3D-Soundspezialist Auro Technologies ist insolvent

Auro Technologies hat Insolvenz angemeldet. Laut dem Gründer Wilfried Van Baelen stehen die Chancen aber gut, dass sich das belgische Unternehmen erholen kann.

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(Bild: Auro Technologies)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Nico Jurran

Der belgische Soundspezialist Auro Technologies hat vorsorglich Insolvenz angemeldet. Das wurde am heutigen Freitagmorgen bekannt. Auro Technologies ist international durch sein Soundformat “Auro 3D” bekannt, das mit Dolby Atmos und DTS:X in Konkurrenz steht. Von der Insolvenz nicht direkt betroffen sind die Galaxy Studios, aus denen seinerzeit Auro Technologies ausgegründet worden war, da es sich hierbei um ein eigenständiges Unternehmen handelt.

Im Gespräch mit c’t erklärte der Gründer und Vorstandsvorsitzenden des belgischen Unternehmens Wilfried van Baelen, dass der Schritt notwendig geworden sei, nachdem jüngst ein Deal mit einem neuen Investor nach mehreren Monaten Verhandlungen geplatzt ist. Die Interessenten seien abgesprungen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die von Ihnen geforderte Umsatzsteigerung unter den aktuellen Marktbedingungen nicht realisierbar sind.

Laut van Baelen war die Corona-Pandemie und der folgende (und bis heute andauernde) Chipmangel ein Auslöser für die Krise. Auro Technologies erhält Lizenzgebühren für die Verwendung seiner Technologie in AV-Receivern. Folglich wirke sich auf das Unternehmen negativ aus, dass die Receiver-Hersteller seit gut zwei Jahren starke Produktionseinbrüche haben und somit nur sehr geringen Stückzahlen ausliefern. Parallel dazu stiegen unter anderem die Produktionskosten stark an, was sich bei den Produkten in deutlichen Preiserhöhungen bemerkbar macht.

Auro-3D erweitert in der Ausbaustufe "9.1" die untere 5.1-Ebene um vier Höhenkanäle.

(Bild: Auro Technologies)

Vor Beginn der Corona-Pandemie entwickelte Technologien im Bereich Streaming und Soundbars ließen sich aufgrund der Lockdowns und Unterbrechungen von Lieferketten wiederum nicht wie geplant in den Markt bringen. Die abgeschlossenen Entwicklungen für den Produktbereich Soundbars und für die Anwendung hochauflösende Streaming Übertragungen stellen derzeit somit derzeit keine Einnahmequellen und werden frühestens 2023 im Markt sichtbar.

Der Firmen-Gründer sieht die Insolvenz nach eigenen Angaben nun als Chance und Herausforderung, das Unternehmen neu zu strukturieren und neue Impulse in Marketing und Vertrieb zu bringen. Auro Technologies soll als Ganzes – einschließlich seiner Mitarbeiter erhalten bleiben, ein Verkauf einzelner Patente sei keine Option.

Wie Dolby Atmos und DTS:X erweitert Auro-3D die untere 5.1- oder 7.1-Ebene um Höhenkanäle, die über spezielle Lautsprecher wiedergeben werden. Im Unterschied zu den Konkurrenzformaten arbeitet Auro-3D jedoch komplett kanalbasiert und nicht mit Audio-Objekten, in denen die Audioinformationen für die Höhenkanäle stecken. Auro wirbt damit, dass Auro-3D bei Aufnahmen mit Höhenmikrofonen (etwa Konzertmitschnitten) die Akustik des eingefangenen Raumes besser im Wohnzimmer reproduzieren könne als Dolby Atmos und DTS:X. Allerdings ist das Format dafür bei der Anzahl und der Aufstellung der Höhenlautsprecher im Vergleich restriktiver.

Auro-3D war vor Dolby Atmos in den Markt gestartet, wurde seitens der AV-Receiver-Hersteller aber lange Zeit nur von Denon und Marantz unterstützt. Erst mit der aktuellen Gerätegeneration stieg Yamaha dann mit ins Auro-3D-Boot. Decoder für Dolby Atmos und später DTS:X steckten hingegen von Beginn an in den Receivern aller großen Hersteller.

Das deutsche Unternehmen Turbine Medien hatte sich zuletzt für Auro-3D stark gemacht und einige Titel mit entsprechenden Neuabmischungen auf den Markt gebracht.

(Bild: Turbine Medien)

Während eine Reihe von Musiktiteln in Auro-3D erschienen, blieb die Auswahl an Filmen auf UHD-Blu-ray und Blu-ray im recht mager. Ende September 2016 schloss Auro zwar mit Sony Pictures Home Entertainment (SPHE) einen Vertrag über die Veröffentlichung von zehn Filmen mit Auro-3D-Ton. Bei diesem Deal sprang für das belgische Unternehmen aber recht wenig heraus: SPHE veröffentlichte die Discs nur außerhalb der USA, die US-Versionen boten als Optimum weiter Dolby-Atmos-Ton. Mittlerweile hat sich SPHE komplett von Auro-3D abgewandt, andere Hollywood-Studios zeigen kein Interesse an dem Format.

In jüngerer Zeit gewann Auro-3D daher vor allem Kunden mit seinem mitgelieferten Upmixers “AuroMatic”, der zu vorhandenen Mehrkanal-Abmischungen Höhenkanäle hinzurechnet. Entsprechende Algorithmen bieten Dolby Atmos und DTS mit dem “Dolby Surround Upmixer” beziehungsweise “DTS Neural:X” zwar ebenfalls, in Vergleichstests ging die AuroMatic aber häufiger als Sieger hervor.

Dolby Atmos’ Siegeszug hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass das Format im Unterschied zu Auro-3D eine Variante für Video- und Audio-Streamingdienste bietet und sich zudem über Soundbars wiedergeben lässt. Wie oben erwähnt, entwickelte Auro Technologies in den vergangenen Jahren zwar ebenfalls Lösungen, konnte diese bislang aber am Markt nicht etablieren. (nij)