AMD rockt

Während Intels Dual-Core-Launch des Workstation- und Spiele-Prozessors Pentium Extreme Edition sehr piano als zartes Trio - unter Begleitung von Dell und Alienware - zwei, drei Tage zuvor über die Bühne lief, spielte AMD mit einem Concerto grosso von 70 Premieren-Partnern mit hochkarätiger Besetzung auf.

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IBM, HP und Sun - allesamt erste Violinisten im Serverbusiness - holten schwungvolle Variationen und neue Stücke aus ihrem Opteron-Köchel heraus. Sun, so berichtete Lisa Sieker, Vizepräsidentin der Network Systems Group, stolz, kann Quartal für Quartal rund 30 Prozent mehr Kunden ins Opteron-Lager locken und hält derzeit gut 30 Benchmark-Weltrekorde. Alle Opteron-Systeme seien „Dualcore-ready“: die Java-Workstations W1100z und W2100z sowie die Server Fire V20z und V40z. Außerdem will Sun als bislang einzige Firma das Produkt-Portefolio bald auf bis zu 16fach-Systeme aufstocken. Das Projekt mit Codenamen Galaxy, an dem Sun-Gründer Andreas von Bechtolsheim seit einiger Zeit unter großer Geheimhaltung werkelt - inzwischen meist „Andy’s Box“ genannt -, soll im Herbst marktreif sein.

AMD Chef Ruiz und VP der Microprocessor Business Unit Marty Seyer beim Rocken der AMD64-Hymne.

So weit ins Fahrwasser der dicken Server-Eisen wollen die anderen Erstligaspieler die Doppelkern-Opterons noch nicht hieven, aber HPs ProLiant DL585 G1 kann immerhin mit vier Prozessoren und mithin nun acht Kernen viele neue Marken setzen. Im neuerdings schwieriger zu definierenden Vierprozessorvergleich läuft er etwa bei TPC und SAP-SD mit seinen acht Kernen den Xeon- und Itanium-Systemen weit davon - und wirtschaftlicher ist er außerdem noch.

Gleichzeitig kündigt HP Blade-Einschübe mit vier Doppelkern-Opterons (BL45p) an. Auch die leistungsfähige Dual-Opteron-Workstation HP xw9300 mutiert beim Einsatz zweier Doppelkern-Opterons zum Quad-System und verspricht enorme Rechenleistungen (siehe Tabelle).

IBM nutzte den Doppelkern-Launch indes nicht nur, um den aufgestockten Dual-Prozessor-xServer 326 vorzustellen, sondern auch für einen eigenen Launch, nämlich den der Workstation A Pro 6217. Diese verwendet wie HPs Workstation den PCI-Express-Chipsatz Nforce Professional, aber nicht in einem Board von Tyan, sondern von MSI. Als besondere Überraschung zeigte IBMs Festredner David Turek, Vice president of deep computing, den smarten Blade-Server LS20 für Single- oder Dual-Core-Opteron vor. Er bietet Platz für zwei DIMM-Slots pro Prozessor und für zwei kleine 2,5-Zoll-Festplatten und ist rahmenkompatibel zu den Blade-Kollegen HS20 (mit Intel Xeon) und JS20 (PowerPC).

IBMs Opteron-Systeme sind für maximal zwei Prozessoren ausgelegt - für Doppelkerne muss man daher bis Mai warten, bis die entsprechenden Prozessoren der 200er Serie verfügbar sind. Denn zum aktuellen Launch ist erst mal nur die 800er Serie für Vierprozessorsysteme lieferbar. Solche sucht man bei IBM aber bislang vergeblich; es hält sich weiterhin das Gerücht, dass Intel mit ein paar Dollarscheinen IBM überredet hat, davon zumindest eine Zeitlang Abstand zu nehmen. Es verdichten sich nun aber Hinweise, dass IBM zum Herbst 2005 einen solchen Server herausbringen will, dann wahrscheinlich schon mit der nächsten Server-Chipsatz-Generation von AMD, die für September erwartet wird.

Die angekündigten Chipsätze für diese Zielgruppe von Broadcom/Serverworks und der Sanmina-Tochter Newisys (Horus) waren noch nicht zu sehen, obwohl Serverworks die Chipsätze HT-1000 und HT-2000 zum Dualcore-Launch zumindest auf der Website herausbrachte. Die Bausteine haben viele integrierte Funktionen, darunter 17 flexibel konfigurierbare PCI-Express-Lanes, einen PCI-X133-Bus und zwei Gigabit-LAN-Controller.

