ADAC kritisiert Fahrdatenaufzeichnung

Allein in Bayern sind laut ADAC seit Januar 2006 insgesamt 45 Millionen KFZ-Kennzeichen per Videoscan ausgelesen und überprüft worden. Dabei soll die bayerische Polizei eine Trefferquote von drei Promille erzielt haben.

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Von
  • Detlef Borchers

Auf einem Fachgespräch zur Nutzung und Kontrolle von elektronischen Verkehrsdaten hat der ADAC die Praxis des verdachtsunabhängigen Scans von KFZ-Kennzeichen kritisiert. Solche automatisierten Scans sind nach der Verschärfung der Polizeigesetze in Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen erlaubt. Sie sollen demnächst im Saarland und in Brandenburg möglich sein. Der ADAC berichtete, dass allein in Bayern seit Januar 2006 insgesamt 45 Millionen KFZ-Kennzeichen per Videoscan ausgelesen und überprüft worden seien. Dabei soll die bayerische Polizei eine Trefferquote von drei Promille erzielt haben. Säumige Versicherungszahler, Kennzeichendiebe und andere Bagatelltäter wurden nach Angaben des Automobilclubs von den Polizeiscannern ermittelt. Schwerverbrecher, mit deren Verfolgung die Politik die Überwachungsmaßnahmen begründet, wurden angeblich nicht erfasst.

Angesichts dieser Bilanz hält der ADAC die Praxis des flächendeckenden anlassunabhängigen KFZ-Kennzeichenscans für nicht vertretbar. Mit der Verknüpfung der Fahrzeug- und Halterdaten mit den Bewegungsprofilen sieht der Club eine Verletzung der informationellen Selbstbestimmung. Der Einzelne müsse das Recht auf datenfreie Fahrt haben, wenn er kein Straßenverkehrsgesetz verletzt. Unterstützung erhält der ADAC vom Bundesdatenschützer Peter Schaar, der als Teilnehmer an dem Fachgespräch seine früher geäußerte Kritik an Event Data Recorder in Automobilen erneuerte. Grundsätzlich müsse eine datenfreie Fahrt möglich sein, auch wenn Unfalldatenschreiber und Notrufsysteme mit automatischer Positionsermittlung ihre Berechtigung hätten, erklärte Schaar.

In diesem Zusammenhang wurde auch auf Österreich verweisen, wo der Verfassungsgerichtshof Zweifel angemeldet hatte, ob die automatische KFZ-Kennzeichenerfassung grundrechtskonform ist. In Deutschland prüft das Bundesverfassungsgericht die Zulassung einer entsprechenden Beschwerde. Außerdem gibt es mehrere Einsprüche zu den verschärften Polizeigesetzen der einzelnen Bundesländer.

Beim Fachgespräch des ADAC wurde auch die Fahndung mit den Daten des LKW-Mautsystems diskutiert. Die Forderung nach einer solchen Fahndung wurde unlängst von Polizei und Politik nach der Ermordung einer Kasseler Schülerin vorgebracht, eine entsprechende Änderung des Autobahnmautgesetzes ist in Arbeit. Zwischenzeitlich konnte der Täter mit konventioneller Polizeifahndung ermittelt und gestellt werden. Nach Ansicht des ADAC soll die Fahndung in Mautdaten nur bei Schwerverbrechen gestattet sein. Der Automobilclub erinnerte daran, dass die Politiker selbst das Mauterfassungssystem nur unter der Maßgabe gebilligt hatten, dass die anfallenden Daten strikt zweckgebunden zur Mautabrechnung verwendet werden. (Detlef Borchers) / (anw)