Abhören im Internetzeitalter

US-Regierung will das Abfangen von Emails mit dem Abhören von Telefongesprächen gleichsetzen und lockert die Exportkontrollen für Kryptoprodukte.

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Von
  • Florian Rötzer

Die US-Regierung hat zusammen mit der Ankündigung, die Exportkontrollen für alle Kryptoprodukte zu lockern, so dass sie ohne Genehmigung in die EU und in einige andere Länder geliefert werden können, gestern auch mitgeteilt, eine einheitliche gesetzliche Regelung für das Überwachen der Internetkommunikation vorschlagen zu wollen. Im Wesentlichen sollen dabei dieselben Auflagen für die Sicherheitsbehörden gelten wie bei der Telefonüberwachung. Beide Vorhaben dienen, wie John Podesta, Stabschef des Weißen Hauses, in seiner gestrigen Rede "Assuring Security and Trust in Cyberspace" erklärte, dem Versuch, ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Privatsphäre der Computerbenutzer und der Notwendigkeit herzustellen, den Sicherheitsbehörden das Abhören der Internetkommunikation zu ermöglichen.

Erst letzte Woche hat das vom FBI schon seit 18 Monaten eingesetzte Lauschsystem Carnivore, das den gesamten Datenverkehr bei einem Provider nach den Emails eines Verdächtigen durchsucht, für Aufregung gesorgt. Die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union hat kritisiert, dass dieses System die Privatsphäre aller Amerikaner gefährdet und den Sicherheitsbehörden einen nicht zu kontrollierenden Zugang zur Überwachung der Internetkommunikation eröffnet. ACLU hatte gefordert, dass man der Organisation den Quellcode von Carnivore und anderen Schnüffelprogrammen übergibt, so dass unabhängig nachgeprüft werden könne, was diese Programme wirklich machen. ACLU zeigt sich jedenfalls von den Vorhaben der US-Regierung zum Thema Überwachung enttäuscht. Zudem seien die Vorschläge, die auf eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Regelungen zielen, vermutlich sowieso nicht mehr in dieser Legislaturperiode umzusetzen, da sie in wenigen Wochen zu Ende gehe.

Immerhin, so räumt auch ACLU ein, würde der Vorschlag den Gerichten größere Befugnisse gewähren. Nach dem Vorschlag muss vor dem Abhören dem Richter das Vorliegen eines Verbrechens geschildert werden, überdies können die Richter auch das Anlegen von Listen überprüfen, in denen festgehalten wird, welche Telefonnummern von einem Anschluss angewählt und wann Gespräche geführt wurden. In einem Notfall allerdings, also wenn beispielsweise ein "Computerangriff" vorliegt, darf auch ohne richterliche Genehmigung der Täter zurückverfolgt werden. Wurde ohne Genehmigung abgehört, sollen die abgefangenen Emails nicht vor Gericht verwendet werden dürfen, was bislang nur für belauschte (Telefon)Gespräche gilt. Die Sicherheitsbehörden sollen auch mit einer richterlichen Genehmigung die Internetkommunikation eines Verdächtigen landesweit abhören können, ohne für jedes Rechtsgebiet, durch das die Kommunikation geleitet wird, eine gesonderte Genehmigung erhalten zu müssen.

Mehr in Telepolis: Einheitliches Gesetz für das Abhören der Internetkommunikation. (fr)