Twitter führt Leselimit ein: Wer zahlt, bekommt mehr zu lesen

Twitter-Chef Elon Musk klagt über ein "extremes Ausmaß der Datenauslese und Systemmanipulation". Die Folgen bekommen vor allem nicht zahlende Nutzer zu spüren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 284 Kommentare lesen
Elon Musks Twitter-Profil auf Smartphone

(Bild: FellowNeko/Shutterstock.com / Montage: heise online)

Update
Lesezeit: 3 Min.

Twitter hat am Samstag überraschend Beschränkungen eingeführt, wie viele Posts Nutzer pro Tag lesen dürfen. Zuvor hatten Nutzer seit den Mittagsstunden über Störungen und Fehlermeldungen geklagt. Ihnen wurde angezeigt, dass sie ihr Häufigkeitslimit überschritten hätten. Am Abend deutscher Zeit teilte Twitter-Eigner Elon Musk per Tweet mit, dass sich der Dienst mit den "vorübergehenden Beschränkungen" einem "extremen Ausmaß der Datenauslese und Systemmanipulation" erwehren wolle.

Die neue Regelung begünstigt zahlende Nutzer des Dienstes. Sie dürfen das Zehnfache an Posts im Vergleich zu nicht zahlenden Nutzern lesen. Die genaue Zahl erhöhte Musk im Laufe weniger Stunden mehrfach. War anfangs von 600 Posts pro Tag für nicht zahlende Nutzer die Rede, erhöhte er das Limit zuerst auf 800 und dann in der Nacht zu Sonntag (MESZ) nochmals auf 1000 Posts pro Tag. Zahlende Kunden sollen folglich 10.000 Posts pro Tag (vorher: 6.000 bzw. 8.000) lesen können. Unklar bleibt, wann die höheren Werte in Kraft treten, nachdem das "Rate Limit" schon vor seiner Ankündigung in Aktion zu erleben war. Musk spricht von "bald". Wer aktuell einen neuen Account einrichtet, wird sogar auf 500 Posts pro Tag (ursprünglich 300, dann 400) beschränkt – wie lange ein Account als neu erachtet wird, führt Musk nicht aus. Vermutlich soll damit verhindert werden, dass Nutzer aus Frust einfach zusätzliche Zugänge anlegen.

Twitter-Inhaber Elon Musk klärte am Samstagabend deutscher Zeit über die Ursache von Fehlermeldungen auf, die Nutzer seit Samstagmittag vermehrt berichteten.

(Bild: Screenshot: mki / heise online)

Das Tageslimit ist je nach Länge der Tweets und dem individuellen Nutzungsverhalten beim Durchscrollen der Timeline schnell erreicht. In etlichen Tweets dokumentierten Nutzer die Fehlermeldung. Schon vor der Ankündigung klagten am Samstag bereits etliche über das Erreichen des Häufigkeitslimits. Musk erklärte an anderer Stelle, dass er unterbinden möchte, dass Twitter von anderen Firmen genutzt wird, um ihre Large Language Models (LLM) in großem Umfang mit Tweets zu trainieren. Diese LLMs bilden die Grundlage für Dienste wie ChatGPT von OpenAI oder Google Bard. Kritiker sehen in der Maßnahme eher einen Versuch, die Zahl der Abonnenten von Twitter Blue zu erhöhen.

Der Entwickler Sheldon Chang zeigte indes in einem Mastodon-Post Mängel an der Umsetzung des Leselimits auf, die genau dazu führen, was Musk eigentlich bekämpfen will – nämlich die Überlastung des Dienstes: So legt er anhand von Videoaufnahmen dar, dass die Twitter-Website nach dem Erreichen der Begrenzung immer wieder versucht, neue Posts zu laden, was einer Distributed Denial-of-Service-Attacke gleichkomme, wie Chang ausführt. Twitter sende etwa 10 Anfragen pro Sekunde an sich selbst.

Einen Tag zuvor führte Twitter eine Änderung ein, nach der das Einsehen von Tweets und Profilen ohne einen Account bei dem Dienst nicht mehr möglich ist.

Update

Ergänzungen des Artikels: Musk hat kurze Zeit nach seinem Ursprungs-Tweet das "Rate Limit" bereits hoch gesetzt. Außerdem zeigt ein Entwickler ein Problem auf, das durch das Leselimit entsteht.

Update

Musk hat nach massiver Kritik von Nutzern in einem weiteren Tweet erneut die Erhöhung des Leselimits angekündigt.

(mki)