AMDs Prozessor-Wiedergeburt: RyZen konkurriert mit Intel Core i7-6900K

AMDs erster Zen-Prozessor heißt RyZen, läuft mit mindestens 3,4 GHz und soll es mit Intels Core i7-6900K aufnehmen können. Noch im ersten Quartal 2017 soll RyZen für Desktop-Systeme erscheinen.

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RyZen
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Inhaltsverzeichnis

AMDs neuer High-End-Prozessor "Summit Ridge" mit Zen-Architektur soll im ersten Quartal unter der Bezeichnung "RyZen" für Desktop-Systeme erscheinen. RyZen soll AMDs Prozessoren nach vielen Jahren der Intel-Dominanz endlich wieder konkurrenzfähig machen – und zwar zuerst bei Gamern (Q1 2017, RyZen), dann in Servern (Q2, "Naples") und schließlich in Notebooks (2. Halbjahr 2017, Raven Ridge). In der kalifornischen Weingegend Sonoma County hat AMD bereits einige Details über RyZen herausgegeben, die ahnen lassen, dass AMD-Prozessoren tatsächlich wieder eine Alternative zu Intel werden könnten.

Nach AMD-Angaben haben mehr als tausend Entwickler über vier Jahre am RyZen-Prozessor gearbeitet. Der ehemalige Zen-Chefentwickler Jim Keller hat AMD schon vor über einem Jahr verlassen und arbeitet jetzt bei Tesla. Herausgekommen ist ein Prozessor mit acht echten Kernen und 16 Threads, die mit einem Basistakt von mindestens 3,4 GHz laufen. Oben drauf kommt ein Turbo-Modus (Precision Boost), der die Taktfrequenz abhängig von Last und Leistungsaufnahme erhöht. Dabei passt sich der Turbo in feinen 25-MHz-Schritten der aktuellen Situation an – bei aktuellen Intel-Prozessoren springt der Turbo in 100-MHz-Schritten.

Die IPC will AMD um 40 Prozent gesteigert haben, die Effizienz sogar noch mehr.

(Bild: c't/AMD)

Offen bleibt, ob die einzelnen Kerne unabhängig voneinander verschiedene Turbo-Taktfrequenzen fahren dürfen – wie beispielsweise im TurboCore-Modus des Vorgänger-Prozessors Bulldozer. Auch ob es unterschiedliche Takte für AVX- und Non-AVX-Code wie bei Intels Xeons gibt, ist bisher ungewiss. Die endgültigen Taktfrequenzen hat AMD noch nicht bekannt gegeben.

Die erste RyZen-CPU hat insgesamt 20 MByte Cache – 4 MByte L2 (512 KByte pro Kern) und 16 MByte L3. Zum Vergleich: Der Core i7-6900K (Broadwell-E) hat 256 KByte L2-Cache pro Kern (insgesamt 2 MByte) und 20 MByte L3-Cache. RyZen-Prozessoren laufen auf AM4-Mainboards und enthalten keine integrierte Grafikeinheit.

AMD zufolge soll RyZen eine um 40 Prozent höhere IPC-Rate (Instructions Per Cycle) im Vergleich zum Vorgänger-Prozessor Excavator erreichen, ohne mehr Energie zu verbrauchen. RyZen konkurriert mit dem 1100 Euro teuren Intel-Prozessor Core i7-6900K (8 Kerne, 16 Threads). In einem ersten AMD-Benchmark mit dem Open-Source Video-Transcoder Handbrake brauchte RyZen zum Transkodieren eines 4K-Filmes 53 Sekunden, ein Core i7-6900K 57 Sekunden – und zwar jeweils ohne aktivierten Turbo-Modus. Im 3D-Programm Blender erreichte ein turboloser RyZen in etwa die Performance der Intel-CPU im Turbo-Modus, schluckte allerdings zwischen 5 und 10 Prozent weniger. Eine ähnliche Blender-Demo mit etwas niedrigerem Takt zeigte AMD auf seiner IDF-Konkurrenzveranstaltung im August.

[Update 13.12.16 22:50] Auch beim Gaming soll der RyZen-Prozessor im Vergleich zum Core i7-6900K leicht vorne liegen. Auf dem Horizon-Event von AMD in Austin, Texas lief auf zwei vergleichbaren Systemen mit RyZen und Core i7-6900K eine Szene aus dem 3D-Shooter Battlefield 1. Jeweils mit einer High-End-Grafikkarte Nvidia GeForce Titan X ausgestattet, lieferten sie bei 4K-Auflösung und maximalen Details 60 bis 70 Bilder pro Sekunde, wobei der AMD-Prozessor bei anspruchsvollen Szenen etwas besser abschnitt.

AMD bewirbt RyZen mit der Technik "SenseMI", die sich aufgliedert in die Punkte Pure Power, Precision Boost, Extended Frequency Range, Neural Net Prediction und Smart Prefetch. Pure Power überwacht die Temperatur, Taktfrequenz und Spannung in Echtzeit, Precision Boost passt daraufhin die Turbo-Taktfrequenz an. Dabei darf die Turbo-Taktfrequenz auch automatisch ihren Grenzwert überschreiten (Extended Frequency Range/XFR, ähnlich wie bei Nvidia-GPUs), sofern Temperatur und Leistungsaufnahme noch unter dem Maximum liegen. AMD erwähnt, dass die erreichbare Turbo-Taktfrequenz mit besserer Kühlung (Luft, Wasser, flüssiger Stickstoff) steigt. Für Übertakter will AMD aber auch ein manuelles OC-Tool bereitstellen.

Läuft der Prozessor mit besonders niedrigen Temperaturen, dann darf er seine definierte Turbo-Taktfrequenz sogar noch überschreiten.

(Bild: c't/AMD)

Mit Neural Net Prediction bezeichnet AMD eine verbesserte und erweiterte Sprungvorhersage (Branch Prediction). Offenbar werden dabei nicht nur Verzweigungen, sondern auch Befehlsabhängigkeiten ausgewertet, um für den späteren Programmablauf den "besten Weg durch die CPU" vorherzusagen. Smart Prefetch bezieht sich auf das verdachtsweise Vorwegladen von Daten in die Caches (Prefetching) – laut AMD soll dies besonders ausgefeilt ("sophisticated") sein – wie viele Prefetcher an welchen Stellen arbeiten und wie sich das von Intels aktuellen Techniken unterscheidet, ist völlig unklar.

RyZen soll noch im ersten Quartal 2017 erscheinen. Einen Preis hat AMD noch nicht bekannt gegeben. Es ist davon auszugehen, dass auf der CES bereits RyZen-Systeme bewundert werden können. Im Laufe des Jahres 2017 dürften auch Desktop-Varianten mit vier oder sechs physischen Kernen erscheinen.

AMD-Präsentation zum RyZen-Prozessor (24 Bilder)

(mfi)