ANGA Cable: Hürden für Digital-TV

Auf der "Fachmesse für Kabel, Satellit und Multimedia" in Köln haben Branchenvertreter diskutiert, ob der Übergang von analog zu digital abrupt oder schleichend erfolgen soll.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Bis 2010 sollen alle Fernsehsender von analog auf digital umstellen. In Deutschland betrifft die Umstellung 30 Millionen Haushalte. Auf der heute eröffneten Fachmesse ANGA Cable in Köln haben hochrangige Branchenvertreter diskutiert, ob der Übergang abrupt oder schleichend über Simulcast erfolgen soll.

Carl-Eugen Eberle, Justiziar des ZDF, konstatierte: "Wir sind im Moment bei der Entwicklung des Digitalfernsehens in einer Sackgasse." Er plädierte dafür, den Umstieg mit vereinten Kräften anzugehen. Da sich die privaten Programmanbieter nur schwer entscheiden könnten, wie sie sich in der digitalen Fernsehwelt platzieren sollen, würden sie die Entwicklung abbremsen. Ingrid Haas, Direktorin Information und Medienpolitik von RTL Television erinnerte daran, dass die "analoge Abschmelzung" vor allem kleine Sender in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen könne. Auch überlege man sich bei RTL neue Geschäftsmodelle, unter anderem die Einführung von Pay-Angeboten. Haas plädiert für ein Szenario, in dem alle ortsfremden Dritten aus dem Kabel genommen würden, und dann im Fall der Fälle der Kinderkanal genau so abgeschmolzen würde wie eventuell Super RTL, Phoenix im gleichen Maße wie Euronews oder N24 und n-tv. Damit verdeutlichte Haas, wie viel Platz in den Kabelanlagen von ARD und ZDF blockiert ist und wie viel Freiraum über solche Maßnahmen zu schaffen sei.

Ferdinand Kayser, Chef von SES-ASTRA, kündigte für den Satellitenbetreiber Astra Simulcast für eine erste Phase an, letztlich müssten dann die Astra-Kunden, also die Programmveranstalter entscheiden, wie hart der Schnitt sein soll. Kayser plädierte an alle Beteiligten, zu kooperieren. Georg Kofler, Vorstandsvorsitzender der Premiere AG, drängte darauf, möglichst schnell im Rahmen einer "marktwirtschaftlichen Initiative" die Digitalisierung binnen 24 Monaten umzusetzen. Der Premiere-Chef, der das Kabel als "rückständiges Verbreitungsmedium" bezeichnete, hatte für den Umstieg von analoge auf digitale Settop-Boxen nach eigenen Angaben 40.000 Kunden aufgeben müssen.

Lutz Freitag, Präsident des GdW Bundesverbands Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, widersprach Kofler und plädierte für Simulcast: "Alles andere ist akzeptanzgefährdend. Wir wollen aber keinen Ärger in den Wohnungen und Quartieren." Eine Zwangsdigitalisierung, wie sie mit der Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens DVB-T erfolgt sei, sei nicht vernünftig. Man dürfe die Menschen nicht mit einem abrupten Umstieg erschrecken. Auch ANGA-Präsident Braun plädierte für einen sanften Einstieg ins digitale Fernsehen -- denn: "Digital allein bietet erstmal keinen Mehrwert." Der Verband ANGA wurde 1974 als Arbeitsgemeinschaft zur Errichtung und Nutzung von Gemeinschafts-Antennenanlagen gegründet.

Als Mehrwert und wichtigsten Treiber für die Digitalisierung bezeichnete Astra-Chef Kayser das hochauflösende Fernsehen HDTV, das bereits Ende 2005 über Satellit verfügbar sein soll. Kofler bezeichnete den Umstieg auf HDTV als wichtigste Entwicklung der nächsten zehn Jahre: "Dafür kann man die Leute begeistern. Wenn Sie das mal ausprobiert haben, kommen ihnen die alte Geräte wie aus der Steinzeit vor." Ein wichtiger Impuls für den Umstieg auf HD-Fernseher werde die Fußballweltmeisterschaft 2006 sein -- wie auch die Fußballweltmeisterschaft 1974 den Umstieg auf den Farbbildfernseher gebracht habe.

Premiere will im November drei HDTV-Kanäle über Satellit starten. Dabei profitiert der Pay-TV-Sender davon, dass Hollywood-Filme in der Regel bereits in HDTV angeliefert werden. Ein entsprechendes HDTV-Angebot im Kabel war laut Kofler bei den Betreibern auf keine Resonanz gestoßen. Christof Wahl, Chief Operating Officer von Kabel Deutschland, wies aber darauf hin, dass man "höchst interessiert" daran sei, HDTV ins Kabel zu bekommen und dass man deshalb das eigene Netz bereits dafür vorbereite.

ZDF-Mann Eberle betonte für das öffentlich-rechtliche Fernsehen, dass die für HDTV nötigen Übertragungskapazitäten noch nicht zur Verfügung stünden, dafür sei eine gesetzgeberische Initiative nötig. Das ZDF werde deshalb zunächst zur WM 2006 auf das 16:9-Bildformat umstellen. Den Erfolg von HDTV in den USA erklärte Eberle mit dem "grottenschlechten" Fernsehbild dort, das mit dem "exzellenten" Fernsehbild hier nicht vergleichbar sei. Ish-Chef James Bonsall warnte angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen davor, zu erwarten, dass viele Menschen ihr Geld in neue teure Endgeräte investieren würden. Er plädierte dafür, erst einmal interessante digitale Dienste zur Verfügung zu stellen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (anw)