Die Horus-Chips von Newisys sind als zentraler Knotenpunkt in künftigen ExtendiScale-Servern mit bis zu 32 Prozessorsockeln, also 64 Opteron-Kernen, vorgesehen. Als Partner der ersten Opteron-Stunde bietet Newisys seine AMD-8000-Server (4300E) jetzt Dualcore-tauglich an. Ebenso wie die Server von Appro tauchen diese unter anderen Namen bei vielen kleineren und größeren Anbietern auf, Newisys etwa bei Sun, Appro-Systeme sind in Deutschland beispielsweise bei Pyramid zu haben. Appros flacher 1-HE-Rackserver Appro 1142H verwendet das Tyan-Mainboard K8QS Pro, das beim Einsatz von vier Doppelkern-Prozessoren als Acht-Wege-Maschine extreme CPU-Packungsdichten ermöglicht.

Neu im Opteron-Lager ist jetzt der Board- und Serverhersteller Supermicro, der bislang ausschließlich mit Intel zusammen spielte. Mit dem 1U-Rackmount-Server AS-1020A-T beteiligt sich Supermicro jetzt bei den kleineren Dual-Prozessor-Systemen. Das Board verwendet - wie die meisten anderen Server-Boards auch - den schon etwas älteren AMD-8000-Chipsatz für PCI-X und beschränkt sich auf PC2100- und PC2700-DIMMs für bis zu 32 GByte Speicher.

Alienware, eine Firma, die sich mit viel Erfolg den High-End-Gamern verschrieben hat, führt inzwischen auch Opteron-Workstations im Programm: die MJ-12 7550A für Dual-Opteron mit Nforce Professional und SLI. Vor allem plant Alienware „Digital-Home-Entertainmentsysteme“ mit der Desktop-Variante Athlon 64 X2. Diese ursprünglich erst für die zweite Jahreshälfte vorgesehene Doppelkern-Version für den Sockel 939 hat AMD aufgrund der Intel-Herausforderung jetzt auf Juni vorverlegt. Alienware führte auch bereits einen Notebook-Prototyp mit dem X2 vor.

Beim Opteron-Launch vor genau zwei Jahren stand auch Fujitsu-Siemens in vorderster Linie. Nun prangt der Name zwar auf dem Partner-Transparent, ein passendes Produkt - etwa eine aufgestockte Version des Celsius V810 - war allerdings nicht auszumachen. Dawning aus China, Egenia, Angstrom, Verari ... viele weitere hierzulande zum Teil weniger bekannte Firmen rundeten den Klang des Concerto grosso mit diversen Servern, Blades und Workstations ab.

Die Doppelkern-Opterons kommen im neuesten 90-Nanometer-Kern-Stepping (E6) und bringen SSE3-Unterstützung und die schnelleren 1-GHz-HyperTransport-Links mit (HT1000). Dualcore-Versionen sind in den Baureihen 200 (für Zwei-Sockel-Systeme) und 800 (bis zu acht Sockel) geplant. Eine im Vergleich zu den bisherigen 130- und 90-nm-Prozessorkernen leicht auf 1,35 Volt abgesenkte Kernspannung trägt dazu bei, dass die Dualcore-Prozessoren mit einer maximalen elektrischen Leistungsaufnahme von 95 Watt auskommen und deshalb (eventuell erst nach einem BIOS-Update) in vorhandenen Sockel-940-Mainboards laufen. Leicht verbessert hat AMD auch das integrierte Speicher-Interface: Die Opterons können jetzt bis zu vier Speicherriegel (zwei pro Kanal) mit 200 MHz ansteuern, also PC3200R-DIMMs aus DDR400-Chips voll ausreizen. Bei niedrigerer Taktfrequenz sind pro Prozessor acht Module zulässig, beim Einsatz von 4-GByte-DIMMs sind das 32 GByte pro CPU.

Genaue Datenblätter sind für die Doppelkern-Prozessoren noch nicht offiziell verfügbar. Die neuen Opterons tauchen aber bereits im Quick Reference Guide auf der AMD-Webseite auf. Während die teuren 800er Opterons ab sofort zu haben sein sollen, verspricht AMD die Auslieferung der Opteron-200-Modelle ab dem Monat Mai und die für Privatkunden besonders attraktiven Athlon-64-X2-Typen für Juni. Dann will auch Intel preiswertere Doppelkern-Prozessoren (Pentium D) liefern können als das kürzlich vorgestellte Topmodell Pentium Extreme Edition 840.

