AMD lizenziert erstmals x86-Technologie an Dritte

Bei der Präsentation der Quartalszahlen hat AMD noch ein spannendes Detail verraten: Die CPU-Schmiede will mit seinem neuen chinesischen Partner THATIC x86-Chips entwickeln.

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AMD

(Bild: dpa, Ralf Hirschberger)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Benjamin Kraft

In der Mitteilung zu AMDs Quartalszahlen steckt ein interessantes Detail: In Form eines bislang noch unbenannten Joint Ventures wird AMD mit THATIC (Tianjin Haiguang Advanced Technology Investment Co., Ltd.) ein SoC (System-on-Chip) für den chinesischen Server-Markt entwickeln, kündigt AMD in der Börsenpflichtmeldung an. Das Spannende daran ist, dass es sich offenbar um ein x86-Design handeln soll.

Das wäre eine Neuheit, denn bislang galt allein Intel in der Lage dazu, Lizenzen für x86-Technologie zu vergeben. Andererseits ist derzeit auch nicht bekannt, um welche Patente es überhaupt geht – AMD selbst hält inzwischen ebenfalls ein großes IP-Portfolio. Auf Anfrage stellte die Firma gegenüber Anandtech klar, dass der Deal weder ARM- noch GPU-Patente umfasse.

Im Gegenzug zur Lizenzierung erhält AMD 293 Millionen US-Dollar. Allerdings wird diese Summe wohl in mehreren Etappen ausgezahlt und ist daran geknüpft, bestimmte Meilensteine zu erreichen. Zudem soll THATIC für jeden verkauften SoC aus dem Joint Venture eine Lizenzgebühr an AMD zahlen. Laut der Mitteilung sollen die Chips AMDs eigenes Server-Portfolio in China ergänzen und nicht ersetzen.

Ziel sei es, die eigene Technologie in einem rasant wachsenden Markt möglichst gut zu monetarisieren. Das klingt vernünftig, denn derzeit ist AMD im chinesischen Server-Markt nicht besonders stark vertreten, und die vereinbarten Lizenzzahlungen könnten mehr Geld in die Kassen spülen als die bislang schwachen Opteron-Verkäufe.

Die Motivation der Chinesen, die ihre Abhängigkeit von westlichen Firmen reduzieren wollen, ist ebenfalls klar. Mit AMDs Wissen hätte man das Chip-Design vollständig in der Hand. So könnte man sicher sein, dass die SoCs keine Hardware-Hintertüren enthalten (oder zumindest nur solche, die man selbst wünscht).

Zudem darf man mutmaßen, dass der chinesische Markt ein in China entwickeltes Produkt sehr positiv aufnähme. Wo die Chips des Joint Ventures gefertigt werden sollen, bleibt allerdings unklar. Zwar lägen die üblichen Auftragsfertiger wie Global Foundries oder TSMC nahe, doch widerspräche das dem Ansatz eines chinesischen Chips.

Der Deal wirft die spannende Frage auf, ob es bei Server-SoCs bleibt oder das Joint Venture mit THATIC zukünftig auch x86-kompatible CPUs für Desktop-Rechner hervorbringen wird – und damit nach langer Zeit endlich wieder eine dritte Kraft im x86-Markt mitmischt. Zwar würde die auch mit AMD konkurrieren, doch wäre die Logik eine ähnliche wie im Server-Segment: Lieber Lizenzzahlungen von einem konkurrierenden Neuling bekommen als weiter allein gegen Intel kämpfen. (bkr)