrl zufolge zudem 26.000 Liter der koffeinhaltigen Hackerbrause Mate in zwei Ausführungen verkauft worden. Die verwendeten fünf Tonnen Eis lassen darauf schließen, dass der Cocktail Tschunk ebenfalls viele Abnehmer fand.

"An die Unisex-Toiletten hatten wir uns schon gewöhnt", unkte Remfort. Die zugehörige "Wifi-Bewertung" sei aber "neu und wichtig" gewesen, um die Wahl der Örtlichkeiten je nach Konnektivitätsbedarf zu erleichtern. 189 WLAN-Zugangspunkte standen den Teilnehmern dieses Jahr insgesamt zur Verfügung, in den beiden Hauptsälen erstmals teils auch unter den Sitzen. Zur Höchstzeit machten 7884 Nutzer davon Gebrauch.

Das Kongressnetzwerk wurde dieses Jahr anders aufgebaut und zwei neue Glasfaserleitungen eingezogen.

(Bild: Cc by 4.0 33c3 media.ccc.de)

Mit einer Anschlusskapazität von rund 180 Gigabit über fünf Provider habe man ganz gut leben können, hieß es vom Network Operation Center (NOC). Da die Vernetzer letztes Jahr noch nicht das vielfach gewünschte "Fritzbox-Erlebnis" geliefert hätten, sei man reuig zurück ans Zeichenbrett gegangen und habe das Kongressnetzwerk mit Inkscape ganz neu aufgemalt, die Kerninfrastruktur in dem großen Gebäudekomplex anders aufgebaut und zwei neue Glasfaserleitungen eingezogen. So sei es möglich gewesen, an allen Zugangspunkten und -Switches Gigabit zu liefern. Das höchste gemessene Verkehrsaufkommen nach draußen habe bei 32,4 GBit/s statt 21,4 im Vorjahr gelegen, nach innen seien in der Spitze bis zu 34,5 GBit/s gegangen.

An der "Abuse"-Hotline war es nach Angaben der Verantwortlichen recht ruhig, es sei vor allem "die übliche Menge an automatisierten E-Mails eingegangen", aber weniger als 2015. Dazu gekommen seien drei Anrufe wegen "ernsthafter Dinge". Ein "DDoS-Angriff" auf das Kongressnetzwerk sei diesmal nicht zu verzeichnen gewesen, allerdings "ein nach außen gehender". Einer der NOC-Zuständigen rügte dieses ärgerliche Vorkommnis, da es nicht angehe, andere Leute mit Internetpaketen "abzuschießen".

Das übliche eigene GSM-Netzwerk hätte es dieses Jahr fast nicht gegeben, da die Bundesnetzagentur keine Testlizenz mehr zur Verfügung stellte. Erst schier in letzter Sekunde verlieh die Deutsche Telekom den Tüftlern noch etwas Funkspektrum im 1800-MHz-Bereich, sodass sie doch noch mithilfe von Osmocom eine drahtlose Infrastruktur hochziehen konnten. Um dafür eigene SIM-Karten herauszugeben, war es zu spät, es fand sich aber noch das ein oder andere Teil aus den Vorjahren. Insgesamt konnten für 3750 Nutzer 400 Gespräche aufgebaut und 2819 SMS verschickt werden. GPRS gab es vom dritten Tag an auch, das aber weniger genutzt wurde als im Vorjahr.

Das mit Staubsaugern und drei automatischen Routern betriebene Rohrpostsystem "Seidenstraße" hatte ebenfalls mit Anschlussproblemen zu kämpfen, da ein Paket mit dafür benötigten Utensilien verspätet ausgeliefert worden war. Rund 100 Kapseln fanden ihren Weg durch die Anlage, die rund 1000 Meter mit zehn Stationen überbrückte. Das Video Operation Center (VOC) lieferte über 90 unterschiedliche Feeds beim Livestreaming insgesamt 130 Terabyte an Daten aus. Am beliebtesten mit bis zu 3860 Zuschauern auf einmal waren der Fnord-Jahresrückblick von Fefe und Frank Rieger sowie der offizielle CCC-Tätigkeitsbericht für 2016. Die Videos können inzwischen großteils auch über ein Archiv abgerufen werden.

Für das Stelldichein 2017 muss sich der Club ein neues Domizil suchen, da das CCH kernsaniert wird und erst wieder 2019 zur Verfügung steht. Wohin es die Hacker verschlägt und ob die neuen Räumlichkeiten noch größer werden sollen, ist bislang unklar. Fest steht dagegen, dass es für viele zunächst ein Wiedersehen beim Sommercamp SHA2017 vom 4. bis 8. August in den Niederlanden geben wird. ()