Derzeit ist das Tyan K8WE das einzige angekündigte Dual-Opteron-Mainboard, das zwei PEG-Grafikkarten mit jeweils 16 PCIe-Lanes anbinden kann; mit dem Foxconn NFPIK8AA-8EKRS ist außerdem ein Single-Opteron-Board mit dieser Fähigkeit zu haben. Die von Iwill angekündigten Dual-Sockel-940-Platinen DK8ES und DK8EW und das Abit WN-2S+ haben zwar jeweils zwei PEG-Slots, aber nur den Nforce-Professional-2200-Chip, der SLI mit zweimal 8 PCIe-Lanes unterstützt - der Nforce Professional 2050 für weitere 16 Lanes fehlt dort ebenso wie beim Asus K8N-DL, das nur einen PEG-Steckplatz bietet.

Trotz seines offensichtlichen Vorserien-Zustands lief das Tyan K8WE mit den zwei 875er Opterons stabil und schnell. Herausragend sind seine Ergebnisse (siehe Tabelle) etwa bei den CPU2000rate-Benchmarks der SPEC. Hier sollte der DC-Opteron genauso wie sein Single-Kollege Opteron 252 eigentlich mit SSE3-Optimierung laufen können. Doch stellte sich heraus, dass die Intel-8.1-Compiler - anders lautenden Beteuerungen zum Trotz - den Prozessor von der SSE3-(Prescott-)Optimierung einfach ausschließen. Wir haben uns das aber nicht gefallen lassen und die diskreditierende Prozessorabfrage einfach weggepatcht. Wegen nunmehr falscher Prüfsumme laufen die Ergebnisse deshalb unter „invalid“.

Beeindruckend ist aber nicht nur die enorme Rechenpower des Doppelkern-Tandems, sondern auch sein vergleichsweise moderater Stromdurst: Maximal 310 Watt ließ sich das System aufnötigen - gerade mal so viel wie ein Dual-System mit zwei einkernigen Opterons und sogar etwas weniger als eine Dual-Xeon-Workstation mit gleicher Grafikkarte. Allerdings liegt schon die Leistungsaufnahme im unbelasteten Zustand ziemlich hoch: 255 Watt rauschen dabei durchs Netzkabel, für einen Flüster-PC ist die Hardware-Ausstattung eher ungeeignet - und auch ein bisschen teuer: Selbst wenn statt der teuren Opterons 875 die 275er zum Einsatz gekommen wären, hätten alleine Mainboard, zwei Prozessoren und vier Gigabyte PC3200R-Speicher gut 4000 Euro gekostet. AMD lässt sich also die herausragenden Rechenleistungen seiner Doppelkern-Prozessoren durchaus gut bezahlen - weshalb vor einer Kaufentscheidung eine sorgfältige Abwägung des zu erwarteten Leistungsgewinns stehen sollte.

Preise Dualcore-Opteron
Modell Kerntakt L2-Cache (pro Core) Leistung (TDP)/ Spannung Preis [US-Dollar]
Opteron 800 (Egypt, 3 kohärente HT1000-Links, 90 nm, Sockel 940)
Opteron 875 2,2 GHz 1 MByte 95 Watt/1,35 V 2649
Opteron 870 2,0 GHz 1 MByte 95 Watt/1,35 V 2149
Opteron 865 1,8 GHz 1 MByte 95 Watt/1,35 V 1514
Opteron 200 (Italy, 1 kohärenter + 2 inkohärente HT1000-Links, 90 nm, Sockel 940, ab Mai 2005
Opteron 275 2,2 GHz 1 MByte 95 Watt/1,35 V 1299
Opteron 270 2,0 GHz 1 MByte 95 Watt/1,35 V 1051
Opteron 265 1,8 GHz 1 MByte 95 Watt/1,35 V 851
Opteron 270 2,0 GHz 1 MByte 95 Watt/1,35 V 1051
Opteron 265 1,8 GHz 1 MByte 95 Watt/1,35 V 851

Leistungswerte unter Windows XP Professional und Linux

(as)