AT&T-Übernahme durch SBC markiert das Ende einer Ära

Der Kauf des US-Telekom-Unternehmens AT&T durch die ehemalige Tochterfirma SBC ist das Ende eines der traditionsreichsten und einst größten amerikanischen Konzerne.

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Von
  • Peter Bauer
  • dpa

Der Kauf des US-Telekom-Unternehmens AT&T durch SBC ist das Ende eines der traditionsreichsten und einst größten amerikanischen Konzerne. Die einstige Telefonmonopol-Gesellschaft American Telephone & Telegraph war 1875 entstanden, als der Telefonerfinder Alexander Graham Bell das unter dem Spitznamen "Ma Bell" bekannte Unternehmen gegründet hatte.

Hundert Jahre lange stellte AT&T als Monopolist mit Duldung Washingtons die Telefonversorgung des ganzen Landes sicher. Dafür wuchs das Unternehmen stetig und vereinte unter einem Dach zahlreiche regionale "Bell-Telefongesellschaften", die Produktion von Telekomausrüstungen und das weltberühmte Forschungszentrum Bell Labs, das viele Nobelpreisträger hervorbrachte. Die AT&T-Aktionäre erhielten solide Dividenden.

Der große Einschnitt für "Ma Bell" kam 1984: Der Konzern mit einen US-Telefonmarktanteil von mehr als 90 Prozent und über einer Million Beschäftigten wurde aus kartellrechtlichen Gründen in sieben regionale Telefongesellschaften und in die Nachfolgefirma AT&T aufgespalten. AT&T bekam das damals lukrative Ferngesprächsgeschäft, die Telekomausrüstungssparte und Bell Labs. Seither ging es für AT&T steil abwärts und heute ist das Unternehmen vergleichsweise nur noch ein Winzling. Die ehemaligen Bell-Tochterfirmen, darunter auch die heutige SBC, sind nach mehreren Zusammenschlüssen inzwischen alle größer und stärker als AT&T.

AT&T trennte sich von seinem Telekomausrüstungsgeschäft. Vor fünf Jahren blätterte der damalige Konzernchef C. Michael Armstrong 100 Milliarden Dollar hin, um Kabelfernsehsystembetreiber aufzukaufen, die einen Direktzugang zu den amerikanischen Endkunden brachten. Der Plan scheiterte an Schulden von mehr als 60 Milliarden Dollar. AT&T trennte sich wieder von den Kabel-TV-Aktivitäten und verselbstständigte auch seine Mobilfunksparte AT&T Wireless.

Das Unternehmen konzentrierte sich seither auf das Geschäft mit drei Millionen Unternehmenskunden und die Ferngesprächskunden, deren Zahl auf 24 Millionen geschrumpft ist. Die AT&T Wireless wurde kürzlich von der Mobilfunkgesellschaft Cingular für 46 Milliarden Dollar übernommen, die zu 60 Prozent von SBC und zu 40 Prozent von der Telefongesellschaft Bell South kontrolliert wird. Cingular ist durch den Kauf der größte US-Mobilfunkanbieter mit 49 Millionen Kunden geworden.

Ganz im Gegensatz zu der traurigen AT&T-Geschichte hat SBC unter seinem Konzernchef Eward Whitacre Jr. mit dem Aufkauf großer Telefonunternehmen wie Ameritech, Southern New England und Pacific Telesis und der Bildung von Cingular ein rasantes Wachstum und solide Gewinne verbucht. Das Unternehmen sitzt in San Antonio (Texas). Es firmierte ursprünglich als Southwestern Bell, wo Whitacre 1963 als Ingenieur angefangen hatte. Er machte SBC mit der AT&T-Übernahme jetzt zum führenden US-Telekomkonzern, der sich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem im Osten der USA dominierenden Telefonriesen Verizon befindet.

Verizon könnte nach Wall-Street-Spekulationen jetzt an dem Telekom-Unternehmen MCI interessiert sein, um SBC Einhalt zu gebieten. Die erneute Konzentration im US-Telekommarkt läuft vor dem Hintergrund erbitterter Preiskämpfe, des Mobilfunk- und Internettelefonie-Siegeszugs und dem Vordringen der Kabelfernsehfirmen in den Telekom-Sektor. (Peter Bauer, dpa) / (thl)